02 - Was ist Fotografie?

  • Lektion

  • Konradin
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  • 02 - Was ist Fotografie?

    KLEINER FSB-FOTOKURS IN EINZELNEN KAPITELN

    02 - WAS IST FOTOGRAFIE UND WARUM FOTOGRAFIEREN WIR ÜBERHAUPT?


    Wenn man sich mit Fotografie auseinandersetzt, dann merkt man ziemlich schnell, daß es offenbar recht unterschiedliche Auffassungen über Fotografie gibt, von denen einige aber auch recht unsinnig sind.

    Eine weitere Frage ist, wozu dient Fotografie überhaupt und eine der ganz schwierigen Fragen ist, was ist ein gutes Bild und was ein schlechtes.

    Ich möchte ein wenig Licht in das Dunkel dieser Fragen bringen, auch wenn es manchmal fast schon einer Gratwanderung gleichkommt. Denn für einiges gibt es auch objektive Kriterien und subjektive ohnehin.

    Was ist Fotografie?


    Fotografie ist das Herausnehmen eines willkürlichen Augenblicks aus dem zeitlichen Kontext in optischer Form, um ihn zu einem anderen Zeitpunkt wiederbeleben zu können. Dieses Wiederbeleben erzeugt ein Bild und letztendlich ist es egal, in welcher Form es vorhanden ist.

    Ich kann mit dem 'geistigen Auge' fotografieren, dann entsteht das Bild später ausschliesslich in meiner Erinnerung (aus diesem geistigen Bild liesse sich ein kompletter Roman ableiten, so man will). Dann kann ich auch analog fotografieren, also Fotoplatten, Negativ- oder Diafilme oder im Extremfall sogar Fotopapier belichten. Das Ergebnis sind (nach einer gewissen Bearbeitung) entweder direkt vorzeigbare Ergebnisse wie Dias oder Zwischenergebnisse wie Negative, welche für das fertige Bild noch einige weitere Arbeitsschritte benötigen.

    Zu guter letzt kann ich auch digital einen Sensor belichten, was in etwa dem Belichten eines Filmes entspricht, aber einige Zwischenschritte überflüssig macht. Auch hier ist das Ergebnis ein sichtbares Bild, entweder in gedruckter (oder belichteter) Form meist auf Papier oder auf dem Bildschirm.

    Alle dieser Verfahren haben Vor- und Nachteile, auf welche ich an dieser Stelle im Einzelnen nicht eingehen möchte.

    Was ist Fotografie nicht?


    Ein unmittelbares Abbild der Realität.

    Warum fotografieren wir?


    Einerseits fotografieren wir, um Augenblicke in der Hoffnung einzufangen, sie später wieder zeigen zu können. Leider erfordert dies ein gewisses Abstaktionsvermögen und eine gewisse Disziplin. Denn wenn ich auf einer Urlaubsreise irgendetwas fotografiere, um meiner Urlaubsstimmung Ausdruck zu verleihen, dann wird diese Stimmung auf dem Bild nicht mit eingefangen und es entsteht oft ein recht langweiliges Bild, wie man es zu Dutzenden sehen kann.

    Bin ich gerade in Paris und möchte ich ein 'typisches' Bild vom Eiffelturm haben, dann kaufe ich besser eine Postkarte. Denn als Amateur habe ich nicht unbedingt die passende Ausrüstung vor Ort, kann nicht auf die besten Wetter- und Lichtverhältnisse warten und habe mitunter auch keinen Zugang zum geeigneten Aufnahmestandort.

    Möchte ich ein 'gutes' Bild von mir vor dem Eiffelturm, dann fahre ich nicht nach Paris, sondern stelle mich vor ein projiziertes Bild oder ich positioniere mich per Bildbearbeitung vor den Eiffelturm. Wenn dies halbwegs professionell gemacht wird, dann wirkt es genauso authentisch (und oft besser) als ein Gelegenheitsschnappschuß in Paris.

    Anders ist es, wenn ich eine ungewöhnliche Perspektive haben möchte oder ein Ergebnis haben möchte, welches sich von dem 'typischen' Eiffelturm unterscheidet. Das muss ich dann schon selber machen.

    Aber man kann mit Bildern tatsächlich etwas dokumentieren. Die Beschreibung einen Unfallherganges kann ich durch Beweisfotos untermauern oder ich kann den Familienschmuck fotografieren, um ein Wiederauffinden nach einem Diebstahl zu erleichtern. In der Kriminalistik wird vieles dokumentiert, weil es sonst als Beweismittel nach kürzester Zeit verschwunden wäre. Und dann das Passbild. Es dokumentiert, wie ich zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgesehen habe, was übrigens auch keineswegs dem aktuellen Zustand entsrechen muss.

