Der freie Wille - nur eine nützliche Illusion?

  • Medizin-Forschung

  • Panzerfaust
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  • @Panzerfaust

    Schön, dass ich von dir die Erlaubnis für ein abschliessendes Post erhalte ;-)!

    Besonders viel kann ich dazu jedoch nicht mehr sagen, wahrscheinlich werden wir uns net verstehen ;-)! Mein Ziel ist es nicht, irgendwas zu verschleiern, jedenfalls bestimmt nicht bewusst. Ich sehe nicht wirklich das Problem dahinter, warum du denkst, dass man nicht so leben kann, was gegen meine Meinung spricht, aber wie bereits gesagt, wir werden nicht auf den gleichen Nenner kommen, deshalb zieh ich hier mal nen Strich ;-)!

    Wünsch euch noch viel Spass bei der weitere Diskussion zum Thema "Der freie Wille"!

    Greets musicjunkie
  • Natürlich widerstrebt der Gedanke an einen unfreien Willen in uns den Vorstellungen der meisten Menschen. Mediale Einwirkungen konzentrieren die sogenannte Freiheit auf Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, und in der Quintessenz auf gute und schlechte Taten, für die wir gelobt oder getadelt werden, je nach dem, wie sie für das Fortbestehen dieser eingeschränkten Weltsicht nützlich oder schädlich sind. Wenn diese Erfahrungen immer wieder bestätigt werden, erheben sie sich zu einem Weltbild, indem die "Schwachen", "Ziellosen", "Unpreviligierten" und "Kranken" nur noch stören, dabei wird vernachlässigt, daß erst dieses System diese "armseligen" Kreaturen hervorbringt, sicher nicht erst seit gestern, sondern schon seit Hunderten von Jahren. Gäbe es einen freien Willen, wieviele Menschen hätten sich am 30jährigen Krieg beteiligt (nur ein Beispiel)? Möchte der Mensch nicht grundlegend im Frieden leben? Was hat die Macht diesen Wunsch auszuhöhlen und umzuformen, damit ein Mensch in den Krieg zieht? Und ist das dann wirklich sein "freier Wille" ?
  • Möchte der Mensch nicht grundlegend im Frieden leben? Was hat die Macht diesen Wunsch auszuhöhlen und umzuformen, damit ein Mensch in den Krieg zieht? Und ist das dann wirklich sein "freier Wille" ?

    Wie schon der Rechts-und Staatsphilosoph Thomas Hobbs sagte:
    Der Mensch ist von Natur aus böse oder homo homine lupus est (lat. der Mensch ist dem Menschen ein Wolf) und man bemerke, dass seine Arbeit noch bis heute unwiderlegt ist und die Basis selbst unseres Rechtssystems bildet.
    Sicherlich ist es von uns allen erwünscht im Frieden zu leben aber es liegt nun mal nicht in unserer Natur.
    Und zum Willen und Krieg gibt es ein schönen knappen Text von Jean Paul Sartre

    So gibt es keine Zwischenfälle in einem Leben; ein gesellschaftliches Ereignis, das plötzlich ausbricht und mich mitreißt, kommt nicht von außen; wenn ich in einem Krieg eingezogen werde, ist dieser Krieg mein Krieg, er ist nach meinem Bild, und ich verdiene ihn. Ich verdiene ihn zunächst, weil ich mich ihm immer durch Selbstmord oder Fahnenflucht entziehen konnte: diese letzten Möglichkeiten müssen uns immer gegenwärtig sein, wenn es darum geht, eine Situation zu beurteilen. Da ich mich ihm nicht entzogen habe, habe ich ihn gewählt; das kann aus Schlaffheit, aus Feigheit gegenüber der öffentlichen Meinung sein, weil ich bestimmte Werte sogar der Kriegsdienstverweigerung vorziehe (die Achtung meiner Nächsten, die Ehre meiner Familie usw.). Jedenfalls handelt es sich um meine Wahl. Diese Wahl wird in der Folge bis zum Ende des Krieges fortgesetzt wiederholt werden; man muß also den Ausspruch von Jules Romains unterschreiben: "Im Krieg gibt es keine unschulidgen Opfer." Wenn ich also dem Tod oder der Entehrung den Krieg vorgezogen habe, dann geschieht alles so, als trüge ich die gesamte Verantwortung für diesen Krieg. Gewiß, andere haben ihn erklärt, und man wäre vielleicht versucht, mich als bloßen Komplizen zu betrachten. Aber dieser Begriff der Komplizenschaft hat nur einen juristischen Sinn; hier hält er nicht stand; denn es hat von mir abgehangen, daß für mich und durch mich dieser Krieg nicht existiert, und ich habe entschieden, daß er existiert.

