Gedanken zum Thema Selbstmord

  • Diskussion

  • Konradin
  • 3466 Aufrufe 44 Antworten

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

  • Tourkatze schrieb:

    Was ich so nicht stehenlassen will. ist, dass Mütter keinen Selbstmord begehen (oder nur erweiterten).

    Nein, so ausschliesslich war das keinesfalls gemeint, es kommt nur bei Müttern selterner vor.

    Generalisieren kann man ohenhin nichts, was mit Menschen zu tun hat, dazu sind diese einfach zu verschieden. Aber dennoch gibt es auffällige Anhäufungen verschiedener Faktoren.

    Dein Fall zeigt, daß es sich bei dir nicht um die schiere Verzweiflung handelt, die Familie nicht mehr über die Runden bringen zu können, sondern du hast ja noch eine (zumindest halbwegs) intakte Familie, in welcher es auch noch einen Vater gibt und so ist das Problem in erster Linie dein Problem und weniger ein Familienproblem (auch wenn die anderen Familienangehörigen durchaus in einem gewissen Rahmen miteinbezogen werden).

    Gibt es hingegen keinen Partner/Vater für die Kinder, dann ist die Abhängigkeit der Kinder eine wesentlich direktere.

    So, wie es ist, kannst du es dir leisten, die Verantwortung (auch für die Kinder) an den Partner zu delegieren und dieser ist zuzusagen das Sicherheitsnetz für die Kinder. Wärest du hingegen allen, dann hättests du da deutlich weniger Spielraum, wenn du deine Verantwortung für die Kinder Ernst nimmst.
  • Öhm - eine intakte Familie gibt und gab es nicht - der Vater der Kinder ist wieder verheiratet und hat weitere Kinder...
    Aber er hatte und hat regelmäßigen Kontakt zu unseren gemeinsamen Kindern - sie waren dann auch während meines langen Klinikaufenthaltes bei ihm.

    Weiter will ich mich nicht dazu auslassen - aber ich bin der Meinung, dass der Tod natürlich nicht immer die beste Lösung ist - will sagen, dass nur weil ICH vielleicht nicht mehr leben will, muss das nicht auch für die Kinder gelten.

    Ich habe auch in der Klinik einige Menschen kennengelernt, die durchaus unterscheiden, ob DAS Leben prinzipiell sch.. ist - oder eben nur das eigene Leben...

    Wenn man also nur das eigene Leben nicht mehr lebenswert findet, nimmt man niemanden mit.
  • Kurz Hallo, bin neu hier und gleichmal dieses Thema entdeckt.
    Ja der Selbstmord Tod von Robin Williams hat auch mich getroffen, da ich ein großer Fan seines schauspielerischen Könnens bin.
    Ich für meinen Teil kann auch ein Lied von Selbstmord Gedanken singen. Ging schon in der Kindheit los mit der ersten Liebe und so...
    Gab einige Tiefschläge in meinem Leben die für manch andere Leute vielleicht einfach überwindbar sind oder laecherlich erscheinen. Hatte mit finanziellen Problemen zu tun. Bin jetzt seit knapp 5 Jahren in Dauerschulden und sehe kein Ende davon hab aber aufgehört mir einen Kopf darüber zu machen. Es gibt schlimmers im Leben.
    Der Verlust von vertrauten Menschen ist etwas das viel tiefere Wunden schlagen kann.

    Mit 100 von Stunden in psychologischer Hilfe investiert die nur gering was brachten hab ich mich auf eine Leidenschaft focusiert die mein Leben lebenswert macht, abgesehen von den wenigen netten Menschen in meinem Umfeld die Freunde nennen kann und mein Dasein auf dieser Welt erträglich machen.
    Ich kann mich den Worten der werten Mitschreiber nur anschließen. So lang man sein eigenes Leben lebenswert fürt und das gefühl hat nicht allein zu sein hält man an etwas fest und lebt sein bescheidenes Leben weiter, mit seinen vielen Talfahrten.
  • Wirklich wirklich ein sehr heikles Thema - ich danke Euch für die Diskussionen und Ursachenforschungen.
    Ich gehöre unglücklicherweise zu den Menschen, die als erste Kobtakt zu dem haben, der sich entschlossen hat seinem Leben ein Ende zu setzen. Dabei gibt es kaum Unterschiede, ich treffe auf Jung und Alt, Frau und Mann, reich und arm, sogar ein Kind war dabei.
    Meine eigene Erfahrung hat allerdings mir bestätigt, dass sehr stressgeplagte Menschen zu meinen häufigeren "Kunden", direkt gefolgt von sozial Schwachen. Stress wird dabei von mir nicht eng definiert.