    Dokumentieren kann ich aber auch den Wechsel der Jahreszeiten oder das Wetter, indem ich z.B. immer den selben Baum fotografiere und die Bilder anschliessend gegenüberstelle.

    Ich kann mit Bildern lügen, indem ich einen bestimmten Bildausschnitt wähle und etwas bewusst weglasse, durch die Wahl der Brennweite und der Perspektive, ja sogar durch die Wahl der Farben. Mache 10 Bilder von einem Sonnenuntergang und du wirst sehen, daß du 10 verschiedene Sonnenuntergänge hast. Und keiner davon ist der subjektiv Gesehene.

    Ok, nun haben wir über den dokumentarischen Aspekt des Fotografierens bzw. der Erinnerung geredet, aber es gibt auch andere. Man kann fotografieren, um einer Aussage Ausdruck zu verleihen ('ein Bild sagt mehr als 1000 Worte'). Wir zeigen ein bestimmtest Gefühl und transportieren es über ein Bild (wobei das Motiv zweitrangig ist).

    Ein Gesicht kann ich auf viele unterschiedliche Arten fotografieren und mit jedem Bild lässt sich ein anderer Eindruck gewinnen. Von verspielt-ästhtisch bis horrorhaft ist alles möglich. Es liegt im Auge des Fotografen, was er aus einem Gesicht macht.

    Besonders deutlich wirkt sich die Motivation des Fotografen (aber auch des Betrachters) bei Aktbildern aus. Den je nach Standpunkt ist ein und dasselbe Bild für den Einen hocherotisch, für den Anderen aber bereits pornografisch. Wie gesagt, oft liegt es im Auge des Betrachters (und an dessen Scheuklappen und Tabus).

    Weitere Gründe zum Fotografieren könnten sein, einem künstlerischen Impuls zu folgen und etwas aus dem alltäglichen oder auch inszenierten Kontext herauszureissen um es in einer Galerie optisch präsentieren zu können. Und es gibt sicher noch einige weitere Gründe.

    Den Bereich der Manipulation durch Bildbearbeitung habe ich an dieser Stelle erst einmal vereinfachend weggelassen. Der kommt dann noch hinzu.

    Bleibt noch die Frage der Qualität.


    Es gibt gute Bilder und es gibt schlechte Bilder. Vereinfacht ausgedrückt ist ein gutes Bild eines, welches seine Botschaft so transportiert, daß sie beim Betrachter ankommt. Denn ästhetische Kriterien sind keineswegs immer gefragt. Oft schon, aber eben nicht immer.

    Wenn es um den Wiedererkennungswert eines Gegenstandes geht, dann ich ein gutes Bild eines, auf welchem man ihen sofort eindeutig wiedererkennt. Es gibt Foren, in denen die Leute Bilder von irgendetwas zeigen und bei Kritik an der Bildqualität sofort losmaulen, daß es hier nicht um die Bildqualität gehe, sondern um dern gezeigten Inhalt. Dieser Vorwurf ist natürlich barer Unsinn, denn wie soll ich etwas optisch beurteilen können, wenn die Bildqualität so mies ist, daß ich es nicht einmal richtig erkennen kann?

    In der Realität ist die Entscheidung über die Qualität eines Bildes allerdings oftmals weitaus schwieriger, wenn objektive Kriterien nicht allein den Ausschlag geben, sondern auch subjektive Empfindungen mit eine Rolle spielen. Nur, einen ganz bestimmten Fehler darf man dabei niemals machen. Es geht dabei nämlich IMMER um den Blickwinkel des Betrachters, das sollte der Fotograf niemals vergessen. Ein Bild der lieben Erbtante am Strand bleibt für den Betrachter solange langweilig, solange es der Fotograf nicht schafft, seine Empfindungen der Erbtante gegenüber nicht in das Bild mit einfliessen zu lassen und solange bleibt es eben ein langweiliges Dutzendbild einer ihm unbekannten Person. Schliesslich ist der Betrachter lediglich Betrachter und kein Hellseher.


