Da es in ziemlich vielen politischen und sozialen Diskussionen früher oder später um die Verteilung in einem Staat geht, was einem Menschen zusteht, sowie welche sozialpolitischen (Arbeitslosenunterstützung, Mindestlohn, -> wachsende Einkommensschere) und welche wirtschaftlichen Maßnahmen (Managergehälter, Lohnkürzungen) gerechtfertigt sind, habe ich beschlossen ein paar grundsätzliche Gedanken dazu aufzuschreiben, um festzustellen, welche Faktoren dabei eine Rolle spielen.
Die Ausführungen sind dabei weniger an dem momentanen System angelehnt, mehr enthalten sie einige theoretische und grundsätzliche Überlegungen, die erst durch das Einbringen einer moralischen und politischen Vorstellung zu einem konkreten politischen und sozialen Modell werden.
1. Bewertung des Verbrauchs
Als Mensch und als Mitglied der Gesellschaft verbrauchen wir zwangsläufig Ressourcen. Zum einen verbrauchen wir materielle Ressourcen, wie Wasser, Nahrung, Erdöl und andere Energieträger, zum anderen immaterielle Ressourcen wie menschliche Zeit und Arbeitskraft. Prinzipiell sieht das gesellschaftliche und wirtschaftliche System vor, dass jeder Leistung erbringt (= immaterielle Ressourcen beisteuert und diese zur Verfügung stellt (Sekretärin, Friseur, Wissenschaftler) oder dadurch materielle Ressourcen erschafft (Bergarbeiter, Bauer, Fließbandarbeiter)), dafür zum Tausch Geld erhält und dieses wiederrum gegen andere, von ihm benötigte, Ressourcen eintauscht. Im Idealfall sorgt dabei der freie Markt für eine gerechte Anpassung, so dass für jede Ressource automatisch ein virtueller Tauschwert definiert wird.
Allerdings weißt das System einige Schwächen auf. So stellt sich die Frage, wie der Tauschwert für eine natürliche Ressource definiert werden soll. Wie viel ist ein Quadratkilometer Wald wert, wie viel ein Barrel Öl? Noch vor 40 Jahren wurde diese Frage ganz anders beantwortet und vermutlich wird sie in 50 Jahren wieder anders beantwortet werden. Dabei stellt sich die Frage, ob der Wert einer Ressource nur vom Angebot und von der Nachfrage abhängig gemacht werden soll oder auch von anderen Faktoren.
Weiterhin stellt sich die Frage, welchem Wert man für die Umwelt, beziehungsweise für die Verschmutzung derselben, definiert. Ist ein Kilogramm Kohlenstoffdioxid ein Euro wert? Sind 0,1 mg Quecksilber im Fluss zehn Euro wert?
Das gleiche Problem stellt sich bei der Bewertung für immaterielle Ressourcen, wie der menschlichen Arbeitszeit. Während hier in Deutschland beispielsweise im Straßenbau Maschinen benützt werden, wird in China oftmals die meiste Arbeit von Hand mit Schaufeln erledigt, da dort aufgrund einer anderen Bewertung und anderer vorhandener Kapazitäten die menschliche Arbeitskraft billiger ist als die Benutzung von Maschinen.
2. Bewertung von Leistung
Möchte man feststellen, welche Leistung jemand erbringt, so muss zuerst ein Kriterienkatalog erstellt werden, anhand dessen die Leistung ermittelt wird. Die endgültige Bewertung, ob eine hohe oder niedrige Leistung erbracht wird, hängt dabei ziemlich stark von der Gewichtung der einzelnen Kriterien ab.
Mögliche Kriterien für eine Leistungsermittlung sind unter anderem:
- Körperliche Anstrengung
- Geistige Anstrengung
- Unannehmlichkeiten (Bsp.: Wetter, Lärm)
- Gesundheitliche Einbußen (Bsp.: Rückenbeschwerden, Überbeanspruchung der Ohren/Augen)
- Fähigkeiten (Bsp.: Geschicklichkeit)
- Intelligenz
- Wissen
- zeitlicher Aufwand
- Verpflichtungen (Bsp.: mögliche Verfügbarkeit auch während der Freizeit, Arbeit erfordert mindestens 50h / Woche))
- Freude an der Arbeit
- Verantwortung (Bsp.: Verantwortung für den Erfolg einer Firma, Verantwortung für eine umwelt- und sozialverträgliche Gestaltung)
- Geistige Anstrengung
- Unannehmlichkeiten (Bsp.: Wetter, Lärm)
- Gesundheitliche Einbußen (Bsp.: Rückenbeschwerden, Überbeanspruchung der Ohren/Augen)
- Fähigkeiten (Bsp.: Geschicklichkeit)
- Intelligenz
- Wissen
- zeitlicher Aufwand
- Verpflichtungen (Bsp.: mögliche Verfügbarkeit auch während der Freizeit, Arbeit erfordert mindestens 50h / Woche))
- Freude an der Arbeit
- Verantwortung (Bsp.: Verantwortung für den Erfolg einer Firma, Verantwortung für eine umwelt- und sozialverträgliche Gestaltung)
Prinzipiell gibt es zwei grundsätzliche Bewertungsmaßstäbe. Dabei geht der eine davon aus, dass vor allem die Leistung zählt, die eine Person für eine bestimmte Arbeit leisten muss; der andere geht davon aus, es zählt vor allem die Leistung, die dabei am Ende entstanden ist – unabhängig davon ob die Person dafür ursprünglich wenig oder viel eigene Leistung erbracht hat.