    Ich las vorhin, wer sich umbringen will kann nicht darann gehindert werden (sinngemäß). Da ist was dran. Die ihren Suizid ankündigen, hoffen letztendlich noch auf eine späte Rettung - so ganz haben sie sich nicht entschieden.
    Derjenige, der abgeschlossen hat kann nur gerettet werden, wenn Du ihn überrascht. Eine andere Möglichkeit sehe ich kaum, es ist unglaublich schwer jemanden "herabzusprechen", wenn Du keine überzeugende Argumentation findest und das Gegenüber sich nicht öffnet.
    Ich habe da ein Beispiel, erst wenige Wochen her:
    Eine depressive Frau stand auf einer Brücke, um in den Tot zu springen. Ein Autofahrer sprach auf sie ein, erzielte aber kein Ergebnis - die Frau schien nicht ansprechbar.
    Dann kamen mein Team und ich dazu. Nachdem der Autofahrer uns das Geschehen erläuterte, war uns klar - no chance. Sie wird springen. Sie zitterte schon am ganzen Körper, der eine Fuß tastete zum Rand. Wir haben und dann zunächst zu zweit aus dem toten Winkel genähert und die Frau dann mit schierer Körperkraft überwältigt. Sie wurde in eine Klinik gebracht.
    Und mal nur so nebenbei - der Autofahrer und zwei Leute meines Teams mussten psychologisch betreut werden.

    Wenn Ihr jemals auf einen Suizidenten trefft, nehmt immer den schlimmsten Fall an, seid aber bitte sehr einfühlsam. Aber die Annahme des schlimmsten Falles bereitet Euch wenigstens etwas vor, wenn es passiert. Obwohl vorbereitet könnt ihr nicht wirklich sein.
    Im Zweifelfall, wenn Ihr Euch selbst nicht sicher seid, lasst es! Holt die Profis!
    Jeden Abend steht der Teufel an meinem Bett und bewundert seine Schöpfung
  • Ok, ihr habt die Frau mit schierer Körperkraft 'gerettet'. Was aber, wenn sie zwei Tage später wieder auf die gleiche Brücke geht und diesmal klappt ihr Vorhaben?

    Ich sehe es jetzt nicht so sehr aus Sicht der Frau (denn wenn sie wirklich will, dann erzwingt fer Klinikaufenthalt höchstens einen kurzen Aufschub), sondern aus sich der Retter. Was, wenn ihr zwei Tage später erfahrt, daß sie es wiederholt hat und mit welchem Ergebnis. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie ihr euch dann fühlt.

    Anders ist es, wenn jemand einigermassen verzweifelt ist und nicht so ganz den Überblick zu haben scheint, so daß es machbar erscheint, ihm Perspektiven aufzuzeigen. So jemanden kann man wirklich 'retten'. Allerdings muss man auch hier wissen, wie. Da sind mitunter schon echte Profis gefragt (oder aber auch Leidensgenossen wie z.B. ich).

    Mein Vorteil ist, daß ich die Situation völlig empathielos analysieren kann und dann entscheide, ob ich interveniere, oder aber auch nicht. Ich stehe nicht unter Erfolgsdruck und es belastet mich nicht. Wenn ich glaube, daß jemand eigentlich nicht will oder daß er möglicherweise einen Denkfehler macht, dann mische ich mich ein, sonst nicht.

    Ich engagiere mich gerne, wenn Menschen irgendwelche Probleme haben, aber ich muss von der sinnhaftigkeit schon halbwegs überzeugt sein. Und wenn ich davon überzeugt bin, daß das schnelle Ende im konkreten Fall sinnvoller ist als ein weiteres Verschieben, dann mache ich auch daraus keinen Hehl.

