Online-Hetze: Große Koalition verschärft Gesetz gegen Hasskriminalität

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    • Online-Hetze: Große Koalition verschärft Gesetz gegen Hasskriminalität

      Das BKA soll Netzkennungen von Nutzern bis zu zehn Jahre speichern und zusätzlich Login-IP-Adressen von Urhebern strafbarer Internetinhalte abfragen dürfen.

      Das Bundeskriminalamt (BKA) soll mit dem geplanten umstrittenen "Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität" zusätzlich zu den vielen schon vorgesehenen Datensammelkompetenzen "im Rahmen seiner Zentralstellenaufgabe berechtigt werden", bei Anbietern von Telemediendiensten "die Login-IP-Adressen von Urhebern strafbarer Internetinhalte" abzufragen. Die Befugnis wird auf Fälle begrenzt, "in denen dies ausschließlich zur Identifizierung erforderlich und der Inhalt bereits polizeilich bekannt ist".

      Strafverfolgungsbehörde feststellen
      Auf diesen Ansatz, den ursprünglichen Regierungsentwurf zu verschärfen, hat sich die große Koalition verständigt. Damit soll es dem BKA möglich werden, die zuständige Strafverfolgungsbehörde festzustellen, "damit es dieser den Inhalt und Identität des Nutzers zur dortigen" Aufgabenerfüllung weiterleiten könne. Dies geht aus dem heise online vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD hervor, den der Bundestag am Donnerstag beschließen soll.

      Zum Schutz von Journalisten und anderen Berufsgeheimnisträgern bei den geplanten Möglichkeiten zur Passwortabfrage erläutert die Koalition in der Begründung nur, dass dieser von dem Entwurf "nicht beeinträchtigt" werde. Dafür lägen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor.

      Generell komme dieser Befugnis bei Telemediendiensten wie WhatsApp, Google, Facebook, Tinder & Co., wo diese künftig nur noch bei einer heimlichen Online-Durchsuchung erfolgen dürfe, "kaum Praxisrelevanz zu, zumal die Passwörter verschlüsselt gespeichert werden müssen". Kennungen wie PIN und PUK von Mobiltelefonen "sollen und müssen" dagegen nach wie vor unter deutlich breiteren Vorgaben erhoben werden können. Zu dieser Kompetenz hat Schwarz-Rot zumindest eine Evaluierungsklausel eingefügt: Nach Ablauf eines Jahres soll demnach "geprüft werden, ob sich die Regelung in der Strafverfahrenspraxis bewährt hat und ob sich Änderungsbedarf für die Erhebung bestimmter Verkehrs- und Nutzungsdaten ergeben hat."

      Proaktiv weiterleiten
      Betreiber sozialer Netzwerke müssen zudem IP-Adressen und Portnummern von Nutzern künftig schon beim Verdacht auf strafrechtliche Vergehen zu den im Netzwerkdurchsetzungsgesetz aufgeführten Tatbeständen proaktiv ans BKA weiterleiten. Zu dem Verfahren erläutern die Regierungsfraktionen, dass die Polizeibehörde die gemeldeten Daten lösche, wenn "der Inhalt strafrechtlich auf keinen Fall relevant ist".

      Abhängig von der Art und Schwere des Sachverhalts könnten die Informationen sonst zunächst "maximal zehn Jahre" aufbewahrt werden, heißt es weiter in der Begründung. Danach sei zu prüfen, ob sie "ausgesondert" werden müssten. Wenn sich nicht eindeutig feststellen lasse, ob die Informationen "kategorisiert" und in "eine Vorsorgedatei" für künftige Strafverfolgung aufgenommen werden dürften, könnten sie noch maximal zwölf Monate gespeichert werden.

      Einwände nicht berücksichtigt
      Um ein massenhaftes Weiterleiten von Nutzerdaten an das BKA ohne solide Grundlage zu verhindern, hatten Sachverständige zumindest ein zweistufiges Meldeverfahren gefordert, bei dem zuerst auf Basis des Inhalts ein Anfangsverdacht festgestellt werden müsse. Diesen Appell berücksichtigte Schwarz-Rot genauso wenig wie die Einwände der EU-Kommission.

