Da ich sowohl im täglichen Leben - wie zuletzt wieder bei Einkaufen oder auch auf der Straße - wie auch in teils (schein-)politischen Debatten in TV und zumindest teilweise auch in (schein-)sozialen Medien miterlebe, wie Themenbereiche im jetzigen deutsch-türkischen Wahl-KAMPF schlicht FALSCH oder manipulativ dargestellt werden, möchte ich hier versuchen, zumindest die Rechtssituation(en) zu diesem Referndum - Volksabstimmung in der Türkei 2017 – Wikipedia - dar zu stellen.
Ich will damit nicht die Debatte um Wahlkampfauftritte anheizen, sondern vor allem (nationale wie internationale) Rechtspositionen und -einschätzungen verdeutlichen bzw. überhaupt bekannt machen
betr. Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im Ausland
- Artikel 94/A (türkisches Wahlkampfgesetz, Nivellierung 2008): "Im Ausland und in Vertretungen im Ausland kann kein Wahlkampf betrieben werden."
- In einem Beschluss vor dem Referendum am 16. April spezifiziert die türkische Wahlkommission (YSK) allerdings, dass Wahlkampf im Ausland in geschlossenen Räumen nicht gestattet ist. Weiter legt der YSK-Beschluss Nummer 109 vom 15. Februar zum Ausland unter anderem fest, Wahlkampfansprachen seien auch auf offenen Plätzen nicht zulässig. Wahlkampfmaterialien dürften nicht verteilt werden. In Printmedien dürfe keine Wahlwerbung geschaltet werden.
- Staatspräsidenten parlamentarischer Demokratien sind in Wahlkämpfen zur Neutralität verpflichtet.
Außer-nationale Wahlkampfauftritte von Politikern
können nach internationalem Recht untersagt werden, sofern sie nicht mindestens diplomatischen Regeln (u.a. terminliche Ankündigung) folgen und zudem nicht u.a. gegen jeweiliges nationales Recht verstoßen!
Gutachten der Venedig-Kommission des Europarates zum Verfassungsreferendum in der Türkei am 16.4.2017 weiterführende Links im Text -> englisch/französisch-sprachig
Die Verfassungsexperten des Europarates („Venedig-Kommission“) warnen vor einem „Ein-Personen-Regime“ in der Türkei: So lautet die Schlussfolgerung eines endgültigen, von der Kommission verabschiedeten Gutachtens über die vorgeschlagene Verfassungsänderung, die Gegenstand eines Referendums im kommenden Monat ist.
Die Experten weisen auf die Gefahr hin, dass die Verfassungsänderung durch den Abbau der nötigen Kontrollmöglichkeiten („Checks and Balances“) nicht dem Modell eines demokratischen Präsidialsystems entspreche, das auf der Gewaltentrennung basiert. Vielmehr bestehe das Risiko, dass sich ein autoritäres Präsidialsystem entwickelt. Zu den in der Schlussfolgerung geäußerten Bedenken zählen folgende Punkte:
- alleinige Ausübung der exekutiven Gewalt durch den neuen Präsidenten, mit nicht kontrollierter Befugnis zur Ernennung und Entlassung von Ministern und hohen Beamten auf Grundlage von Kriterien, die nur der Präsident festlegt;
- Möglichkeit, dass der Präsident auch Mitglied oder gar Vorsitzender, Vorsitzende einer Partei ist, wodurch er einen unzulässigen Einfluss auf die Gesetzgebung erhält;
- Befugnis des Präsidenten, aus einem beliebigen Grund das Parlament aufzulösen, was grundsätzlich unvereinbar mit einem demokratischen Präsidialsystem ist;
- weitere Schwächung der bereits unzureichenden Möglichkeiten, die der Justiz zur Kontrolle der Exekutive zur Verfügung stehen;
- weitere Schwächung der Unabhängigkeit der Justiz.
Das Gutachten wurde vom Monitoring-Ausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates beantragt und verweist auf ernste verfahrensrechtliche Bedenken.
Vollständige Pressemitteilung – Türkei: Vorgeschlagene Verfassungsänderung laut Venedig-Kommission ein „gefährlicher Rückschlag“ für die Demokratie
Bei ihrer Vollversammlung veröffentlichte die Venedig-Kommission zwei weitere Gutachten die Türkei betreffend: (1) Die Notstandsrechte und ihre Beziehung zur Medienfreiheit und (2) Die Pflichten, Kompetenzen und das Funktionieren von Straf-Friedensrichterschaften.
Quelle:
Türkei: Geplante Verfassungsänderung laut Venedig-Kommission ein „gefährlicher Rückschlag“ für die Demokratie - Pressesaal
Entsprechende türkisch-sprachige Infos/Links zu o.g. Punkten fehlen hier leider noch. Ich wäre dankbar, wenn jemand diese hier im thread ergänzen könnte, sofern auffindbar
Die og. Venedig- Kommission des Europarates - die Türkei ist hier seit 1949 Mitglied, die BRD seit 1950 - ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem europäischen Rat der EU
Hierzu folgende Info-Links:
Europarat – Wikipedia
Europarat – Wikipedia
Venedig-Kommission – Wikipedia
Rat der Europäischen Union – Wikipedia
weitere Quellen zum Thema (alles deutschsprachig):
Venedig-Kommission: Europarat: Türkei auf Weg in Autokratie - heute-Nachrichten
Türkei verbietet ausländischen Politikern Auftritte - WELT
Türkisches Gesetz eindeutig: Wahlkampf im Ausland nicht erlaubt - n-tv.de
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edit by NeHe:
=> verlinkte PDF geprüft und genehmigt
=> Beteiligung hier im Thema gewünscht, sofern sachbezogen und mit Links/Quellen unterlegt.
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