    Genau diese Möglichkeit unterscheidet mich radikal von professionellen Helfern, die eben genau dies nicht tun (und dies beeinflusst natürlich auch meine Sichtweise recht nachhaltig). Denn für mich ist nicht das Überleben (eines einzelnen Menschen das Ziel), sondern das mögliche Lösen eines Problems (welches dieser Mensch gerade hat).
  • ohhhhhh. spannend.

    Interessanterweise gibt es kaum Suizid-Forschung und auch kaum Präventionsarbeit in dem Bereich. Dabei ist Suizid die 3-häufigste Todesursache zwischen irgendwas wie 15 und 49 weltweit.


    Suizid ist nach wie vor Tabuthema.
    Das Recht auf ein selbst-bestimmtes Ende ein heiß diskutiertes (erst Recht das Recht auf begleitetes, gar aktiv begleitetes Beenden)

    Ich erinnere mich dabei an den Filmtitel "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß".

    Und an ein Zitat von irgendwo:
    Den eigenen Tod stirbt man nur, mit dem Tod der Anderen muß man leben.
    -> insbesondere wenn es um das "begleiten" geht, ein wichtiger Gedanke.
    Nichtsdestotrotz.
    Über-Leben allein, im Sinn von Existieren, kann kein Wert an sich sein, zumindst ist es das nicht für mich. Ich schließe mich Konradin an, es gibt durchaus Situationen, Existenzen, in denen auch ohne kurze Lebensspanne durch tödliche Erkrankung oder solche Dinge das Beenden des Lebens als Entschluß des Betroffenen für mich Sinn macht.

    Die Mutter meiner besten Freundin hat vor einer Woche einen (leider) nicht erfolgreichen Selbstmordversuch unternommen. Einen sehr ernst zu nehmenden. Sie ist Ende 70, war ihr Leben lang depressiv und hat sich konstant Medikation und Therapie verweigert.
    Ihre erste Aussage nach dem wieer-aufwachen: (sinngemäß) warm habt ihr mich nicht sterben lassen?

    sub-optimales timing. Sie hätte es fast geschafft.
    Dies ist das neueste "Beispiel", ich habe in unterschiedlichen Positionen und Perspektiven immer wieder mit dem Thema zu tun. Und mir viele Gedanken dazu gemacht im Lauf der Jahre.
    Vor vielen Jahren war ich selbst in der Situation, da man mir aus ärztlicher (schmerztherapeutischer) Sicht nicht helfen konnte, mein Leben zu beenden, bevor ich vom Schmerz vernichtet wurde. Dass ich diese Entscheidung nicht umgesetzt habe, war ein Risiko (weil die Situation sich nach meinen eigenen Definitionen begann zu verändern, habe ich kognitiv um-entschieden und dann dies genauso durchgezogen wie ich das andere durchgezogen hätte) und eine der schwersten Entscheidungen die ich je traf.

    Ich achte Leben. Aber nicht um jeden Preis.
    Den Suizid zu verhindern, gibt dem Retter unter Umständen ein gutes Gefühl, es spielt dabei viel zu wenig Rolle, wie der "Gerettete" danach mit seinem Leben umgehen kann oder weitermachen kann...oder muß.

    Wichtig fände ich, eine solche Entscheidung nicht spontan (Verzweiflungstat o.ä.) zu treffen. Wenn es das nicht ist, ist es eine Entscheidung, die neben anderen standhalten kann, zumindest meiner Meinung nach.

    Es gibt nach wie vor zuwenig Hilfe (auch vorher, in der Phase der zuweilen unbewußten Entscheidungsfindung)
    Zuwenig Akzeptanz und Auswahl im Bereich Beratung/Therapie (die auch eher nicht ergebnisoffen ist, Ziel ist natürlich immer wieder das "unerwünschte" Ergebnis zu vermeiden: damit macht man sich oft genau die Tür zu, die man öffnen will. Eine Entscheidung für den Tod, nach Beratung, ist nicht erwünscht. Ich könnte mir prinzipiell derartifges vorstellen, ähnlich wie eine Beratung bei einer Abtreibung.)