    Der Text zeigt, (sofern er plausibel ist) dass der Mensch im Krieg ständig eine Wahl treffen muss und trifft. Insofern entscheidet schon der Mensch ob er in den Krieg zieht weil er ihn selber wählt und jederzeit "abwählen" kann.
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  • Dieser von dir Panzerfaust gepostete Text von Jean Paul Sartre bestätigt in keiner Weise die Existenz eines freien Willens, im Gegenteil, er beweist sogar, daß es keinen gibt. Er schreibt:
    "Da ich mich ihm nicht entzogen habe, habe ich ihn gewählt; das kann aus Schlaffheit, aus Feigheit gegenüber der öffentlichen Meinung sein, weil ich bestimmte Werte sogar der Kriegsdienstverweigerung vorziehe (die Achtung meiner Nächsten, die Ehre meiner Familie usw.). "
    Dieser Satz zeigt eindeutig, wie abhängig unser "freier" Wille in Wahrheit ist. Nur erkennt Sartre nicht, wie die komplexen Vorgänge der Willensbildung in einer Gesellschaft seinen eigenen "freien" Willen beeinflussen. Insofern ist dieser Text nicht plausibel. Ein pazifistisch erzogener Mensch wird den Krieg ablehnen, ganz im Gegensatz zu einem ständig aufgehetzten Menschen. Daran sieht man, wie programmierbar wir Menschen doch sind ;)
  • Dieser von dir Panzerfaust gepostete Text von Jean Paul Sartre bestätigt in keiner Weise die Existenz eines freien Willens


    gut erkannt, das war auch nicht meine Absicht, ich wollte nur zeigen wie es z.B. im Krieg so mit dem Willen ist und daraus kann man schlussfolgern, da stimme ich dir auch vollkommen zu, dass er eben nicht frei ist.

    Nur erkennt Sartre nicht...

    ich meine du hast den Text etwas fehlverstanden, Sartre bezieht seine Ausführungen auf die, die den Krieg GEwählt haben. So wie du schreibst musst du verstanden haben, dass jeder in den Krieg zieht und ihn somit gewählt hat, was aber nicht der Fall ist, weil man sich ihm ja entziehen kann. Der von dir genannte Pazifist wird den Krieg nich wählen und sich ihm entziehen.
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  • Hmm,...also mal ein philosophischer Exkurs....

    Was mich hier aber an der Betrachtungsweise/Interpretation des "(un)freien Willens" stört,
    ist die scheinbar vorherrschende Meinung/Einstellung, das der "freie Wille"
    -absolut, festgelegt, unabänderlich und - scheinbar klar vordefiniert
    bestehen sollte ;)...bzw. ..antagonistisch dazu...inexistent sein müsste :D
    Dies bezieht nicht mit ein,
    das Entscheidungen - von einer Sekunde zur anderen -
    durchaus individuell als falsch erkannt, bedauert bzw. auch zukünftig revidiert werden können.
    Für mich ist Entscheidungsfindung und Durchführung dabei sogar zu trennen...
    es ist ein permanenter Prozeß....
    welcher zwar - zeitlich festgelegt/fixiert - beurteilt werden kann...
    aber damit nur objektiv die vergangene Situation bewertet !
    Da sich in der Willensbildung aber Prozesse zwischen und in den verschiedensten (Denk)Formen
    der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft herausbilden....
    ist der "freie Wille" immer "relativ" ...bezogen auf diese Zeitpunkte.

    Erst das unreflektierte Akzeptieren von 'Dogmen' macht uns unfähig,
    Willensbildung zu relativieren....somit sind wir dann auch punktuell...unfrei
    Aber derartige Prozesse sind ja nicht/nie statisch....
    infolgedessen....müssen wir uns immer darüber im Klaren sein...
    das wir einer Wechselwirkung unterliegen, die auch permanent zu hinterfragen ist.