Ein wichtiger Streitpunkt ist dabei die Frage, wie angeborene, nicht veränderbare Eigenschaften bewertet werden sollen. Soll jemand mehr bekommen, weil er geschickter, schlauer ist oder sich Dinge besser merken als jemand anderes – oder sollen beide den gleichen Lohn erhalten, wenn Sie gleich lange arbeiten (aber unterschiedlich viel zustande bringen).
Weiterhin stellt sich die Frage, was als Arbeit bewertet werden soll und was nicht. Insbesondere bei der (eigenen) Kindeserziehung und bei gemeinnütziger Arbeit fallen die Meinungen recht unterschiedlich aus.
3. Das Zinsmodell
Der Verleih von Geld ist ein äußerst interessantes und mächtiges Instrument in unserem Wirtschaftssystem. Inzwischen beherrschen unzählige Firmen den Markt, die aus einer Kapitalmenge bestehen, die niemals ein einzelner Mensch aufbringen könnte. Der Gedanke hinter dem Zinssystem ist, beiden Beteiligten Vorteile bieten zu können. Durch die Aufnahme eines Kredites erhält man Geld, mit dem man seine Ideen verwirklichen kann, die einem auf Dauer Geld einbringen, so dass man am Ende das Geld inklusive Zinsen zurückzahlen kann und zudem für sich selbst etwas übrig bleibt. Als Verleiher von Geld hat man die Möglichkeit, Geld anzulegen, so dass es sich vermehrt und man nach einiger Zeit über mehr Geld verfügt.
Unabhängig von dem beiderseitigem Vorteil stellt sich die Frage, wie das Zinssystem innerhalb des Modells von Leistung und Verbrauch zu bewerten ist. Denn wenn man Geld verleiht, erhält man Leistungen beziehungsweise Ressourcen, ohne welche einzubringen. Das klassische Tauschmodell wird dadurch umgangen.
4. Soziale Konstrukte
Fernerhin greifen auch soziale Konstrukte und Vorstellungen in das klassische Tausch-System ein. Ein für uns selbstverständliches Konstrukt, das über mehr Einfluss verfügt, als sich die meisten vorstellen, ist das Erben. Grundgedanke ist dabei, dass Eltern ihre Kinder nicht nur aufziehen, sondern ihnen auch ihr Vermögen hinterlassen. Je nachdem, unter welchem Blickwinkel das Vererben betrachtet wird, entstehen dabei grundsätzlich unterschiedliche Bewertungen. Man kann das System als Möglichkeit betrachten, das es Eltern erlaubt, ein Vermögen anzuhäufen, um ihre Kinder auch nach ihrem Tod zu unterstützen. Eine andere Möglichkeit der Betrachtung, liegt darin zu fragen, ob es gerecht ist, wenn jemand etwas erbt. Wenn zwei Menschen, einer davon mit reichen und einer mit armen Eltern, über eine ähnliche Lebenssituation verfügen, kann der mit den reichen Eltern über weit mehr Ressourcen verfügen als der mit den Armen – und das obwohl beide die gleiche Leistung in das System bringen. Durch ein Erbe wird einem Menschen somit die Möglichkeit gegeben, mehr Ressourcen zu verbrauchen als er einbringt.
Eine weitere soziale Vorstellung und Festlegung ist der Gedanke des Urheberrechts. Wenn man etwas erfindet, hat man Anrecht auf ein Patent und hat das Recht, festzulegen wer die Erfindung nutzen darf und wer nicht. Schreibt man einen Text oder erschafft ein Kunstwerk, so darf man festlegen wer es, und zu welchen Konditionen, veröffentlichen darf. Somit wird die geistige Erschaffung von etwas einer Person zugerechnet, teilweise über ihren Tod hinaus. Im Gegensatz zu materiellen Gütern erlischt das Recht allerdings nach einiger Zeit und wird dann zu Allgemeingut. Ob es so eine Zeit gibt und wie lange diese gilt, sowie zu welchen Bedingungen bis dahin die geistigen Werke benützt werden dürfen, hängt dabei von den gesellschaftlichen Vorstellungen ab.