    Wir brauchen ein intimeres Verhältnis zum Tod. Und eine andere Bewertung von Tod und Sterben.
    Und, dringend, mehr Suizidforschung und Prävention (zb Bereich Depression, die Gefährdung hin zu Suizid und Behandlungsmöglichkeiten)
    Um sinnvollerweise ansetzen zu können, bevor es soweit kommt. Ich bin überzeugt, es müßte noch lang nicht für jeden Betroffenen soweit kommen, dass das Beenden des eigenen Lebens der Weg ist.

    @Konradin:
    Mütter/Eltern und Suizid:
    da haben wir das erhöhte Risiko eines erweiterten Selbstmords, wenn im Bemühen, die Kinder nicht "verantwortungslos" allein zu lassen, diese mitgenommen werden...
    ME/CFS # Ever tried, ever failed, no matter. Try again, fail again, fail better. (Beckett) # You are only given one little spark of madness. You mustn't lose it. (R.Williams) # Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.(Clarke)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von sorei ()

  • Zum Thema Suizid Forschung.
    Ich denke hier fehlt es im Kern ganz einfach an den "erfolgreichen" Probanden. Das Problem ist halt, das diese danach nicht mehr sehr aussagefähig sind.
    Und die, welche noch da sind hatten zu 99% noch einen kleinen Faden, der sie im Leben hielt. Somit sind diese nicht repräsentativ genug für eine Forschung.

    (Klingt irgendwie alles makaber)
  • Nur ganz kurz; imho hat jeder Mensch ein Recht auf Selbstschädigung. Ob nun durch ungesunde Lebensweise (Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum, unmäßiges Essen, ... -> der sog. Selbstmord auf Raten), oder durch aktive Herbeiführung des Lebensendes.
    Ich kann nur für mich leben und nur in mir, für mich nachhaltige Lebenszufriedenheit entwickeln - sobald ich für jemand anderen lebe, ist Selbige fraglich und verstärkt das Leid.

    Auch aus christl. Sicht: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Wenn jeder Tag, jeder Atemzug die Qual unter der ich leide, verlängert - das Weiterleben quasi zum Ausdruck autoaggressiven Verhaltens wird, bin ich schon aus Gründen der Selbstliebe verpflichtet das Leiden zu beenden.
    Das kann, nach Ausschöpfung aller anderen Mittel, auch die Selbsttötung als Lösung beinhalten.

    Und aus ökonomischer Sicht wäre ein Paradigmenwandel sicher begrüßenswert. Menschen die gesellschaftlich zur Belastung werden, sollen freudig der sozialen Bringschuld, das eigene Leben zum Wohle aller, zu beenden, nachkommen können, wenn ihr persönlicher Nützlichkeitsindex dies nahelegt.
    Threadübergreifend - so kann das System der Marktwirtschft noch einige Zeit ohne Kriege fortbestehen, wenn auf diese Art Raum geschaffen wird. Aber bis "wir"da (wieder) hinkommen, wird wahrscheinlich noch einige Jahre dauern.
  • yuhu schrieb:

    Zum Thema Suizid Forschung.
    Ich denke hier fehlt es im Kern ganz einfach an den "erfolgreichen" Probanden.



    ich versteh dich schon.
    An Probanden kommt man hier umgekehrt:
    einmal die Zielgruppe der nicht erfolgreichen Selbstmorde (die höher ist als die der erfolgreichen), und auch das Ansehen der Biographien der Toten: was für Situationen/Konstellationen finden wir, die zum Selbstmord führen? Häufig z.b: Depressionen im Vorfeld, Suchtprobleme. Um nur 2 zu nennen.
    Mit dieser Information kann man sich verstärkt den entsprechenden Zielgruppen zuwenden, unter dem Gesichtspunkt der Suizidprävention.

    Ich denke, auch die Gruppe derer, die den Versuch überlebt haben, ist durchaus repräsentativ, bzw.wichtig einzubeziehen. Was bringt Dich zu der Ansicht, sie seien es nicht?
    Einige von denen, die es schaffen, haben es nicht "ernst" gemeint, und umgekehrt haben einige von denen, bei denen es nicht geklappt hat, es sehr ernst gemeint...

