1. Es muss schmecken
2. Es soll günstig sein (ein speziell in Deutschland ausgeprägtes Phänomen)
3. Es soll gesund sein (und nachhaltig produziert worden sein)
Zum ersten Punkt ist anzumerken: Was passiert mit kleinen Kindern, die nur Dinge essen die ihnen schmecken? Oder was würde mit unseren Vorfahren in der Steinzeit passiert sein, oder mit Naturvölkern heute, die nur Dinge essen wollen die "gut schmecken"?
Ich denke, wenn man den Geschmack eines Lebensmittels an die erste Priorität setzt, ist das zwar verständlich. Aber es ist weder gesund noch natürlich. Ich will jetzt nicht allzu sehr auf die Paläo Diät eingehen, aber es dürfte klar sein, dass die oft als Beispiel für gesunde Lebensweise herangezogenen Steinzeitmenschen diese Priorität nicht haben durften: Ich denke, sie aßen alles was verwertbar und erreichbar war. Natürlich waren sie wohl immer auf wilden Honig oder süsse Beeren aus, aber wenn es die nicht gab, dann war man auch mit Maden oder Heuschrecken zufrieden.
Zu diesem Anspruch, Dinge zu essen die gut schmecken haben wir heutigen westlichen Menschen noch ein großes Problem: Unser Geschmack ist nicht mehr natürlich geprägt worden, sondern die meisten von uns verdanken ihr Geschmacksempfinden der Industrie: Hier sind vor allem zu nennen:
künstliche Zugaben von
- raffiniertem Zucker,
- große Mengen Salz,
- Vanillearoma,
- Fett,
- Geschmacksverstärker
- künstlichen Aromen
Wir haben uns in den letzten Jahrzehnten so sehr an diesen industriell "aufgewerteten" Müll gewöhnt, dass Kartoffelchips "lecker" sind und Karotten "fade" (Die Karotte ist hier nur als ein Beispiel gedacht). Was hätte wohl der Steinzeitmensch getan, wenn man ihm eine Tüte Chio Chips unter die Nase gehalten hätte? Ich weiss es nicht, aber ich bezweifle dass er dieses Industrieprodukt gegessen hätte.
Wie schnell diese Gewöhnung an industriell "hochwertige" Nahrung geht, lässt sich gut bei den Eskimos und den Ureinwohnern Australiens erkennen, die in kurzer Zeit ihre historischen Essgewohnheiten den unseren anpassten.
Wenn wir jetzt den zweiten Punkt - preiswert - zu lecker hinzufügen, dann kommen wir zwangsläufig relativ schnell an einen Punkt, wo Essen billlig produziert werden muss: Und das geht sehr gut mit Aromen die aus Sägespänen hergestellt werden, aus Rind von Massentierhaltungen, aus nur 1-2 Getreidesorten die auf riesigen Feldern wachsen, die massenweise mit Stickstoff gedüngt werden, aber denen viele andere Nährstoffe fehlen...
Nehmen wir jetzt den 3. Punkt noch hinzu, das Essen soll gesund sein, und verbinden ihn mit den ersten beiden: Wir erkennen recht schnell, dass diese 3 Anforderungen gleichzeitig nicht erfüllbar sind.
Wir können zwar etwas haben, das billig und lecker ist (wobei der Maßstab für lecker nicht die Natur, sondern die Industrie ist), aber dann ist es nicht gesund.
Oder wir können es lecker haben und gesund, aber dann ist es nicht mehr preiswert. Denn es ist Qualität erforderlich um gesunde Nahrungsmittel zu produzieren, und Qualität von Nahrungsmitteln hat ihren Preis.
Wir können es eventuell auch billig und gesund haben... nur passt es dann nicht mehr in unser künstliches Schema von lecker.
Wenn wir also - im Rahmen einer Diät z.B. - die Auffassung haben, die Lebensmittel sollen gleichzeitig lecker, billig und gesund sein, dann müssen wir erkennen, dass das nicht geht. Jedenfalls nicht mit unserem durch Zusätze geprägten Geschmack. Wenn wir diese Erwartung haben bei der Auswahl unserer Lebensmittel, dann müssen wir letztendlich scheitern, weil es solche Lebensmittel kaum gibt.
Ein erfolgversprechender Weg, der diesen Widerspruch zwischen den 3 Zielen auflösen kann, besteht darin, seinen Geschmack zu verändern. Denn unser Geschmacksempfinden für süss, sauer, salzig, bitter ist zwar angeboren; nicht aber unser Geschmacksempfinden für industriell hergestellte Nahrungsmittel mit allerlei Zusätzen. Der Geschmack und die Vorliebe für bestimmte Nahrungsmittel ist antrainiert und gelernt, aber nicht ererbt oder angeboren. Das bedeutet, dass unser Geschmacksempfinden auch verändert werden kann.
Ich denke, der einzige Weg um lecker, günstig und gesund halbwegs unter einen Hut zu bringen, besteht darin, sich ein positives Geschmacksempfinden für Naturprodukte beizubringen und die "veredelten" Nahrungsmittel zu meiden. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das ganze dann immer noch zum Discounter-Tarif für 99 Cent zu haben sein wird.
Die Art über Nahrungsmittel so zu denken wie wir es heute im Westen tun, ist eine Überforderung mit Ansprüchen: Wir fordern Dinge von Nahrungsmitteln, die diese nicht leisten können. Wir müssen uns einmal vor Augen führen: Jahrtausende lang assen die Menschen mehr oder weniger das was es gab - aber heute muss jede Mahlzeit und jedes Lebensmittel gut schmecken. Wir sollten uns darüber klar werden, dass die oben genannten 3 Punkte zwar erfüllbar sind - aber in den wenigsten Fällen gleichzeitig durch EIN Nahrungsmittel, und wir sollten uns darauf einstellen, zu entscheiden was wir wirklich wollen, und worauf wir verzichten können.
Dummheit frisst, Intelligenz säuft
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von jensfrobisch ()