Vorschlag von Gregor Gysi

  • Diskussion

  • otze
  • 4437 Aufrufe 34 Antworten

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

  • @ MikeB und sasch.chem:

    KEINE EINZEILER im Politikforum.
    Und seid friedlich, Kinder ;)

    Zurück zu einer sachlichen Diskussion!

    Lg
    RamsesV
  • Basisdemokratie in Form von Volksabstimmungen funktioniert meiner Meinung nach einfach nicht mehr. Im kleinen also Kommune eventuell noch Bundesland mag es möglich sein (Schweiz macht es ja so), aber so wie im Startbeitrag beschrieben ist das nichts mehr.
    Zum einen sind die Beziehungen die in der internationalen und nationalen Politik mittlerweile so Komplex, dass man da nur noch mit sehr hohen Aufwand wirklich ein Verständnis entwickeln kann, was eine Entscheidung alles bedeutet. Und ohne dieses Hintergrund wissen, kann man auch nur schwer eine richtige Entscheidung treffen.

    Aber viel schwerwiegender ist für mich, dass heutzutage viel zu vielen Leuten Politik völlig (Entschuldigung für den Ausdruck) am Arsch vorbei geht. Ich kann es einfach nicht akzeptieren, dass Leute deren Hauptinformationsquelle Nachmittagstalkshows, Big Brother und die RTL2 News sind, darüber entscheiden sollen wo das Land in dem ich Lebe hingeht.
    Es ist doch so, dass Viele, viel zu Viele, lieber einfach das wählen was ihnen am einfachsten klingt, nicht was wirklich besser ist. Das liegt in meinen Augen vorallem daran, dass Diese dazu neigen, sich statt mit einer Frage zu beschäftigen, sie von allen Seiten zu betrachten und dann für sich eine Entscheidung zu treffen, lieber einfach der Meinung sind, die Ihnen von irgendjemanden gesagt wird die sie haben sollen. Und auf Grund der vielen Menschen innewohnenden natürlichen Paranoia sind das vorallem die Meinungen die gegen alles sind, für was die Regierung ist.

    Das beste Beispiel ist der EU Reformvertrag in Irland. Von provinziellen Kleingeistern und von Anti-Demokraten (hier hat sich besonders Sin-Fein hervorgetan) werden Ängste geschürt. Es wird gesagt, dass die EU den Bauern ihre Schafe wegnimmt und dass Irland mit dem neuen Vertrag nicht mehr genug beachtet wird, weil man ja nicht mehr jede Entscheidung blockieren kann.
    Und zu Viele glauben dieses Ansprechen auf dem niedrigsten Niveau eines Menschen, seiner Angst. Mit einer Einstellung "es könnte ja sein dass die Recht haben, da bin ich mal sicherheitshalber dagegen". Und nur die wenigsten schauen sich wirklich den Vertrag an, schaun was er für gewinne und Einschränkungen bringt, was gut und schlecht ist und treffen dann eine Entscheidung.
    Aussagen die man nach der Wahl in Umfragen in Irland (aber auch bei uns) gehört hat bestätigen das nur. Von wegen "ich weiß gar nicht was in dem Vertrag drin steht." "Ich hab mich nicht genug informiert gefühlt" usw.

    Als der Vertrag festgeschrieben wurde, war ich auch der Meinung, nicht genug zu wissen, was drin steht da in den allg. Nachrichten nur die allerwichtigsten Einzelpunkte dargelegt wurden. Aber ich hab dann nicht gesagt "dann bin ich sicherheitshalber dagegen", sondern habe mich im Internet und bei verschiedenen Zeitungen bei Gelegenheit über den Vertrag informiert. Aber das macht heutzutage einfach kaum einer.

    Ich kritisiere nicht, dass Leute gegen den Vertrag sind, auch wenn ich diese Meinung nicht teile (oder allgemein anderer Meinung sind). Ich kritisiere, dass sich heutzutage kaum einer mit einem Thema auseinandersetzt, selbst wenn er darüber entscheiden muss.


