E-Scooter massiv in der Kritik: Für die Umwelt ein kleines Desaster?

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  • E-Scooter massiv in der Kritik: Für die Umwelt ein kleines Desaster?

    E-Scooter sind beruhigend fürs grüne Gewissen. Schließlich saust man ja emissionsfrei von A nach B. Doch das ist zu kurz gedacht, denn es gibt viele Faktoren, die die beliebten Flitzer in ein anderes Licht rücken. Und das ist mal gar nicht so grün.


    Sie sind kaum zu hören und trotzdem überall zu sehen: Elektro-Scooter werden bei umweltbewussten Usern sehr gern genutzt. Anbieter werben mit einer flotten Fahrt von A nach B ohne ein einziges Gramm CO2.
    Doch so schön die Theorie ist, so fraglich ist die Praxis, denn ganz so umweltfreundlich sind die E-Scooter nicht, sieht man mal über den faktischen Tellerrand hinaus.

    Erschreckend viele Faktoren steigern die Emissionen
    Elektroautos kritisiert man gerne für die umweltschädliche Batterieherstellung. Dies gilt auch für E-Scooter: Für die Herstellung der Stromspeicher werden viele Ressourcen, darunter Lithium, abgebaut und verarbeitet. Dieser Vorgang erzeugt eine sehr hohe Umweltbelastung. Wie groß dieser Ausstoß in Zahlen ist, ist noch nicht bekannt. Aussagekräftige Zahlen durch langfristig angelegte Studien dürften im Laufe der Zeit folgen. Zudem ist der Lithiumabbau ethisch auch angreifbar, schließlich entzieht er vielen indigenen Völkern in Südamerika, wo es große Lithium-Bestände gibt, ihre Lebensgrundlage.
    Ohne Strom im Akku fährt der E-Scooter natürlich nicht, doch wo kommt der Strom eigentlich her? Wenn die Sharing-Dienste beziehungsweise die Privatbesitzer von E-Scootern nicht explizit nachhaltig entstandenen Strom (z.B. durch Sonnenkraft) in den Akku des Scooters laden, dann könnte die Stromproduktion bereits der Umwelt geschadet haben: Oftmals entstammt ein Großteil des Stroms dann nämlich von Kohle- oder Ölkraftwerken.
    Außerdem: Wie werden die Elektro-Flitzer eigentlich aufgeladen? Sogenannte Juicer sammeln leere E-Scooter mit Hilfe von Transportern ein. Allein dieser Transport erfolgt meist durch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. So verursacht das Fahren mit den E-Rollern zwar keine direkten Emissionen, jedoch kommen durch die Roller noch mehr Verbrenner-Fahrzeuge auf die Straßen oder werden zumindest verstärkt eingesetzt.

    Miese Nummer: E-Scooter landen im Meer
    In der französischen Hafenstadt Marseille ist nebenbei ein ganz unschöner Trend entstanden: Jugendliche werfen dort reihenweise Elektro-Scooter in das Hafenbecken der Stadt. Nicht nur, dass das natürlich vollkommen illegal ist und die Anbieter stangenweise Geld kostet. Im öffentlichen Gewässer werden die elektrischen Stadt-Flitzer auch zu einer wahren Umweltsünde: Die verarbeiteten Rohstoffe sind biologisch schwer bis gar nicht abbaubar und verschmutzen somit das Wasser. Zudem ist der in den Akkus geladene Reststrom für Lebewesen unter Wasser überaus gefährlich.
    Aus welchen Gründen die Jugendlichen regelmäßig E-Scooter versenken, ist unklar. Doch sei es eine dämliche Mutprobe oder schlichtweg der Hass auf die neuen Geräte, fest steht: Diese Aktionen belasten zudem massiv die Umwelt.

    CHIP fragt bei den Sharing-Anbietern nach
    Um es ausdrücklich zu betonen: Uns liegt es fern, E-Scooter zu verteufeln. Die oben beschriebenen Problematiken wie Lithium-Abbau oder schmutziger Strom betreffen alle E-Fahrzeuge, also natürlich auch E- und Hybrid-Autos sowie E-Bikes und E-Vespas. Genaue Daten und Fakten, wie umweltschädlich tatsächlich E-Scooter sind, können wir Ihnen nicht liefern, zu ungenau ist bislang noch die Sachlage. Doch eine aktuelle Studie der staatlichen Universität North Carolina zeigt erschreckendes: Elektro-Scooter produzieren pro Fahrer und Kilometer mehr Treibhausgase, als ein gut besetzter dieselbetriebener Bus, ein E-Moped oder ein E-Bike.
    Um nicht einseitig zu berichten, wollen wir auch den Sharing-Diensten die Chance geben, ihren Beitrag hier zu leisten. Deshalb fragten wir bei Circ, Lime, Voi, Bird, Tier nach, wie sie das Thema Umwelt und Recycling sehen und angehen. Leider standen bis zur Veröffentlichung des Artikels die Antworten von Lime und Tier aus. Dafür gab es teils ausführliche Reaktion von Circ, Voi und Bird. Es scheint es so, dass diese Anbieter das Thema Umweltschutz sehr ernst nehmen und Mühen investieren, die momentanen Kritikpunkte in Zukunft zu verbessern.

    Circ: "Wir verpflichten uns, Einzelteile wiederzuverwenden."
    Der Anbieter Circ sehe in dem Umstieg von Verbrenner-Fahrzeug auf Elektro-Roller eine drastische Verbesserung der Luftqualität und des Umweltschutzes. Eine hohe Lebensdauer der einzelnen Fahrzeuge will Circ laut eigenen Angaben vor allem durch Kontrollen der Lieferketten und der Reparaturen gewährleisten. Zudem verpflichtet sich der Anbieter selbst dazu, Einzelteile und Akkus wiederzuverwerten und zu recyceln.