      In Kraft treten sollen die Bestimmungen nun einheitlich zehn Monate nach der Gesetzesverkündung. Die grüne Rechtspolitikerin Renate Künast kritisierte gegenüber heise online: "Die Änderungen der Koalition sind enttäuschend und eine vertane Chance, den so wichtigen Kampf gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität in Einklang mit Bürgerrechten zu bringen."

      Quelle: Online-Hetze: Große Koalition verschärft Gesetz gegen Hasskriminalität | heise online
    • BVDW kritisiert Bundesregierung

      Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. wirft der Bundesregierung vor, dass sie die Bedenken von Digitalexperten beim neuen Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität ignoriert.

      Das jüngst verabschiedete Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität sorgt für Kontroversen. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. unterstützt zwar grundsätzlich die Zielsetzung des neues Gesetzes, kritisiert aber den Entstehungsprozess und die finale Ausgestaltung scharf.

      Denn obwohl verschiedene Experten und Verbände, Datenschutzbeauftragte und sogar die EU-Kommission den Gesetzesentwurf bemängelten, hat die Bundesregierung keine Anpassungen in den wesentlichen Kritikpunkten aufgenommen.

      „Dies ist ein weiteres Digitalgesetz der Bundesregierung, das sich in eine längere Geschichte von Fehltritten in diesem Bereich einreiht. Gerade nachdem Corona die Bedeutung der Digitalisierung doch deutlich gemacht hat, ist es unverständlich, warum Digitalexperten schon wieder ignoriert werden“, sagt BVDW-Präsident Matthias Wahl.

      Das Gesetz verfolgt ein wichtiges Ziel, nämlich die effektive Strafverfolgung bei rechtswidrigen Inhalten im Netz und somit die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität. Doch es erfüllt in seiner jetzigen Form dieses Ziel nicht, sondern führt weitere Risiken ein, indem beispielsweise eine Meldepflicht von Inhalten und IP-Adressen (inklusive Portnummern) für die sozialen Netzwerke gegenüber dem Bundeskriminalamt festgeschrieben wird, die nur auf Einschätzung der Diensteanbieter selbst erfolgt und in einer umfangreichen Weiterleitung von personenbezogenen Daten resultieren wird.

      So sehr der Digitalverband BVDW die Bemühungen der Bundesregierung im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz unterstützt, ist er doch der Ansicht, dass das vorgeschlagene Verfahren zu weit geht und mit datenschutzrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinen ist, nicht genügend rechtsstaatliche Schutzmechanismen bietet und zugleich tiefe Eingriffe in die Grundfreiheiten der Nutzer bedeutet.

      Der BVDW bemängelt vor allem, dass hier ein neues Gesetz beschlossen wird, bevor eine Evaluierung des damit verknüpften Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vorliegt. Denn das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität beinhaltet eine Reihe von Änderungen in unterschiedlichen Gesetzen, unter anderem auch im NetzDG, das parallel noch überarbeitet wird.

      „Das heute verabschiedete Gesetz wurde aus den richtigen Gründen auf den Weg gebracht“, sagt Matthias Wahl. „Das Ziel, illegale Inhalte zu bekämpfen, ist ehrenwert. Es wird aber nicht damit erreicht, Grundrechte zu gefährden. Denn dadurch entstehen wieder neue Probleme. Die Stimmen zahlreicher Digitalexperten wurden leider nicht gehört.“

      Quelle: BVDW kritisiert Bundesregierung | ZDNet.de
    • Bundesrat stimmt für erweiterte Pflicht zur Passwortherausgabe

      Nach dem Bundestag hat der Bundesrat den Gesetzentwurf für den Kampf gegen "Rechtsextremismus und Hasskriminalität" mit BKA-Verdachtsmeldungen befürwortet.

      Der umstrittene Gesetzentwurf "zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität" hat am Freitag auch den Bundesrat passiert. Die Länderkammer verzichtete trotz anfänglicher Bedenken hinsichtlich finanzieller Auswirkungen auf die Justizbehörden darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen und billigte das Vorhaben. Die neuen Bestimmungen etwa zur Passwortherausgabe können so direkt nach der Gesetzesverkündung in Kraft treten. Für die Teile, die das Netzwerkdurchsetzungsgesetz betreffen, gilt eine zehnmonatige Übergangsfrist.