    Und ein Schlusswort noch:
    Dass so ein Vorschlag von Gysi kommt ist klar. Den wie ich oben versucht habe darzulegen, käme so etwas der Polemik der extremen Parteien (links und rechts) enorm entgegen, da diese simple allgemein Plätze anbieten (Egal ob "Deutschland den Deutschen" oder "Tod dem Kapitalismus") und damit jedem einem einfachen Ausweg bieten, der sich nicht zuviele Kopfschmerzen durch denken machen will.
  • Ich kann das alles unterschreiben, was du gesagt hast, bis auf das Schlusswort! Es ist nämlich auch ein "simpler Allgemeinplatz", das speziell die Linken immer einfache Lösungen bieten, die nicht viele Kopfschmerzen bereiten. Das wird genauso stereotyp behauptet, ohne sich deren Vorschläge ernsthaft anzusehen. Ich verfolge desöfteren Bundestagsdebatten, da läuft es häufig so: Die Linken schlagen ein Gesetz vor, die SPD ist dagegen. Ein paar Wochen später machen die den gleichen Vorschlag, dann ist er auf einmal toll. Beispiel wäre zum Beispiel die Regulierung der Zeitarbeit.
    Seit es Internet gibt, äußern sich Legastheniker besonders gern schriftlich.
  • Stimmt, das war unzureichend formuliert.

    Ich bin zwar sehr wohl der Meinung, dass bei den großen Fragen die Linke keine Lösungen hat, sondern nur eben solche allgemein Plätze vertreten und erstmal gegen alles sind was von anderen kommt.

    Aber in einigen einzelnen Punkten kamen durchaus sinnvolle Vorschläge von der Linken, zum Beispiel auch im von dir angesprochenen Fall. Und soweit kann ich es auch nicht unterstützen, dass solche Vorschläge abgelehnt werden, nur weil sie von der Linken kommen. Das ist nämlich genau das Verhalten was ich der Linken vorwerfe und das werfe ich genauso der SPD, der CDU, der FDP und den Grünen vor.

    In meinem Text ging es mir aber vorallem um die thematisierten Volksentscheide über grundsätzliche Entscheidungen und Richtungsfragen. Und da bleibe ich der Meinung, dass die Linke keine Antworten hat und vorallem durch ihre Lautsprecher Gysi und Lafontaine nur mit Massenkompatiblen aber bei genauerer Betrachtung nicht funktionierenden Meinungen operiert.


    Aber ich möchte auch nochmal betonen, dass das meine Meinung ist. Das kann ein Anderer durchaus anders einschätzen, indem er z.B. andere Schwerpunkte setzt. Solange er sich diese Einschätzung nach reiflicher Überlegung gebildet hat und die nicht nur wählt weil "die Linke denen da oben mal in den Arsch tritt" oder weil "die cooler sind als die alten Säcke der CDU und SPD" oder was man sonst noch so für Unsinn hört.
  • @sasch.chem
    Ich hoffe doch das Volksentscheide das Gemauschel der Parteien durcheinanderbringt. Dazu noch die Aenderung die im Wahlrecht eintreten muss (Wahlrecht Verfassungswidrig) und der Auflage das die Oeffentlich Rechtlichen sehr viel mehr und vor allem ausfuehrlicher ueber die Debatten im Bundestag bzw. im Bundesrat informieren sollten. Unabhaengig ist das was die machen, meiner Meinung nach, nicht! Damit meine ich nicht kleine Spartensender wie "Phoenix".
    Welcher Sender hat denn in DE ueber den Vertrag von Lissabon ausfuehrlich berichtet? Vor allem ueber den Inhalt?! Keiner! Weder die OR noch einer von den Privaten.
    Warum interessiert sich keiner mehr fuer Politik? Die Antwort ist ganz einfach. Die Antwort habe ich erst heute von einem neuem Kollegen bekommen. "...Warum soll ich denn waehlen gehen? Die machen doch ehh das was Sie wollen undnicht was Sie sollen. Wenn man Parteien bzw. Politiker auf Einhaltung ihrer Wahlversprechen verklagen koennte und bei Nichteinhaltung mit Entzug/Rueckzahlung ihrer Diaeten drohen koennte ...."
    Zudem denke ich das die meisten mit dem eigenem Ueberleben beschaeftigt sind. Ich denke da an H4er, Arbeiter die noch unterstuezendes H4 bekommen und weitere.
    Apropo Vorschlag von den Linken und so. War das mit dem Mindestlohn nicht auch eigentlich ein Vorschlag von der Linkspartei?