    :)

    @Anakin:
    ökonomisch absolut korrekt. :D
    Obs noch so lang dauert, wer weiß, vielleicht schon 2022.
    ME/CFS # Ever tried, ever failed, no matter. Try again, fail again, fail better. (Beckett) # You are only given one little spark of madness. You mustn't lose it. (R.Williams) # Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.(Clarke)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von sorei () aus folgendem Grund: Zusatz...

  • Wer kein Bock auf sein Leben hat, sollte es von mir aus beenden, aber ohne dabei andere mitzunehmen, ich verabscheue diejenigen, die z.b. durch falschfahren auf der Autobahn, oder Amoklaufen etc pp andere Schaden bzw mit in den jenseits befördern.
  • @ Grafit
    Der Amoklauf hat nicht unbedingt etwas mit dem Threadthema zu tun, obwohl davon auszugehen ist, das der eigene Tod billigend in Kauf genommen wird. Je nach Situation finde ich den Amoklauf völlig nachvollziehbar.

    Natürlich ist es besser andere (fremde) Menschen nicht ungefragt zu instrumentalisieren, aber das mit der Verabscheuung ist so eine Sache. Denn fairerweise sollte man diesen Menschen zugestehen, daß sich in der Krise die Perspektive derart verengt, das diese zu solcherlei Abwägung nicht mehr befähigt sind.
  • Grafit schrieb:

    Wer kein Bock auf sein Leben hat, sollte es von mir aus beenden, aber ohne dabei andere mitzunehmen, ich verabscheue diejenigen, die z.b. durch falschfahren auf der Autobahn, oder Amoklaufen etc pp andere Schaden bzw mit in den jenseits befördern.

    Ein sehr unsensible Antwort, die eigentlich zeigt, daß man an diesem Thema entweder nicht interessiert oder aber dadurch offenbar überfordert wird.

    Eine der Standardmeinungen aus meinem direkten Umfeld zum Tode des R.W.: ich habe dafür keinerlei Verständnis, der hatte doch alles und es ging ihm gut.

    Schön (oder auch weniger schön), daß diejenigen Zeitgenossen, die Alles auf Heller und Pfennig zusammenrechnen (und für die offenbar das Leben aus dem Brot allein besteht), sich berufen fühlen, die Lebensqualität anderer Menschen beurteilen können (und sich auch dazu berufen fühlen, moralisch darüber zu urteilen). Genau diese Leute sind ein wesentlicher Grund dafür, weswegen ich das Leben auf diesem Planeten mit Verlaub gesagt zum Kot*en finde und JEDES Ende hat zumindest den Vorteil, einem die Anwesenheit dieser Leute zu ersparen.

    Du gehst überhaupt nicht auf die Motive ein, Grafit, sondern ausschliesslich auf die Modalitäten der Ausführung, denn die Motive interessieren dich offen gesagt wohl nicht die Bohne. Man kann die Sache natürlich auch pragmatisch sehen udn sagen, es ist egal, ob es dir schlecht geht, nur, wenn du dich umbringst, dann mache gefälligst keinen Dreck. Da weiss man wenigstens, wo die Wertigkeit liegt und wo eben nicht.

    Amoklauf hat übrigens nicht das Allergeringste mit einem Selbstmord zu tun. Sicher, der eigene Tod ist dabei genau so präsent wie bei irgendeinem Extremsport oder anderen 'Kicks'. Aber das eigentliche Ziel ist er nicht (wäre er das, dann hätten die Anderen, die Opfer, nicht diesen immensen Stellenwert, sondern wären absolut unbedeutend).

    Wenn bei einem Selbstmord ein anderer Mensch zu Schaden kommt, dann ist dies in meinen Augen genauso trivial, als wenn er beim erfolgreichen Geschäftemachen eines Geschäftemachers auf der Strecke bleibt oder ähnliches. Eben ein (hoffentlich unerwünschter) Seiteneffekt.

