FinSpy: Innenministerium gibt Staatstrojaner frei

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    Special: Sicherheits-Center – Staatstrojaner: Überwachung in WhatsApp & Co.
    FinSpy: Innenministerium gibt Staatstrojaner frei
    von Andy Voß, Udo Lewalter
    05.02.2018, 15:55 Uhr Bereits seit Juni 2017 darf das BKA laut Gesetz Staatstrojaner einsetzen. Jetzt hat das Innenministerium den ersten wirklichen Trojaner für den Einsatz freigegeben.

    Im Einsatz gegen Cybercrime und Terrorismus fordern das Bundeskriminalamt (BKA) und andere Strafverfolgungsbehörden seit Jahren die Überwachung per Staatstrojaner. Im Juni 2017 bekamen die Beamten dann endlich grünes Licht für die sogenannte Quellen-TKÜ – die Spionage per Staatstrojaner. Eines Berichts der Welt zufolge blieb das aber bis jetzt hauptsächlich Theorie. Denn die hauseigene Überwachungs-Software des BKA „Remote Control Interception Software“ ließ sich nur auf Windows-PCs nutzen und konnte nur Skype überwachen. Das wird sich jetzt ändern: Das Bundesinnenministerium hat laut Welt am 10. Januar die Nutzung des Staatstrojaners FinSpy freigegeben. Das ist eine Überwachungssoftware, die der Hersteller FinFischer seit Jahren international vermarktet. Sie nutzt Sicherheitslücken, um PCs und Smartphones nahezu vollständig zu überwachen. Die Bundesregierung hat die Rechte zur Nutzung bereits 2013 eingekauft, bislang jedoch auf den Einsatz verzichtet. Da jetzt keine rechtlichen Hürden mehr im Weg stehen, dürfte es nicht lange dauern, bis FinSpy zum Einsatz kommt. Der Bundesverband für IT-Sicherheit Teletrust hat bereits eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht angekündigt.

    Staatstrojaner: BKA per Gesetz abgesichert

    Der Bundestag hat bereits im Juni 2017 den Weg für die umstrittene Überwachung von Kommunikation über Messenger-Dienste wie WhatsApp freigemacht. Die Daten sollen sich dabei direkt auf den Geräten vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung abgreifen lassen. Dafür müssten die Behörden sogenannte Staatstrojaner auf der Technik installieren. Die Verschlüsselung will man nach Bekunden der Bundesregierung nicht angreifen. Der Bundestag verabschiedete am 22. Juni 2017 in zweiter und dritter Lesung das Gesetz „zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“. In dem Gesetz ist in allgemeiner Form davon die Rede, dass „mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird“. Ermittler setzen demnach Staatstrojaner auch bei Straftaten wie Mord, Totschlag, Steuerhinterziehung und Geldfälschung ein. Bisher waren sie zur Terrorbekämpfung zugelassen. Das Gesetz hat man mit den Stimmen der großen Koalition gegen den Widerstand der Opposition beschlossen.

    Umstrittenes Gesetz

    „Wir beobachten immer öfter, dass Kriminelle verschlüsselt kommunizieren“, betonte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Das Gesetz schließe eine Befugnislücke, die nicht hinnehmbar gewesen sei. „Verschlüsselung schützt zu Recht die Vertraulichkeit der Kommunikation. Verschlüsselung ist aber kein Freibrief für Verbrecher.“ Das Gesetz ist umstritten – unter anderem, weil Datenschutz-Probleme und ein Missbrauch von den Behörden bewusst nicht geschlossener Sicherheitslücken befürchtet werden. Zudem wirft das neue Gesetz die Frage auf, ob die Reichweite der Maßnahmen mit der Verfassung vereinbar ist. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele kritisierte in der Aussprache auch das Verfahren, in dem die Überwachungspläne in Form einer Gesetzesänderung eingebracht wurden. „Das ist ein Hau-Ruck-Verfahren, das unzulässig ist, wenn es darum geht, ein Gesetz zu machen, das mehr als damals der große Lauschangriff in die Grundrechte der Bürger eingreift“, sagte er. „Dieses Gesetz muss spätestens in Karlsruhe fallen“, forderte Ströbele mit Blick auf das Bundesverfassungsgericht.

    Trojaner ebnen Kriminellen womöglich den Weg

    Aus der IT-Branche kamen Warnungen vor weniger statt mehr Sicherheit durch das Gesetz. „Bei der jetzt beabsichtigten Ausweitung der Quellen-Überwachung müssen technologische Sicherheitslücken und Schwachstellen genutzt oder geschaffen werden, die zum Beispiel möglicherweise dann auch organisierte Cyberkriminelle nutzen – so wie dies kürzlich bei WannaCry der Fall war“, kritisierte der Digitalverband Bitkom. Der Erpressungstrojaner „WannaCry“ hatte Hunderttausende Computer weltweit über eine Sicherheitslücke befallen, die ursprünglich der US-Abhördienst NSA nutzte, aber durch ein Datenleck an die Öffentlichkeit geriet. Bettina Bähr-Losse von der SPD betonte in der Bundestagsdebatte den Bedarf an der geplanten Telekommunikationsüberwachung („Quellen-TKÜ“) auf den Geräten. Durch den Einsatz der verschlüsselten Apps entstünden Räume, in denen Strafverfolgung unmöglich sei. „Strafverfolger dürfen Kriminellen nicht hinterherhinken“, betonte sie. „Es ist einfach Unsinn, wenn sich die Arbeit der Ermittler nicht daran orientiert, wie die Täter heute agieren“, verteidigte auch Elisabeth Winkelmeier-Becker von der CDU/CSU-Fraktion das Gesetz. (Mit Material der dpa)


    Quelle: Staatstrojaner: BKA darf mit FinSpy überwachen - COMPUTER BILD