    Gruss Schinderhannes
    Erst wenn der letzte FTP Server kostenpflichtig, der letzte GNU-Sourcecode
    verkauft, der letzte Algorithmus patentiert, der letzte Netzknoten
    verkommerzialisert ist, werdet Ihr merken, dass Geld nicht von alleine
    programmiert.
  • Ich bin mir nicht ganz sicher, wer den Mindestlohn zuerst gefordert hat. Da steiten sich die beiden Parteien bis heute. Aufgrund der Trendwende, die sich bei der SPD ja erst vor kurzem vollzogen hat, trau ich da den Linken den längeren Atem zu. Allerdings wäre mir das auch ziemlich egal, wenn sie ihn nur endlich einführen würden! Rechnerisch haben SPD, Linke und Grüne dafür nämlich eine Mehrheit im Bundestag, aber aus Gründen der Koalitionsdisziplin hat die SPD gegen ihren eigenen Entwurf gestimmt. Das muß man sich mal vergegenwärtigen, ist aber ein anderes Thema.
    Seit es Internet gibt, äußern sich Legastheniker besonders gern schriftlich.
  • @Schinderhannes: Keiner hat über den Vertrag ausführlich genug berichtet. Aber 1. muss man festhalten, dass selbst wenn die ARD eine 30 minütige Sondersendung zu dem Thema gemacht hätte, wette ich Alles, dass diejenigen die ich hier angesprochen habe, einen riesigen Bogen um die Sendung gemacht hätten. Und 2. sagte ich ja, dass nur weil man die Info nicht auf dem Silbertablett präsentiert bekommt, heißt das nicht dass man sie sich nicht holen muss.



    Wozu ich noch etwas sagen möchte, ist die Sache mit dem Wahlversprechen, auch wenn das vielleicht etwas Offtopic ist.


    Das ist genau eine dieser plagiativen Aussagen die ich meine. Es ist wunderbar einfach die Schuld, dass etwas nicht so ist wie man es gerne hätte bei den Politikern zu suchen.
    Aber 1. sind die Wahlprogramme vor der Wahl zu einem großen Teil keine "Versprechen" sondern "Absichtserklärungen". "So wollen wir das gerne ausgestalten, wenn ihr uns wählt und wir dann allein entscheiden können."

    Aber die entscheidende Frage ist: Woran liegt es wenn in der Legislatur Periode eine Entscheidung anders getroffen wird als sie im Wahlprogramm steht?
    Die einfache Lösung ist "die haben uns alle bewußt belogen, um selbst einen Vorteil daraus zu ziehn."
    Aber können nicht auch andere Dinge eine Rolle spielen? Vor der Wahl weis keine Partei mit wem sie koaliert. Sollen wir keine Entscheidungen mehr treffen, weil keine der beiden Parteien ihren Standpunkt verändern darf? Das beste Beispiel ist die Pflegereform. CDU und SPD hatten hier grundverschiedene Ideen. Aber als sich eine große Koalition ergeben hat, gab es zwei Möglichkeiten: ein Kompromiss oder nichts machen. Aber egal für welche Idee man war, jeder wußte es MUSS sich was ändern. Also waren beide Seiten gezwungen von ihrem Standpunkt abzurücken. Und schon haben sie ein Versprechen gebrochen? Ich bin zwar der Meinung dass der Kompromiss schlechter ist, als die ursprünglichen Pläne von beiden Parteien, aber das ändert nichts daran, dass er nötig war.