    Welche Definition von "frei" oder "unfrei" dann jeweils individuell vorliegt,
    kann objektiv allerdings wohl kaum jemals absolut von uns geklärt werden ;)

    Wie ja auch schon einmal anderweitig erwähnt...
    der "Wille" ist - für mich^^ - ein "Zensor", welcher bestehende 'Informationen' abwägt....
    evolutionsbedingt...oder auch durch individuelle Lernprozesse beeinflusst.

    Dabei stellt sich übrigens überhaupt nicht die Frage von "Schuld" oder "Unschuld", ....schon garnicht bei "denkenden" "intelligenten" Individuen....
    da Konsequenzen des (Nicht)Handeln's eben vom "Zensor" ja immer mitverarbeitet werden - bewußt oder unbewußt -
    ....es ist, wenn überhaupt, eine Frage von Prioritäten,
    welche wiederum sehr individuell verarbeitet werden.
    Eine Vorhersage des zukünftigen Handelns wird also immer eine Frage von Wahrscheinlichkeiten sein,
    welche sich u.a. auf eigene Erfahrungen (s.o.) bezieht...also sehr individuell bzw. empirisch gefärbt ist...aber...
    objektiv wird eine Vorhersage deshalb noch nicht :D
    So viel also erstmal zur ....De-Terminierung von Prozessen...
    welche punktuell durchaus ihre Berechtigung haben...aber eben kaum im Zusammenspiel der verschiedensten, angesprochenen Komponenten^^

    Jetzt zu meiner Begriffbestimmung des "freien Willens"
    Er ist - vor allem auch zeitlich gesehen -...relativ :D
    insofern aber durchaus keine Illusion, sondern eben nur...
    ein wichtiges Hilfsmittel bei individuellen, relativen Entscheidungsprozessen^^

    Inwieweit diese Entscheidungsprozesse aber auch durch vielfältige
    - hier u.a. geschilderte - Manipulationen verändert und beeinflusst werden (können)....
    stellt für mich nicht die Existenz der Wahlfreiheit in Frage.....
    sondern ist eher eine Bestätigung meiner Ansichten....denn...
    Manipulationen....what for...wenn eh alles vorherbestimmt ist^^

    Und auch der gerade aktuell diskutierte Sartretext bestärkt mich eher in meiner "relativistischen" Einstellung zur 'zeitweisen' freien Willensbildung,...welche sich allerdings - auch durch kritische Reflexion - immer wieder auch selbst ein Bein stellt :D....allerdings bei recht klarer Abwägung vieler/aller Konsequenzen.

    Apropos 'Panzerfaust' :D
    Schwache deterministe Vertreter wie Thomas Hobbes
    (hier das Zitat aus :Leviathan)
    hier ohne klare Zuordnung ihrer philosophischen Richtung zu zitieren...halte ich übrigens auch für ein wenig manipulativ^^
    auch wenn ihm die Entstehung des politischen Liberalismus zugeschrieben wird....^^
    ich stehe seinen - auch hier tw. angesprochenen - aber nicht klar zugeordneten - Thesen des "De Homine" und "De Corpore" durchaus kritisch gegenüber.
  • Das Zitat von Hobbes bezog sich auf die Frage, die jemand gestellt hat:
    "Möchte der Mensch nicht grundlegend im Frieden leben?"
    ich habe damit nichts mit dem Willen verbunden ergo hast du es falsch verstanden

    Er ist - vor allem auch zeitlich - gesehen...relativ

    Toll! Was ist denn bitteschön nicht relativ? Also kannst du sowas gleich lassen, vorallem, wenn du noch "zeitlich" hinzufügst.