    VOI: "Unser Ziel ist es, unseren Kunden grüne und umweltfreundliche Mobilität anzubieten."
    Vom Anbieter VOI haben wir eine sehr ausführliche Stellungnahme erhalten. In Deutschland arbeitet der Anbieter demzufolge mir Batterien von LG, die laut VOI bis zu 10.000 mal neu aufgeladen werden können, womit eine Lebensdauer von mindestens einem Jahr möglich ist. Wenn ein Akku das Ende seiner Lebenszeit erreicht hat, dann wird dieser ausgebaut und fachgerecht recycelt.
    Auch in Sachen Fertigung und Reparatur lege man bei VOI viel Wert auf Umweltschutz: Die Firmenzentrale in Erfurt arbeitet nach Aussage des Unternehmens lediglich mit Storm aus einer Solarenergieanlage auf dem Dach. Logistikpartner wählt der Hersteller bevorzugt danach aus, ob in diesen Unternehmen ebenfalls Elektro-Fahrzeuge zum Einsatz kommen. E-Scooter, die irreparabel beschädigt sind, werden laut VOI auseinandergenommen und Einzelteile aus den kaputten Geräten für den Bau neuer Geräte wiederverwendet.
    Für die Zukunft plane man ein neues E-Scooter Modell, bei dem sich die Batterie tauschen lasse. Die leeren Batterien werden dann durch Mitarbeiter auf Lastenfahrrädern getauscht und aufgeladen.

    Bird: "Für uns bedeutet Nachhaltigkeit einen ressourcenschonenden Verbrauch zu gewährleisten."
    Auch von Bird erhielten wir eine sehr ausführliche Stellungnahme zum Thema Nachhaltigkeit und Recycling. Nach Angaben von Bird geht man bei E-Scootern im Verleih von einer Lebensdauer von 18 Monaten aus. Laut dem Unternehmen werden in die Scooter eigene Akkus mit bis zu 60 Prozent längeren Haltbarkeit verbaut.
    Für beschädigte E-Scooter setze man auf das sogenannte "Create-to-Create"-Prinzip. Dieses funktioniert ähnlich wie bei VOI: Irreparable Scooter werden auseinandergenommen und Einzelteile für neuere Modelle wiederverwendet. Auch in der Herstellung versucht man, Ausschuss-Teile in neuere Modelle einzubauen. In Sachen Recycling und Entsorgung hält man sich laut Bird an die WEEE- (Waste Electrical and Electronic Equipment) und ADR-Richtlinien (Europäisches Übereinkommen über den internationalen Gefahrenguttransport auf der Straße).

    Quelle: E-Scooter massiv in der Kritik: Für die Umwelt ein kleines Desaster? - CHIP
  • Liegt es an dem Autoherstellerland Deutschland oder an der Sorge vor Veränderung, dass soviel negative Artikel erscheinen.

    Ersetzt die Scooterfahrt eine BMW-Fahrt ist es um Welten besser, ersetzt sie das Zufußgehen ist es in der Umweltbilanz wesentlich schlechter. Schwarz-Weiß gibt es auch bei diesem Thema leider nicht...
  • Zitat aus dem Artikel der Zeit: "Nach einer Studie des US-Newsletters Oversharing beträgt die durchschnittliche Lebensdauer derzeit 28 Tage"

    Sh. hierzu:

    ...

    Mir ist die Studie, es ist in der Tat nur eine, des Blogs Oversharing bekannt. Der Blog führt aus, dass sie in einer (!) Stadt, Louisville, 663 Scooter der Unternehmen Bird und Lime untersuchten. Der Untersuchungszeitraum lag bei ungefähr vier Monaten und endete bereits im Dezember 2018. Der Blog führt aus, es habe sich bei den Bird-Leihrollern um Modelle von Xiaomi gehandelt, die das durchschnittliche Gewicht eines US-Amerikaners nicht tragen könnten. (Der Scooter war auf 200 Pfund ausgelegt, ein durchschnittlicher US-Amerikaner wiegt 197 Pfund, lt. Oversharing.) Die Xiaomi-Modelle waren für diese Rahmenbedingungen nicht ausgelegt.

    Da liegt auch das Problem der Studie: E-Scooter im Verleihgeschäft sollten auf die Anforderungen des Leihgeschäfts ausgerichtet sein. Damit begann das andere zitierte Unternehmen, Lime, bereits während der vermeintlichen Untersuchungsphase, indem es mit der Firma Okai einen neuen Scooter konstruierte, der wesentlich härteren Bedingungen standhalten kann: Stärkere Steigungen, rabiatere Nutzung, schnelleres Aufladen etc. Letztlich sind das auch die Geräte, die zu uns kommen. Wir haben just heute in die Zulassungen des Kraftfahrtbundesamtes geschaut – und die in großen Städten vertretenen Leih-Unternehmen waren mit eigenen, nicht für die private Nutzung konstruierten Rollern aufgelistet.

    Zurück auf die Frage: Berücksichtigten wir, dass bei Leihscootern die Lebensdauer aktuell bei 28 Tagen liegen soll? Ja, wir haben die Studie zur Kenntnis genommen, aber ihre Mängel als so groß erachtet, dass es für den europäischen Markt keine Rolle spielt.

    Ich hoffe, das gab Ihnen einige Einblicke.

    Mit freundlichen Grüßen
    ...

    Quelle: Wie umweltfreundlich sind E-Scooter? | EURONICS Trendblog