    Und ein weiterer Punkt, vielleicht sogar noch wichtiger: Zu dem Zeitpunkt an dem die Wahlprogramm verfasst und verabschiedet werden, gibt es eine politische und gesellschaftliche Situation. Wenn eine Partei die Wahl gewinnt regiert sie 4 Jahre (+ die Zeit des Wahlkampfes). Gerade in der heutigen Zeit ändert sich die Lage in der Welt, in der EU und in Deutschland fast wöchentlich. Es wäre ein unendlicher Fehler, wenn man nur weil man das im Wahlprogramm mal so gesagt hat, nicht in der Lage wäre seine Meinung zu ändern und an neue Situationen anzupassen. Deswegen ist man noch lange kein Lügner.

    Das beschimpfen des politschen Gegners als Wahlbetrüger, gehört leider heutzutage zum guten Ton. Die Parteien tun es mit dem jeweiligen politschen Gegner, private Zeitungen mit den Parteien der jeweils anderen Ausrichtung (z.B. Bild gegen SPD, BZ gegen CDU) und die Linke tut es mit allen.

    So seh ich das. Einfach um auch mal einen Gegenpol zum ständigen Politiker verprügeln zu geben, das heute so selbstverständlich durchgeführt wird.
  • Zum Teil hast du ja Recht. Was mich pers. so aergert an der Sache ist eben das die OR/privaten nicht darueber berichtet haben. Auch wenn 90% der Deutschen das nicht angesehen haetten. Aber wenn z.b. in den Nachrichten nicht nur gesagt worden waere " .... man hat ueber strittige Themen des Vertrages von Lissabon diskutiert ..." sondern ".... man hat darueber diskutiert das ueber den Vertrag von Lissabon die Todesstrafe wieder eingefuert werden soll ..." . Oder in den Politiksendungen mal das Thema/Inhalte angeschnitten worden waere. Moeglichkeiten das unters Volk zu bringen, ohne eine Sondersendung, gab es mehr als genug. Warum nur eben nicht??
    Muss ich mir jetzt doch meine Alumuetze wieder ausm Schrank holen ? :D

    Bestimmte Wahlversprechen lassen sich eben nicht einloesen. Sehe ich ein. Aber wenn eine Partei den Waehlern verspricht sie will die MWST um 2% erhoehen und die andere Partei will das nicht, wie kommen die dazu eine Koalition einzugehen und die MWST um 3% zu erhoehen? Wenn man so unterschiedliche Meinungen hat kann man eben nicht koalieren. Meiner Meinung nach wurde das eben nur getan um nicht eventuell eine Neuwahl anleiern zu muessen wo man vielleicht noch schlechter abgeschlossen haette.
    (nur ein Beispiel)

    Tja und zum letzten Satz nur soviel: :tata: :tata: :tata: :tata: :tata:
    Das beste in lustiger Form was ich in der letzten Zeit so gelesen habe. Allerdings sollten die Politiker auch mal ueberlegen warum das so ist. 80 Millionen Einwohner in DE koennen eben nicht luegen.

    Gruss Schinderhannes
    Erst wenn der letzte FTP Server kostenpflichtig, der letzte GNU-Sourcecode
    verkauft, der letzte Algorithmus patentiert, der letzte Netzknoten
    verkommerzialisert ist, werdet Ihr merken, dass Geld nicht von alleine
    programmiert.
  • @Betos:
    Das mit dem Politik-am-Arsch vorbei sehe ich mit zunehmender Sorge. ich glaube ich bin der einzigste der regelmäßig N24, ARD-Nachrichten und ca 24h/2/365 MDR-Info hört (ja ich gebe es zu, ich find das einfach interessant) aus meiner Altersklasse (15-16). Und dabei gehe ich in eine Gesamtschule (Gymnasialteil). Wir haben in der 8 Klasse Sozialkunde erhalten, viel zu spät (wobei die Politik über die wir reden net wirklich sozial ist -.-). So etwas sollte in der 5 Klasse bereits kommen.