    Damit lasse ich es erst einmal auf sich bewenden und frage euch, was ihr davon haltet und wie ihr das seht. Die Diskussion ist hiermit eröffnet.

    lg Konradin


    Dieser Beitrag wurde bereits 10 mal editiert, zuletzt von Konradin ()

  • Gute Arbeit, Konradin.
    Eigentlich gibt es da nicht viel zu diskutieren, da es im Großen und Ganzen passt.
    Über Feinheiten kann man reden.

    Konradin schrieb:


    Bleibt noch die Frage der Qualität.

    Es gibt gute Bilder und es gibt schlechte Bilder.

    ...

    Dieser Vorwurf ist natürlich barer Unsinn, denn wie soll ich etwas optisch beurteilen können, wenn die Bildqualität so mies ist, daß ich es nicht einmal richtig erkennen kann?


    Der erste Punkt (gute-schlechte Bilder) ist auch Geschmacksache, der besonders bei abstrakten Bildern zum Tragen kommt.

    Der zweite Punkt trifft im Extremen natürlich so zu (nicht richtig erkennen). Wenn aber die Qualität nur nicht ganz optimal ist, kann ein technisch perfektes Bild, bei dem aber das Gefühl nicht rüber kommt, trotzdem nicht ganz überzeugen oder sogar schlechter sein.
  • HotPi schrieb:

    Der erste Punkt (gute-schlechte Bilder) ist auch Geschmacksache, der besonders bei abstrakten Bildern zum Tragen kommt.

    Ich sehe den Unterschied nicht so ganz, denn abstrakte Bilder müssen ebenso gewissen Ansprüchen genügen (sofern es sich nicht um einen Etikettenschwindel handelt). Entweder entsprechen sie gewissen ästhetischen Ansprüchen oder sie drücken etwas aus (z.B. einen abstrakten Begriff wie 'Ruhe').

    Gelingt es dem (auch abstrakten) Bild, seine ihn zugedachte Botschaft zu übermitteln, dann ist es gut. Gelingt es ihm nicht, dann hat es eigentlich seinen Zweck verfehlt.

    Es ist wie bei der Werbung. Gute Werbung ist nicht Werbung, die vordergründig gefällt, sondern solche, die Umsatz macht (denn dazu ist Werbung da).

    Letzten Endes liegt es aber auch an mir als Fotograf, welche Botschaft ich vermitteln will und in welchen Kontext ich sie stelle. Hierzu ein kleines Beispiel. Auf dem Landfrauenmarkt in Ilienworth habe ich einer Bilderserie gemacht, in welcher ich Bilder der Kuchentheke sowie der Warteschlange davor gezeigt habe. Nun folgt ein Blick aus dem Fenster:



    Normalerweile erwarten man den sitzenden Mann im Vordergrund scharf, mein Bedarf an scharfen Kuchenfotos war hingegen bereits gesättigt und so fand ich das Motiv mit stattdessen scharfem Hintergrund weitaus aubwechslungsreicher und interessanter.

    Wenn es tatsächlich auf den Mann im Vordergrund angekommen wäre, dann wäre die Umsetzung wohl ein Fehler. So aber dient der Mann im Vordergrund lediglich als Übergang zum Fahrrad. Er ist ausreichend genug erkennbar um den Fokus einen Moment auf sich zu ziehen, dann aber auch wieder unscharf genug, den Fokus wieder für weitere Dinge wie eben das erwähnte Fahrrad freizugeben.

    Man lernt daraus im konkreten Fall: das vordergründige Ziel ist eigentlich nichtig und das scharfe Leben spielt sich im oberen Drittel hinter einem Zaun ab. ;)

    HotPi schrieb:

    Der zweite Punkt trifft im Extremen natürlich so zu (nicht richtig erkennen). Wenn aber die Qualität nur nicht ganz optimal ist, kann ein technisch perfektes Bild, bei dem aber das Gefühl nicht rüber kommt, trotzdem nicht ganz überzeugen oder sogar schlechter sein.


    Ganz optimal ist die Qualität in den seltensten Fälle, entscheidend ist, ob sie für den jeweiligen Bestimmungszweck ausreicht oder nicht. Ein technisch perfektes Bild mag perfekt sein, wenn es um die Beschreibung eines Gegenstandes geht. Aber Perfektion und Gefühl schliessen sich aus, da muss man sich für einen der Pole entscheiden.

    Viele Landschafsbilder sind im Grunde genommen keine akribischen Landschaftdarstellungen im Sinne einer möglichst naturgetreuen Wiedergabe. Oft sind sie Stimmungbilder, gemacht am Beispiel einer dem Fotografen vertrauten Landschaft. Bei der Landschaftsmalerei ist es übrigens ähnlich.