    So, wie ich es verstehe, meinst du, dass der Wille hin und wieder frei und dann wieder unfrei ist. Hat meine Wenigkeit dich richtig verstanden?
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  • Hui, da fühlt sich jemand aber auf den Schlips getreten ;)
    und wird dann auch noch polemisch.....
    Uihh...auf so etwas kann ich aber gar nicht gut :D

    Ich glaube dabei eher, DU hast Hobbes noch nicht völlständig gelesen^^...
    und zitierst hier nur schlagwortartig Passagen...
    und ...
    zu meinem angeblichen falschen Verstehen.....
    hmm...ich habe Arecibo's post ja durchaus gelesen....
    UND auch Dein Zitat von Ihm !!! schau mal genau hin^^
    Wie sich daraus aber schnell mal ableiten lässt,
    dass der Mensch grundsätzlich böse sei... etc p.p.
    und insofern nicht in Frieden leben kann...
    erschließt sich mir allerdings so ohne Weiteres nicht wirklich ;)

    und relativ...:D
    tja, tw. erwischt....nebenbei ein Rechtschreibfehler...aber schon korrigiert^^

    Wenn ich mir hier den thread genauer durchlese und die vielen deterministischen Äußerungen mal sammle, sollte sich diese Frage für Dich doch gerade in diesem spezellen Zusammenhang von selbst beantworten ;)

    Ich halte eben nichts von absoluten Zuweisungen :D
    Insofern vertrete ich hier nun einmal eher den relativistischen Standpunkt...
    - den Hobbes übrigens sogar tw. übernimmt ;) -
    in der ich beide genannten Alternativen, also die der freien wie unfreien (scheinbaren) "Willensbildung" für möglich halte....relativ jeweils zu den aktuell existierenden Gegebenheiten.

    Die von Arecibo angesprochene "scheinbar" real nicht existierende Möglichkeit der Wahl am Beispiel des Sartretextes zeigt doch das Dilemma der Begriffsdefinition von "freiem Willen"
    Für mich ist es durchaus ein Zeichen freien Willens, sich zum Kriegsdienst zu bekennen !...
    bzw. reziprok, gilt übrigens das Gleiche bei einer Verweigerung ....
    sofern man dabei....
    klar "alle"/viele folgenden Konsequenzen bedacht hat und sich auch der manipulativen Entstehungsprozesse auf diesem Entscheidungsweg bewußt ist.
    Das diese Prozeße zumeist auch ein gewisses Entscheidungsdilemma mit sich bringen...hat ja nichts mit der letztlich getroffen - hoffentlich bewußten - Entscheidung zu tun...
    es sei denn, man ist sich überhaupt nicht/nie darüber im Klaren gewesen,
    das Kausalitäten zwangsläufig aus getroffenen Entscheidungen entstehen.

    Hieraus jedoch den reinen Determinismus abzuleiten ist für mich genauso verkürzt, wie zu behaupten, alles sei rein zufälligen Prozeßen unterworfen.
  • Ich verstehe jetzt deine Gedanken.
    Ich habe von Hobbes nur De Cive gelesen und Auszüge aus De Homine und als ich ihn zitierte, habe ich das Wissen über seine Staatsph. vorausgesetzt (zumindest, dass der homo homini lupus est), war wohl ein Fehler, da es einigenigen unbekannt ist. Trotzdem ist es doch nicht schwer die Frage ob der Mensch nicht grundlegend in Frieden leben möchte zu beantworten, wenn der Mensch böse ist. (So wie ich das verstehe, fehlt dir nur die Argumentation, dass der Mensch böse ist, weil ich darauf aufgebaut habe und somit mein Fundament nicht bewiesen ist) Um dieses BÖSE zu erkennen braucht man nur ein Kapitel aus de cive lesen, das wo es um den Naturzustand geht.

    Wie nennst du denn (oder wie heißt) diese Haltung? und kannst du grob (so grob wie möglich) klassifizieren, was be und was unbestimmt ist.