    Denn Jemand, der SEINEM Leben aus Überzeugung ein Ende machen will, warum sollte der andere Menschen mitnehmen, denn er ist schliesslich auf SICH fixiert und keineswegs auf die Anderen (natürlich mit Ausnahme des 'erweiterten Selbstmordes', bei dem er Menschen, für die er glaubt, die Verantwortung mitzutragen, genau diese mit beendet).
  • Konradin schrieb:



    Wenn bei einem Selbstmord ein anderer Mensch zu Schaden kommt, dann ist dies in meinen Augen genauso trivial, als wenn er beim erfolgreichen Geschäftemachen eines Geschäftemachers auf der Strecke bleibt oder ähnliches. Eben ein (hoffentlich unerwünschter) Seiteneffekt.



    der berühmte zugführer ist unter umständen traumatisiert, was ich weniger trivial finde.

    es wäre zumindest etwas, was ich in meiner verantwortlichkeit versuchen würde, mit zu bedenken. irgendwen wird es treffen, schließlich werde ich von irgendwem gefunden (mich nicht zu finden wäre auch nicht gut, ungewißheit ist für angehörige das schlimmste)...
    ME/CFS # Ever tried, ever failed, no matter. Try again, fail again, fail better. (Beckett) # You are only given one little spark of madness. You mustn't lose it. (R.Williams) # Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.(Clarke)
  • Ja das Zugthema lag mir auch auf der Zunge.
    Die Sind in diesen Fällen fast immer danach arbeitsunfähig (traumatisiert sowieso). Diesen Umstand als trivial zu sehen ist schon interessant, wenn da die finanzielle Grundlage ganzer Familien in Frage gestellt wird, denk mal drüber nach.
    Dazu kommen die Ersthelfer/Aufräumer, die dann die Einzelteile aufräumen müssen...
    Es gibt da schon riesige Unterschiede in der Ausführung!
  • meine persoenliche Meinung, die mit 99 prozentiger Wahrscheinlichkeit falsch ist(da ich nicht wirklich etwas weiss):

    Meine Grossmutter wollte (sich vor einigen Jahren umbringen), da sie keinen Bock darauf hatte ihr selbstbestimmtes Leben gegen ein Leben im Heim einzutauschen. Ich konnte sie verstehen und wenn sie mich heute fragt, ob ich sie in die Schweiz fahre, werde ich das tun. Nein ich werde nicht mit ihr argumentieren.
    Was mich am Leben erhaelt ist die Wahlmoeglichkeit das hier alles jederzeit abbrechen zu koennen. Die freie Wahl zu haben. Ansonsten werde ich in dieses Leben gezwungen, das ich nicht gewaehlt habe(Geburt).

    Die freie Entscheidung, der freie Wille gibt mir die Kraft mein Leben zu gestalten und hat mich aus genau diesen Gruenden vom Selbstmord abgehalten.

    Das menschliche europaeische Denken wird seit 2000 jahren durch die christliche Kirche beeinflusst und *Selbstmord* stigmatisiert. Nur Menschen die sich den kirchlichen Dogmen anpassten, konnten in dieser Zeit ueberleben. Wir sind die Nachfahren.
    Natuerlich haben wir Probleme ueber die freie Wahl unseres Todes zu diskutieren, weil es unsere Gesellschaft, beherrscht von Moralisten, nicht moechte. Deshalb ist es ein heikles Thema. Tod findet in unserer Gesellschaft nur noch in abgeschiedenen Raeumen statt, aehnlich wie die Erfindung der Toilette. Wir schaemen uns noch dafuer. Wir haben versagt?

    Selbst wenn wir einen *Selbstmoerder* retten, verzoegern wir dennoch nur seinen Tod.
    Wieviel Zeit wollen wir retten? und fuer wen? fuer uns?
    Was ist Hilfe und was ist Bevormundung?
    Wann ist ein Leben gelebt? nach einem Jahr, oder 40, oder Hundert?

    Andere Voelker andere Religionen
    wissen aktuell: Die letzten Ureinwohner -
    Lass dich nicht auf Diskussionen mit Idioten ein. Zuerst ziehen dich auf ihr Niveau hinunter, dort schlagen sie dich durch Erfahrung.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von mganga ()

  • Das 'trivial' bezog sich auf die Sicht des des Selbstmörders und für diesen sind mögliche Seiteneffekte sicher trivial (denn sie haben mit seinem eigenen Problenkreis nichts zu tun).