    Die erkennt man auch recht gut an Bildkommentaren wie 'eindrucksvoll', 'natürlich', 'herrlich' oder auch 'pittoresk'. Ginge es stattdessen um eine möglichst originalgetreue Wiedergabe der Landschaft, dann wären die Kommentare eher 'authentisch', 'naturgetreu' oder auch 'realistisch'.

    P.S. Danke übrigens für dein Lob.

    Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von Konradin ()

  • Servus Konradin, ich finde deinen Beitrag super, möchte aber auch zu einigen Aussagen meinen Senf dazugeben.
    Was ist Fotografie nicht?
    Ein unmittelbares Abbild der Realität.
    Ich finde dass ein gerade Schnappschuss schon ein unmittelbares Abbild der Realität darstellt. Also Kamera hochgerissen und auf den Auslöser gedrückt - der Moment in einer Situation, eine 10tel Sekunde der Realität, ist somit in einem Bild festgehalten oder wie du so schön formuliert hast
    Fotografie ist das Herausnehmen eines willkürlichen Augenblicks aus dem zeitlichen Kontext in optischer Form
    .
    Bleibt noch die Frage der Qualität.
    Kann man heutzutage überhaupt noch qualitativ schlechte Bilder machen? Ich benutze seit einigen
    Jahren Digitalkameras im mittleren Preisbereich - also Panasonic Lumix -und habe festgestellt, dass - egal ob im Halbdunkel ohne Blitz, ein Vogel der fliegt oder Aufnahmen aus dem fahrenden Auto, in der Regel immer noch eine gute bis teilweise sehr gute Qualität herauskommt. Haha, bevor die Frage kommt, ja eine gute Qualität ist mir schon wichtig. (Leider darf ich noch keine Bilder posten), Also frage ich, kann man heutzutage überhaupt noch Qualitätsmäßig schlechte Bilder bringen, wenn man technisch soweit ist seine Bilder im Netz zu posten? Vielleicht eine naive Frage, aber ich stelle sie mal hier. Hoffentlich habe ich mich nicht zu umständlich ausgedrückt.

    Hier gebe ich dir zu 100% Recht
    Nur, einen ganz bestimmten Fehler darf man dabei niemals machen. Es geht dabei nämlich IMMER um den Blickwinkel des Betrachters, das sollte der Fotograf niemals vergessen. Ein Bild der lieben Erbtante am Strand bleibt für den Betrachter solange langweilig, solange es der Fotograf nicht schafft, seine Empfindungen der Erbtante gegenüber nicht in das Bild mit einfliessen zu lassen und solange bleibt es eben ein langweiliges Dutzendbild einer ihm unbekannten Person.


    Ich finde es gibt keine guten oder schlechte Bilder, nur für den Einen Betrachter uninteressante oder unscharfe Bilder - der Rest ist gut bis beeindruckend ... ähem meine Meinung halt.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von riverbee ()

  • riverbee schrieb:

    Ich finde dass ein gerade Schnappschuss schon ein unmittelbares Abbild der Realität darstellt. Also Kamera hochgerissen und auf den Auslöser gedrückt - der Moment in einer Situation, eine 10tel Sekunde der Realität, ist somit in einem Bild festgehalten oder wie du so schön formuliert hast.

    Ein unmittelbares Abbild kann er nicht sein, denn er nimmt dem Auge Möglichkeiten, welche es in der Realität hat (z.B. die Wahl, auf ein Teilobjekt zu fokussieren).

    Welcher Schnappschuss wäre dann deiner Meinung nach 'unmittelbarer', der mit einem Supertele oder der mit einem Fisheye?

    Mehr dazu im Kapitel '03 - Sehgewohnheiten und deren Umsetzung'.

    riverbee schrieb:

    Kann man heutzutage überhaupt noch qualitativ schlechte Bilder machen?

    Man kann. Ich erlebe es täglich dutzendfach, selbst in Fotoforen.

    Es ist eine mittlerweile verbreitete Unsitte, sich beim Fotografieren schon mehr auf das anschliessende Hochladen und Zeigen zu konzentrieren, als auf den Fokus oder gar die Motivwahl. Oft misslingen Bilder, weil einer unbedingt etwas zeigen möchte und dabei näher an das Motiv herangeht, als es Kamera und Objektiv zulassen. Das Ergebnis ist dann ein total unscharfes Irgendwas vor scharfem Hintergrund.