5. Moralische Vorstellungen
Alle bisher angesprochenen Punkte, wie die Bewertung von Leistung und Verbrauch, sowie welche wirtschaftlichen und sozialen Vorstellungen und Konstrukte angewandt werden sollen, hängen von den moralischen Vorstellungen ab und entstehen aus diesen. Somit haben diese den allergrößten Einfluss bei der Erschaffung eines gesellschaftlichen Verteilungssystems. Die grundsätzlichste Frage, die sich dabei stellt, ist, ob sich die Verteilung nach dem Verbrauch oder nach dem Erbringen von Leistungen erbringen soll.
Der Leistungsansatz, der insbesondere in der freien Marktwirtschaft Anklang findet, geht davon aus, dass jeder Mensch finanzielle Gegenmittel in dem Maße erhält, wie er Leistung eingebracht hat. Wenn jemand keine Leistung erbringt, erhält er kein Geld, arbeitet jemand sehr viel, erhält er umso mehr Geld. Der Gedanke dahinter ist, dass dieses System gerecht ist, da jeder selbst festlegen kann, wie viel er arbeiten möchte. Persönliche Vor- und Nachteile werden dabei nicht berücksichtigt. Wenn jemand geschickt und intelligent ist, erhält er den gleichen Lohn, wie jemand der doppelt so lang dafür braucht, weil er ungeschickt und nicht so intelligent ist.
Der entgegengesetzte Ansatz liegt darin, den Menschen nicht nach seiner Leistung, sondern nach seinem Verbrauch zu beurteilen. Prinzipiell erhält jeder Mensch genug finanzielle Mittel um seinen Bedarf an Ressourcen, an Nahrung, einer Wohnung, usw. zu decken. Wie viel Leistung er dabei erbringt und in das System einspeist in unabhängig, er erhält die Mittel auch, wenn er keine Leistung erbringt.
Neben diesen beiden Systemen existieren auch zahlreiche Mischformen, wie die soziale Marktwirtschaft, das bedingungslose Grundeinkommen oder das kostenlose und öffentliche Bereitstellen von Ressourcen (wie Trinkwasserbrunnen, das Verteilen von Nahrungsmitteln).
Die moralischen Vorstellungen dürfen in ihrer Bedeutung keinesfalls unterschätzt werden, so hängt beispielsweise von Ihnen ab, ob Putzfrauen und Bauarbeiter genauso viel, mehr oder weniger verdienen sollen als beispielsweise Ärzte. Sie legen fest, ob angeborene, nicht veränderbare Dinge in die Leistungsbewertung mit einfließen sollen oder ob der Umwelt ein Wert zugesprochen werden soll.
Die Liste stellt nur eine Ansammlung einzelner Punkte dar und ist unvollständig; ein weiterer wichtiger Punkt wäre zum Beispiel die Bildung. Als wichtiges soziales und wirtschaftliches Gut, sowie ein, nach Ansicht einiger, notwendiges Mittel für die persönliche Freiheit, spielt sie ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Diskussion um Leistung und Verbrauch. Grundsätzliche Fragen wären hierbei zum Beispiel ob eine Ausbildung jedem gratis zugänglich sein soll oder ob jemand, der eine Bildung in Anspruch nehmen möchte, den entsprechenden Ressourcenverbrauch als Leistung erbringen muss, sprich dafür etwas bezahlen soll. Eine weitere wichtige Frage wäre, ob Leute mit viel Wissen besser bezahlt werden sollen; beide Fragen hängen zusammen und bedingen sich gegenseitig.
Weiterhin muss man beachten, dass diese Liste theoretische, grundsätzliche Überlegungen beinhaltet.
In der realen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation hingegen fließen zahlreiche weitere Einflüsse ein; zudemm kommt es durch unterschiedliche Vorstellungen und Bewertungen in den einzelnen Ländern, die am weltweiten Wirtschaftssystem teilnehmen, zu erheblichen Einflüssen, die das Leistungsmodell stark verzerren.
So ist es für einen Menschen in diesem Staat wesentlich billiger, Kleidung aus der Türkei zu kaufen, die auf Kosten anderer Menschen und auf Kosten der Umwelt hergestellt wurde, als ein umwelt und sozial verträgliches Produkt aus Deutschland. Obwohl die Kleidung weit weniger kostete, wurde mehr an Ressourcen verbraucht, der finanzielle Aufwand stellt also kein Abbild am Verbrauch von Ressourcen dar. Das System gerät somit in eine (weitere) Schieflage. Ähnliche Beispiele gelten für regional produzierte Nahrung, Fair-Trade Produkte sowie allgemein für viele nachhaltig produzierte Produkte.
Über eine Diskussion, sowie über Vorschläge, Verbesserungen und Anmerkungen freue ich mich sehr.
Grüße
neo
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