    Wenn irgendwo auf der Welt rin Flugzeug abstürzt, dann ist uns auch nicht jedes Leben gleich viel wert. Waren Deutsche dabei, dann haben wir das Gefühl, es beträfe uns unmittelbarer und ein Flugzeugabsturz mit 10 Toten, von denen acht Deutsche waren wirkt emotional auf uns stärker als eines mit 120 Toten ohne einen einzigen Deutschen (es geht mir hier nicht um die Nationalität an sich, sondern um den Bezug zur eigenen).

    120 Tote sind im Vergleich zu 8 Toten der eigenen Nationalität eben nur noch grosse Zahlen, also trivial. Für einen Koreaner hingegen dürften die 8 toten Deutschen eher trivial sein als der Tod eigener Landsleute.

    Sicher, es gibt Berufsgruppen wie die genannten Lokführer, für die ist es keineswegs leicht. Auch sie sind Opfer eines Abkaufes, für den sie selber nichts (ausser ihrer Berufswahl) können, und für deren Angehörige ist es ebnsowenig leicht.

    Aber mal ganz im Ernst. Was würdet ihr von der folgenden Grabsteininschrift halten oder einem Kranz der Eisenbahnergewerkschaft mit folgender Schleifeninschrift: 'Er machte senem Leben selbst ein Ende und war dabei so anständig, sich nicht vor den Zug zu werfen. Wir danken ihm dafür.'.

    Sicher, ich bin ein Zyniker. Aber ist eigentlich nicht unser ganzes Leben darauf ausgerichtet, Seiten- und Nebeneffekte für andere zu haben, welche uns trivial erscheinen? Und wird es doch einmal etwas zu krass, dann schauen wir wieder einmal weg. Das klappt individuell ganz gut, aber durchaus auch kollekriv.
  • mganga schrieb:

    meine persoenliche Meinung, die mit 99 prozentiger Wahrscheinlichkeit falsch ist(da ich nicht wirklich etwas weiss):

    Wie kannst du das sagen?
    Ne Behauptung kann vielleicht falsch sein, ne Meinung eigentlich nicht; es ist halt deine persönliche Ansicht (und ich kann mich ihr in manchen Aspekten durchaus anschließen)

    Die freie Entscheidung, der freie Wille als Voraussetzung für selbstbestimmtes Leben, das mich vom Selbstmord abhängt, ist mir allerdings zu undifferenziert.

    Mit zunehmendem Alter werden dem freien Willen auch immer mehr "natürliche" Grenzen gesetzt. Ich kann mit 75 vielleicht keinen Marathon mehr laufen, vielleicht noch nicht mal mehr Autofahren, nix spontan lesen, ohne vorher die Brille zu suchen, keine junge hübsche Frau aufreißen, um nur mal spontan ein paar triviale Dinge zu nennen.
    Später hab ich vielleicht Probleme mit Inkontinenz, verliere vielleicht meine Beine bei nem Motoradunfall oder erblinde, um's noch ein bisschen krasser zu spinnen.
    Wann sind die Einschränkungen so intensiv, dass jemand "mit Recht" lebensmüde ist? Wer entscheidet das?

    Ich habe bei beiden Eltern die letzten Monate vor dem Sterben recht intensiv mit erlebt und mir ganz häufig die Frage gestellt: Ist ihr Leben so noch lebenswert?
    Machen die Gespräche mit Freunden und Familienmitgliedern, die wenigen Male, wo irgendein Getränk oder eine Speise nochmal richtig gut schmeckt, ein schöner Film oder tolle Musik .... machen diese Eindrücke und Empfindungen das Leiden der übrigen Zeit wett?
    Wann kippt die Wippe zur anderen Seite?