    PS: woher wusstest du, dass ich einen Schlips trage?
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  • Neben dem Dilemma der Begriffsdefinition des "freien Willen", dessen ich mir durchaus bewußt bin, steht auch noch die Frage, wo soll denn eine Grenze zwischen Determinismus und Chaos gezogen werden? Wann geht der Determinismus in Zufall über? Ich meine eben, daß es gar keine Grenze geben kann, auch keine verschwommene, weil es keinen Zufall gibt. Kausalität wirkt in allen Bereichen ob in großem Maßstab oder im winzigstem. Nur können wir mit unserem beschränkten Wissen dies nicht umfassend erkennen. Prozeduren der Natur mit unzähligen Parametern erzeugen Ergebnisse, die uns als Zufall erscheinen, weil wir die Gesamtprozedur überhaupt nicht voll erfassen können. Wir Menschen mit unserem "Bewusstsein" stellen eine Teilprozedur der Natur dar, welche eben unglaublich rückkopplungsfähig ist, jeder ein wenig anders ;)
    Dennoch ist jede dieser Teilprozeduren mit unzähligen anderen Teilprozeduren und somit mit der Gesamtprozedur verbunden. All diese Vorgänge ins "kleinste" zerlegt, wären kausal. Die Wahrscheinlichkeitswissenschaft Quantenmechanik zeigt mir, wo im Moment unsere Grenzen sind.
    Also, wo will man eine Grenze zwischen "real existierendem" Determinismus und "eingebildetem" Zufall ziehen???
    Zugegeben, die Möglichkeit vor der Handlung unzählige Rückkopplungen durchzuführen und das Ergebnis dieser Prozedur des "Denkens" dann erst in die Tat umzusetzen, könnte wie "freier Wille" erscheinen. Aber auch diese Prozedur des "Denkens" selber besitzt unzählige Parameter, welche sich durchaus zeitlich ändern können, wie muesli schon schrieb und wohl je nach Tiefe der Rückkopplung mehr oder weniger greifen. Doch das Ergebnis ist kausal, auch wenn es einem selbst vielleicht manchmal gar nicht so vorkommt, ganz zu Schweigen von Aussenstehenden ;)
    Ich möchte an dieser Stelle noch hinzufügen, daß ich als Vertreter des Determinismus, mir durchaus bewußt bin, daß wir Menschen nicht exakt voraussagen können, was ein Mensch als Nächstes tun wird. Ich sehe nur die REIN theoretische Möglichkeit der Berechenbarkeit des Gesamtprozesses gegeben, die praktische Möglichkeit schliesse ich aus. Von daher verwende auch ich hin und wieder das Wort "Zufall" ;)

    Das verschwommene Spektrum der Vorstellungen vom Begriff "Wille" erschwert den Gedankenaustausch über die Existenz eines "freien Willen". Deswegen möchte ich noch einmal den meiner Meinung nach absolut zutreffenden von muesli erwähnten Zusammenhang "Willen" = Zensor erwähnen.
    Der Wille als Zensor im Kampf mit dem Instinkt (oder Angewohnheiten), das ist großartig :D
    Man weiß vorher nie genau, wer gewinnt, der Instinkt, die Angewohnheit oder der zensierende mehr oder weniger vernünftige Wille. Und doch ist das Resultat real und zwangsläufig im Großen und Ganzen kausal.

    Zur Frage von "Schuld" und "Unschuld" kann ich nur sagen, daß es auch hier einer einheitlichen Begriffsdefinition bedarf. Meiner Auffassung nach gibt es REIN theoretisch keine "Schuld". Der Tiger ist nicht im menschlichem Begriff schuldig, weil er einen Bock reißt. Er muss es tun, sonst stirbt er in Bälde. Aber im Prozess des gesellschaftlichen Zusammenlebens mussten sich natürlich Verhaltensgesetze etablieren, welche die Gemeinschaften schützen sollen. Erst dadurch ist Schuld möglich. Der sich "falsch" Verhaltende läd Schuld auf sich, weil er den Gesetzen der Gemeinschaft in Wort und/oder Tat widerspricht und so der Gesellschaft schadet. Diesen Schäden muss Einhalt geboten werden, also wird der Schuldige davon abgehalten, weiteren Schaden zu verursachen. Schuld ist also ein menschliches Produkt, welches für unser Zusammenleben wohl unabdingbar ist, genauso wie der Glaube an den "freien Willen".
    Hoffentlich sterb ich nicht gleich, weil ich Schuld und den freien Willen theoretisch für nicht existent halte ;)
  • Arecibo, wie immer ein äußerst guter Beitrag von dir. :)

    Wusste bis jetzt noch gar nicht, das es für die allgegenwärtige Kausalität sogar einen Begriff gibt, aber ist gut, das außer mir noch ein paar die gleichen Gedanken entwickelt haben, dann kanns zumindest schonmal nicht so schlimm sein. :P

    Gerade aus der Kausalität erschließt sich meines Erachtens nach auch gleich, das wir gar keinen Willen haben, dies vielmehr nur eine Bezeichnung für einen Teil der Kausalität ist, den wir durch unsere Gedanken erfahren.
    Das "frei" wird einem zusätzlich ebenfalls noch einmal durch die Kausalität genommen, schließlich ist eine Folge das Gegenteil von frei, da es schon feststeht.