    Meine Klassenkameraden ballern sich mit MTV und RTL II zu. ich deshalb nicht weil ich das nicht ertrage (ehrlich, ich werd bekloppt dabei). Ich habe leider immer öfter das Gefühl das ich in meiner Klasse nur von Bekloppten umgeben bin, was das Allgemeinwissen angeht.
    Unser gemeinsames Leben heißt Offenheit, Herzlichkeit, Freundschaft, Mut zum Widerstand und der Glaube, dass es immer besser wird.
    Wer so offen ist, muss Fragen stellen, kann lebensverachtende Verhältnisse nicht akzeptieren sondern muss sich wehren, muss kämpfen gegen die, die das Leben verachten und die, die davon profitieren!
  • @Schinderhannes: Darüber dass die Todesstrafe wieder eingeführt wird muss man nicht diskutieren. Da das nicht passiert.

    Du beziehst dich damit wahrscheinlich auf Leute wie Hr. Prof. Schachtschneider mit seinen Reden. Ich hab einen seiner Vorträge auch gesehen und konnte diese Behauptung (YouTube - EU Verfassung #10: Todesstrafe) auch einfach nicht glauben. Also habe ich mal etwas selber recherchiert. Schachtschneider bezieht die Behauptung auf die 12. Erklärung des EU-Reformvertrages.

    In Artikel 2.2 des Vertrages steht "Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.". In der Erklärung 12 wird dies dann tatsächlich relativiert. Dort steht, dass diese Regelung ausgesetzt werden kann z.B. im Kriegsfall. Dabei bezieht sich die Charta (Art. 52/3) ausdrücklich auf die EMRK (Europ. Menschenrechtskonvention) und dort auf das Zusatzprotokoll 6:
    3. Die Bestimmungen des Artikels 2 der Charta(3) entsprechen den Bestimmungen der genannten Artikel der EMRK und des Zusatzprotokolls. Sie haben nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta(5) die gleiche Bedeutung und Tragweite. So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:


    a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK:



    „Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um


    a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;


    b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;


    c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.


    b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:



    „Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...“.


    auf diese "in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“" bezieht sich Schachtschneider mit seiner Kritik. Was er gefliesentlich verschweigt, ist dass das im Zusatzprotokoll 6 der EMRK festgesetzt ist.
    EMRK Zusatzprotokoll 6
    Ein Staat kann durch Gesetz die Todesstrafe für Taten vorsehen, welche in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden.


    Was Hr. Schachtschneider aber nicht für wichtig erachtet, ist dass dieses Zusatzprotokoll Nr. 6 am 1.2.2005 in Deutschland außer Kraft gesetzt wurde durch Zusatzprotokoll Nr. 13. Dieses Protokoll Nr. 13 wurde mittlerweile vom größten Teil der EU-Staaten ratifiziert. Unter anderem eben auch Deutschland.

    Zwar unterzeichnet, aber in den Parlamenten noch(!) nicht ratifiziert haben das Protokoll nur Italien, Lettland, Polen und Spanien.

    Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Protokoll unterzeichnen,

    in der Überzeugung, dass in einer demokratischen Gesellschaft das Recht jedes Menschen auf Leben einen Grundwert darstellt und die Abschaffung der Todesstrafe für den Schutz dieses Rechts und für die volle Anerkennung der allen Menschen innewohnenden Würde von wesentlicher Bedeutung ist;

    in dem Wunsch, den Schutz des Rechts auf Leben, der durch die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnete Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden als «Konvention» bezeichnet) gewährleistet wird, zu stärken;

    in Anbetracht dessen, dass das Protokoll Nr. 6 zur Konvention über die Abschaffung der Todesstrafe, das am 28. April 1983 in Strassburg unterzeichnet wurde, die Todesstrafe nicht für Taten ausschliesst, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden;

    entschlossen, den letzten Schritt zu tun, um die Todesstrafe vollständig abzuschaffen,

    haben Folgendes vereinbart:

    Artikel 1 – Abschaffung der Todesstrafe

    Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden.