    Das alles macht mir deutlich, dass es immer sehr persönliche und individuelle Entscheidungen sind, zu der jeder auch das Recht haben sollte.
    Klar, dass keiner andere Menschen da mit reinziehen sollte, das wird aber eigentlich durch die rechtliche Situation geradezu provoziert.
    Könnte man seinem freien Willen auch in der Frage entsprechen, dann könnte einem dieser Weg in einem Krankenhaus sicher leichter gemacht werden, ohne das Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen würden.
    Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit! (Erich Kästner)
  • Hallo littleprof



    *Wie kannst du das sagen?*

    Das ist das schöne an einer Diskussion, ich darf alles sagen und auch alles widerrufen.
    Aber nachdem unser Wissen nur begrenzt ist und wir nur Scheinwissen besitzen ist meine Meinung(mein Wissen) nur temporär zu sehen.
    Andererseits kann man Diskussion auch anders verstehen. Nicht als ein gegenseitiges Aufrechnen der logischsten und besten Wissen/gedachte Wahrheiten. In meinen Augen sollte eine Diskussion keine Meinungsdemonstration darstellen, also darf es auch keinen Gewinner wie auch Verlierer geben. Eine Diskussion zeigt mir die dunkle Seite des Mondes die mir ansonsten verdeckt bleibt. Über die andere Meinung kann ich mich dann wundern und mich auch fragen wie diese Zustande kommt. (Schoener waere es wenn Diskussionen nicht zur profilierung des eigenen Egos und der Beweis der Zugehörigkeit zur gebildeten Klasse genutzt wuerde und Menschen mit anderen Meinungen nicht mit Killerphrasen klein gehalten werden . Da scheinen viele Nerven bloss zuliegen, was auch wieder bedauerlich ist.)

    Aber wie schon gesagt, sehr wahrscheinlich habe ich sogar Unrecht. Aus der Ferne betrachtet.
    Und so stimme ich deiner Meinung, deiner Sichtweise zu, denn auch mir steht es frei anders zu denken auch ohne es belegen zu müssen.

    Ich persönlich wie auch Du, möchte den Menschen das Recht zugestehen, selbst entscheiden zu können. Dass jemand aus gesellschaftlichen, religiösen Gründen zum Strick greifen muss, ist traurig. Denn der Tod an sich verursacht keine Angst, nur der Weg dorthin. Wenn es in Deutschland auch Schusswaffen im Haushalt gäbe, hätten wir mit großer Wahrscheinlichkeit eine höhere Suizidrate.
    Sicher würde ich auch einschreiten wollen, wenn sich ein Jugendlicher oder Familenangehoeriger umbringen möchte aber dennoch haben sie das RECHT dazu.

    Eine gefährdeten Freundin musste mir versprechen, dass wenn sie es schon machen wollte, es nur Morgens tut.
    Ich wäre nie auf die Idee gekommen sie einweisen zu lassen.
    Wie Du auch schreibst verliert in höherem Alter der Tod an Gewicht, nur der Gedanke an das soziale Umfeld, und das Erschrecken vor der Tat lässt viele Menschen weiterleben.
    Interessant fand ich auch noch, dass viele Helden wurden, dadurch dass sie sich in ein Selbstmordkommando gestürzt haben. Hier akzeptiert es auch die Gesellschaft.
    Lass dich nicht auf Diskussionen mit Idioten ein. Zuerst ziehen dich auf ihr Niveau hinunter, dort schlagen sie dich durch Erfahrung.
  • @ mganga
    nur um Missverständnissen vorzubeugen:

    *Wie kannst du das sagen?* => war kein Vorwurf, nur ein Ausruf des Erstaunens.
    Wie du ja selbst sagst geht es beim Diskutieren ja nicht um "... ein gegenseitiges Aufrechnen der logischsten und besten Wissen/gedachte Wahrheiten." sondern um Gedankenaustausch.

    In dem Zusammenhang finde ich es einfach schade, wenn du ne interessante und diskussionswürdige Meinung äußerst und sie gleich selbst wieder "in die Tonne kloppst" ;)
    Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit! (Erich Kästner)
  • Konradin schrieb:

    Das 'trivial' bezog sich auf die Sicht des des Selbstmörders und für diesen sind mögliche Seiteneffekte sicher trivial (denn sie haben mit seinem eigenen Problenkreis nichts zu tun).


    alles klar, da stimme ich dir dann zu: aus seiner sicht.
    nicht wichtig genug, im vergleich zum eigenen existentiell drängenden leidensdruck.
    ME/CFS # Ever tried, ever failed, no matter. Try again, fail again, fail better. (Beckett) # You are only given one little spark of madness. You mustn't lose it. (R.Williams) # Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.(Clarke)