    Zu der Schuld würde ich noch hinzufügen, das sie auch aus menschlicher Sicht, sofern man sich damit abfindet, das es keinen freien Willen gibt, wobei ich nicht weiß ob dies überhaupt möglich ist, der Verstand schafft es vielleicht, aber unser Unterbewusstsein dürfte sich da viel zu sehr wehren, unter anderem auch, da ihm dadurch und durch die Konsequenzen jegliche Lebensgrundlage genommen wird, sie auch nicht existieren kann, da durch die Kausalität das eine durch das vorherige bestimmt ist, wo kann man da denn Anfang der Schuld sehen, wenn nicht am Urpunkt? Aber ist dieser wirklich schuldig?
    Führt zum gleichen Dilemma wie bei der Sinn-Frage, wie kann etwas einen Sinn haben, wenn jeder Sinn ebenfalls einen Sinn haben muss, um überhaupt erst zum Sinn zu werden. :D

    In der praktischen Gesellschaft dürften wir die Schuld aber auf jeden Fall (zumindest in der nächsten Zeit) für unser dipolares System (gut-böse, viel-wenig,...) brauchen, da wir sonst nicht entscheiden könnten (bzw meinen das wir entscheiden).

    Vielleicht liegt das ganze aber auch einfach nur an unserer Betrachtungsweiße und die Kausalität ist für uns eine Erklärung wie für andere (hauptsächlich früher, auch wenn die meisten da noch etwas hinterherhinken und heute noch dran glauben) der Glaube an Gott, so dass wir oder unsere Nachfahren, so fern es welche geben sollte und sie sich nicht selbst vernichtet haben, feststellen, das dies völliger Schwachsinn ist.

    Es ist auch immer noch eine Frage, wie das erste Lebewesen erschaffen wurde, eine DNA durch Zufall zu generieren ist doch etwas schwer, wobei da natürlich auch wieder die Frage ist wie viele Möglichkeiten es zeitlich, örtlich usw und damit mengenmäßig gibt, an denen das der Fall sein könnte oder ob nicht die Kausalität automatisch dazu geführt hat.

    Bedenkt man zusätzlich auch noch, das es immer möglich ist, das wir in einer Scheinwelt leben können, ohne das wir es irgendwie erfahren (oder liegt diese Schlussfolgerung auch nur an der falschen Betrachtungsweiße) müssen wir uns glaube ich (zumindest vorerst) endgültig von dem Gedanken des freien Willens losmachen (oder werden wir gemacht, schließlich sind wir demnach keine Wesen in dem Sinne, die denken, sondern nur chemische Abläufe, die eigentlich unter die unbelebte Natur fallen), auch wenn es vermutlich bei den wenigsten in der Realtität klappen dürfte, da sie zum eigenem Schutze in ihrer eigenen erschaffenen Welt (die ebenfalls dem nicht vorhandenem freiem Willen die Freiheit nimmt) bleiben werden und diese Erkenntnis niemals anehmen werden.