    Der gegenteilige Effekt ist, daß alles auf dem Bild scharf ist (ich weiss, viele bezeichnen genau das als gute Qualität). Sorry, aber ein Portrait, welches im unruhigen Hintergrund untergeht, der möglicherweise noch schärfer ist als das Gesicht, ist für entweder ein abschreckendes Beispiel oder Pixelschrott.

    Man kann Bilder nicht nur bei ungünstigen Lichtverhältnissen 'totblitzen'. Der eingebaute Blitz ist eines der probateren Mittel, aus einem mässigen Bild ein schlechtes zu machen. Es geht auch anders, aber offenbar nur für eine Minderheit.

    Entwerten kann man Bilder auch durch unvorteilhafte Setup-Einstellungen, nachträgliche Bearbeitung oder das richtige Motivprogramm zur falschen Zeit.

    Eine weitere Unsitte ist es, Bilder durch knallige Farben zu verunstalten (bonbonfarbene Landschaften) oder sie total zu überschärfen. Als Comic mag dies durchgehen, als Bild hingegen wohl eher nicht.

    Ich habe schon Erotikbilder mit Datums- und Uhrzeiteinblendung gesehen. Die Erotik blieb bei diesen Bildern freilich auf der Strecke.

    Oft werden auch Bilder in Grössen gezeigt, die sich allenfalls als Avatar eignen würden. Gebt den Bilder einen gezahnten Rand und schenkt sie Briefmarkensammlern. Mir jedenfalls sind meine Augen für solche 'Kunstwerke' zu schade.

    Noch einmal zurück zu den gleichmässig scharfen Bildern. Das Problem ist, daß sie eine Qualität vorgaukeln, welche sie dann doch nicht erfüllen. Das Auge ermüdet auf der Suche nach Teilmotiven, denn es bekommt ja durch die gleichbleibende Schärfe keine Hilfestellung mehr. Habe ich mehr als Zehn dieser scharfen Bilder gesehen, dann denke ich nur noch an Eines: eine wohlverdiente Pause für meine Augen.

    Irgendwann ist man mit den gleichmässig scharfen Bildern durch und blendet sie einfach weitestgehend aus, so wie man es bereits mit Werbeplakaten macht.

    Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Konradin ()


  • Ein unmittelbares Abbild kann er nicht sein, denn er nimmt dem Auge Möglichkeiten, welche es in der Realität hat (z.B. die Wahl, auf ein Teilobjekt zu fokussieren).

    Ich habe mit *unmittelbar* folgendes gemeint - z.B. ich sehe ein Tier in einer bestimmten Situation, nehme meine Kamera die ich gerade zufällig in der Tasche habe und fokussiere das Tier in dieser Situation und halte somit diesen Moment unmittelbar real fest*.
    Welcher Schnappschuss wäre dann deiner Meinung nach 'unmittelbarer', der mit einem Supertele oder der mit einem Fisheye? Schnappschuss mit Supertele oder Fisheye? - ist das geeignet für Schnappschüsse?
    Also ich nehme an dass ich hier nicht in deiner Dimension denke - dazu fehlen mir wohl die Fachkenntnisse ;).
    Ja *Sehgewohnheiten und deren Umsetzung habe ich gelesen*:read:

    Bei dem Thema schlechte Qualität in Foren - ja da hast du Recht! Ich reise viel in *exotische Länder:cool:* an Plätze wo wenig bis keine Touris sind - und mache gerne aussagekräftige Bilder. Bilder mit Pixelsalat oder Nebelflecken (unscharf) werden sofort gelöscht. Wenn ich dann welche veröffentliche, achte ich sehr auf die Intension die dabei rüberkommen soll. Da zählen bei einem Gesamtbild für mich die richtigen Farben und die Stimmung, bei einem Bild mit Einzelaussage natürlich das richtige Motiv in der passenden Position. Ich habe gar nicht bedacht dass jemand das anders machen könnte.
    Danke dass du so ausführlich auf meine Antwort eingegangen bist. Kann bestimmt noch viel von dir lernen!!

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von riverbee ()

  • riverbee schrieb:

    Ich habe mit *unmittelbar* folgendes gemeint - z.B. ich sehe ein Tier in einer bestimmten Situation, nehme meine Kamera die ich gerade zufällig in der Tasche habe und fokussiere das Tier in dieser Situation und halte somit diesen Moment unmittelbar real fest*.