    Artikel 2 – Verbot des Abweichens

    Von diesem Protokoll darf nicht nach Artikel 15 der Konvention abgewichen werden.

    Artikel 3 – Verbot von Vorbehalten

    Vorbehalte nach Artikel 57 der Konvention zu diesem Protokoll sind nicht zulässig.

    Artikel 4 – Räumlicher Geltungsbereich

    1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Protokoll Anwendung findet.

    2. Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Protokolls auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Protokoll tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.

    3. Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen oder geändert werden. Die Rücknahme oder Änderung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

    Artikel 5 – Verhältnis zur Konvention

    Die Vertragsstaaten betrachten die Artikel 1 bis 4 dieses Protokolls als Zusatzartikel zur Konvention; alle Bestimmungen der Konvention sind dementsprechend anzuwenden.



    Wenn das keine mehr als eindeutige Abkehr von der Todesstrafe ist, weis ich auch nicht. Und da die Charta erklärt, dass die Todesstrafe nicht erlaubt ist, mit Ausnahme der Bedingungen der EMRK, welche aber mit dem Protokoll Nr. 13 keine Ausnahmen mehr vorsieht, ist die Todesstrafe auch mit der Charta komplett abgeschafft.

    Ganz nebenbei ist die Behauptung die Schachtschneider wörtlich aufstellt, dass die Erläuterungen mit einer gesetzlichen Regelung gleichzustellen sind (siehe Video oben) völliger Unsinn. Dazu der erste Satz in den Erläuterungen:
    Diese Erläuterungen haben als solche keinen rechtlichen Status, stellen jedoch eine nützliche Interpretationshilfe dar...


    Und eins noch: In keinem Punkt setzt sonstwie geartetes EU Recht die Verfassung Deutschlands außer Kraft die klar besagt in Art. 102: Die Todesstrafe ist abgeschafft.

    Schachtschneider macht genau das, was du den Politikern vorwirfst: Er manipuliert und verdreht/verschweigt Wahrheiten, um seine Version glaubhaft zu machen und seine eigenen Ziele zu verfolgen. Das ist genau das wovon ich gesprochen habe. Wir suchen uns einen der wichtig klingt, weil er einen Prof. vorm Namen hat und das erzählt was wir hören wollen und nutzen den dann als Beweis dass wir Recht haben und glauben seinen Ausführungen, statt auch andere Meinungen zuzulassen. Der Mensch in seiner natürlichen Paranoia hätte es einfach gern, dass er immer das arme hintergangene Opfer ist, der für nichts etwas kann und dem alles Schlechte von anderen aufgezwungen wird.


    Achja, noch kurz zu der Mehrwertsteuererhöhung. Das ist genau das wovon ich in meinem ersten Beitrag gesprochen habe. Nur weil in dem Wahlprogramm steht, dass man gerne auf eine Erhöhung der MwSt verzichten will (bzw. sie nur 2% anheben will), heißt dass doch noch lange nicht dass man dann ein Jahr später bei der gründlichen Analyse der Situation nicht zu der Entscheidung kommen kann, dass 3% doch die bessere Wahl sind. Wenn Meinungen und Ansichten in Stein gehauen sind und nicht ständigem Wandel und Anpassung unterworfen sind, hat man nur eins Stagnation. Der Fehlschlag der Planwirtschaft in den Staaten des ehem. Ostblocks beweist das eindrucksvoll. Dort wurde eine Festlegung für die nächsten 4, 8 oder 12 Jahre gemacht und selbst wenn sich die Situation änderte, mußte der Plan erfüllt werden, es wurde da keine Änderung zugelassen, was am Ende zum zurückbleiben der Wirschaft führte.
    Leben ist Wandel, auch in der Politik.


    Was meinen letzten Satz angeht, bin ich in unsinnige Polemik verfallen. Dafür entschuldige ich mich.

    @Rosenrot: Meine Rede.