    mfg
    neo
  • Es ist durchaos so, dass wir die geglaubte Realität nicht erfassen (können) ob im Ganzen oder nur Einzelteile. Man kann sich das auch so vorstellen: Wir erfinden Gesetzmäßigkeiten, die aufgrund anderer Gesetzmäßigkeiten funktionieren und somit in das System passen. Nun heißt das ja noch nicht, dass das System richtig ist. Genauso wenig kann der Mensch das gesammte System erfassen, denn um das ganze erfassen zu können, müsste er sich über die Menschheit, Natur... stellen und es von außen betrachten. Das geht aber nicht.
    Arecibo setzt ja oben den willen und Instinkt auf eine Ebene. Meine frage: wo setzt du die Vernunft an? Entweder ist sie auch auf der Ebene also ist es dann ein "Kampf" zwischen Wille, Instinkt und Vernunft oder sie ist im Willen enthalten bzw. der Wille in ihr. Das letztere würde bedeuten, der Mensch ist ein rationales wesen. Ob man dann dumm ist oder nicht, der Wille würde aus Vernunft entscheiden.
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  • Zu deiner Frage Panzerfaust, wo ich die Vernunft ansiedle, möchte ich mich nochmal selbst zitieren:
    "Man weiß vorher nie genau, wer gewinnt, der Instinkt, die Angewohnheit oder der zensierende mehr oder weniger VERNÜNFTIGE Wille."
    Wie du siehst, schreibe ich die Vernunft dem Willen zu, was ja auch logisch ist, da der Wille als Zensor prinzipiell durch Vernunft gebildet wird. Doch möchte ich anmerken, daß sich die Vernunft eines jeden unterscheidet, je nachdem, wie er geprägt wurde(Moral), was er weis(Wissen) oder glaubt(Glaube) und wie gut er rückkoppeln (Denken) kann. Von daher kann eine Entscheidung für den einen vernünftig und für den anderen unvernünftig wirken. Von Aussen betrachtet, relativiert sich dann die Rationalität der Menschen und das umso mehr, als daß der Wille den Kampf um die tatsächlich auszuführende Handlung umso häufiger verliert und sich nurmehr Instinkt und Angewohnheit durchsetzt.
  • Die Vernunft erscheint uns, als das Ergebnis unserer Gedanken, die von uns ausgehen, die wir verstehen und steuern können, von dem her würde ich sie im Bewusstsein ansiedeln, welches meiner Meinung nach als Erweiterung zum Unterbewusstsein enstand, zu der Steuerrung des Körpers, um Fehler, die sich aus dem Zusammenspiel ergeben , auszugleichen, sozusagen ein kleines Zion. :D
    Und erst aus diesem Zion, wie in der Matrix übrigens auch, wie mir gerade auffällt :D, konnten wir uns erst zum Lebewesen entwickeln und wurden aus den chemischen und physikalischen Prozessen zu einem Individuum.

    mfg
    neo
  • Jetzt wird hier schon wieder neu durcheinander gewirbelt :D
    Theorie & Praxis, Biologie & Philosophie....köstlich....
    es lebe die freie Assoziation :)...aber manchmal schon...ganz schön anstrengend
    Kompliment auch Dir, Aricibo :)....
    für die klaren....theoretisch: schwach deterministischen...
    pragmatisch gesehen aber durchaus auch relativistischen Erläuterungen ;)
    da ich mich nun wirklich nicht als "Glaubenskrieger" sehe :D...
    habe ich 'damit' ...fertig :)

    Zum Thema Vernunft....
    Sie ist für mich...ähnlich wie der Wille...auch (nur) ein Hilfsmittel
    ...eben zur Verarbeitung kausaler Ketten,
    wobei sie die vergangenen bereits gewonnen Erkenntnisse quasi als Vergleichsmuster speichert
    und bei jeder Neubearbeitung neuerer Impulse als 'Basis' mitverarbeitet.
    Sie ist also als Erkenntnisbasis dem Willen als Zensor vorgeschaltet...andererseits aber auch eine Grundvoraussetzung desselben.
    Beides erst schafft 'Bewußtsein'...
    wobei der deutsche Begriff ziemlich hinkt ...auch weil zu sehr freudianisch etc. besetzt...
    anglikanisch -> Awareness trifft es m.M. viel besser ;)
  • "- Der bewusste Entschluss zur Handlung trat 0,2 Sekunden vor dem Bewegungsbeginn auf, aber erst mehr als 0,3 Sekunden nach dem Beginn des Bereitschaftspotenzials. Kann also das Wollen gar nicht die Ursache der neuronalen Aktivität sein?"

    Hab ich auch verfolgt, aber ich gaube, dass dies falsch dargestellt wird.
    Der Entscheidungsprozess des Hirns wird einfach nur verspätet sichtbar.

    Denn es ist ja keine andere Institution, die von außen dem Hirn etwas diktiert.
    Oder?

    Eine Matrix vielleicht ... ;)