    Nimm mal ein Zoomobjektiv und mache damit zwei Schnappschüsse von dem Tier - einmal im Weitwinkelbereich und das andere mal so weit wie möglich herangezoomt.

    Auf dem einen Bild hast du eine Landschaft mit einem Tier in der Bildmitte. Auf den anderen Bild hat du das Tier allein. Beide Bilder nahezu zeitgleich in nahezu derselben Situation. Zwei völlig verschiedene Bilder, aber dennoch die gleiche Realität.

    Auf beiden Bildern wurde (fast) genau der gleiche Moment festgehalten und selbst die Blickrichtung war mehr oder weniger identisch.

    Du siehst, die Wahl der Brennweite (des Objektives) spielt nicht nur für die Bildwirkung, sondern auch für das, was überhaupt dargestellt wird, eine wesentliche Rolle.

    Und nun zurück zu meiner Frage: welches diese beiden Bilder gibt die Realität 1:1 wieder? Ich fürchte, keines. Denn sie sind lediglich Teilausschnitt eines gesehene Moments, zu dessen hinreichender Beschreibung mehr als nur ein Einzelbild nötig ist.

    In der Realität konnen wir uns (auch für diesen Moment) aussuchen, worauf wir fokussieren, auf die Landschaft oder auf das Tier. Auf den Bildern wurde uns diese Entscheidung bereits abgenommen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Konradin () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Servus, jetzt verstehe ich wie du das siehst.
    In der Realität konnen wir uns (auch für diesen Moment) aussuchen, worauf wir fokussieren, auf die Landschaft oder auf das Tier. Auf den Bildern wurde uns diese Entscheidung bereits abgenommen.

    Du meint das Gesamtpaket, also alles was mich in diesem Moment umgibt und was sich abspielt... die Ameise die über meinen Fuß läuft, der Wind der Dinge bewegt die sich bewegen lassen, etc und ich mit meiner Kamera halte nur einen Mini-Makro-Part davon fest - richtig? Gell jetzt hab ich es auch gecheckt:D
  • Naja, nicht unbedingt das Gesamtpaket, aber zumindest alles von Relevanz.

    Die Ameise ist wahrscheinlich vernachlässigbar, aber alles, was die Bildstimmung ausmacht, sollte nicht unter den Tisch gekehrt werden. Denn in erster Linie fängt man kein direktes Abbild der optischen Realität eines Augensblicks ein, sondern hält eine Stimmung fest, welche einen inspiriert hat, genau dieses Bild zu machen und dies ist eine höchst subjektive Sache.

    Wenn ich zehn Leute mit Kameras nebeneinanderstelle, zeitgleich den gleichen Sonnenuntergang mit jeweils einem Bild einzufangen, dann ist der wiedergegebene Sonnenuntergang präzise derselbe, die Ergebnisse entscheiden sich aber mitunter drastisch, selbst in den Farben.
  • Bisher haben wir uns ganz auf das visuell Wahrnehmbare konzentriert und nun möchte ich meine obige Aussage noch etwas erweitern.

    Man stelle sich einen idyllisch gelegenen Picknickplatz vor. Eine kleine Personengruppe mit Hund beim Picknick, links und rechts Wald und Wiesen, in der Mitte ein Tal mit einem kleinen Dorf, dahinter die Berge. Es dürfte keinerlei Probleme bereiten, diese Idylle mit fotografischen Mitteln festzuhalten. Alle Brennweiten, alle Formate, alles (rein Visuelle) ist erlaubt.

    Nun setzen wir die Ohrenschützer ab und drehen uns etwas an die Seite. Denn keine zehn Meter neben dem Picknickplatz befindet sich eine stark befahrene Autobahn. Kein Idyll mehr, sondern nur noch einfach Lärm.

    Jetzt setzen wir auch die Nasenklammer ab und wenden unseren Blick auf die andere Seite, der danebenliegenden Müllkippe zu. Nun verschwindet auch noch der restliche Eindruck des Idylls.

    In der Praxis ist es so, daß ich mir selbst bei den täglichen Spaziergängen mit Hilfe des Bildausschnitts eine intakte Natur vorgaukle, die so hier nicht zu haben ist. Teilweise muss ich mehr Aufmerksamkeit dafür aufbringen, herumliegenden Müll nicht mit auf das Bild zu bekommen, als daß ich mich tatsächlich rein gestalterischen Überlegungen hingeben kann.



    Auf den üblichen Bildern sieht man davon natürlich nichts. So viel zum Thema Realität.