      Laut dem vom Bundestag Mitte Juni beschlossenen Vorhaben müssen Anbieter von Telemediendiensten sensible Daten von Verdächtigen wie IP-Adressen und Passwörter künftig an Sicherheitsbehörden herausgeben. Betreiber großer sozialer Netzwerke müssen darüber hinaus strafrechtlich relevante Inhalte wie Hassbeiträge, Terrorismuspropaganda oder Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs nicht mehr nur zu löschen, sondern auch mit IP-Adressen und Portnummern ans Bundeskriminalamt (BKA) melden melden.

      Umfassende Verdachtsdatenbank
      Mit dem Vorhaben weitet der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Bestandsdatenauskunft aus. Neben Name und Anschrift können Polizei und Geheimdienste damit fortan auch Zugangsdaten für Nutzerkonten, Geräte und Cloud-Konten von sozialen Medien, Chatdiensten, Spiele-Apps, Suchmaschinen, Shops und privaten Seiten im Web, Webmail-Dienste, Podcasts und Flirt-Communities abfragen. Kritiker warnten, dass so eine umfassende "Verdachtsdatenbank" in Form eines polizeilichen Zentralregisters beim BKA entstehe

      Eine Richtergenehmigung ist nötig, wenn es um Passwörter und Sicherheitskennungen geht, aber nicht bei IP-Adressen und zugehörigen Nutzernamen. Auskunft erhalten prinzipiell Behörden, die "besonders schwere Straftaten" verfolgen oder für die "Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständig" sind. Bei Telekommunikationsanbietern nutzen die berechtigten Stellen dieses Instrument seit Jahren intensiv, aber nicht immer rechtskonform.

      Laut der Großen Koalition kommt der Abfrage im Bereich Telemedien – im Gegensatz zum Mobilfunksektor – aber "kaum Praxisrelevanz" zu. Passwörter müssten auch weiterhin verschlüsselt gespeichert werden.

      "Ausschließlich zur Identifizierung"
      Das BKA soll "im Rahmen seiner Zentralstellenaufgabe" auch berechtigt werden, bei Anbietern von Telemediendiensten "die Login-IP-Adressen von Urhebern strafbarer Internetinhalte" abzufragen. Die Befugnis wird auf Fälle begrenzt, "in denen dies ausschließlich zur Identifizierung erforderlich und der Inhalt bereits polizeilich bekannt ist". Damit soll das BKA die zuständige Strafverfolgungsbehörde feststellen können, um dieser den Inhalt und die Identität des Nutzers zur dortigen Aufgabenerfüllung weiterzuleiten.

      Kriminalisiert wird zudem schon das "Billigen" oder Androhen von Straftaten etwa in sozialen Netzwerken, wenn damit der öffentliche Frieden gestört werden kann. Drohungen mit Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert, die sich gegen die Betroffenen oder ihnen nahestehende Personen richten, werden strafbar. Wer im Netz Dritte beleidigt, dem drohen bis zu zwei Jahre Haft. Dazu kommt ein neues "Delikt der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener".

      Update: Zeitrahmen des Inkrafttretens im ersten Absatz konkretisiert.

      Quelle: Bundesrat stimmt für erweiterte Pflicht zur Passwortherausgabe | heise online
    • Gesetz gegen Hass: Steinmeier drängt auf rasche Korrektur

      Der Bundespräsident will den Gesetzentwurf gegen "Rechtsextremismus und Hasskriminalität" erst ausfertigen, wenn der Bundestag ihn nachbessert.

      Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhöht den Druck auf die Exekutive und die Legislative: Sie sollen beim seit Wochen umstrittenen Gesetzentwurf gegen "Rechtsextremismus und Hasskriminalität" voraussichtlich verfassungswidrige Passagen ausmerzen. Der SPD-Politiker werde den Entwurf nicht unterschreiben und somit nicht ausfertigen, um "die Verabschiedung einer entsprechenden Änderungsregelung durch Bundestag und Bundesrat abzuwarten", zitiert die Süddeutsche Zeitung aus einem Schreiben des Bundespräsidialamts an die Länderkammer.

      Es handelt sich um einen ungewöhnlichen Vorgang. Der Bundespräsident hat beim Ausfertigen von Gesetzen ein formelles Prüfungsrecht, ob diese verfassungsgemäß zustande gekommen sind. Er kann auch materiell begutachten, ob eine Vorlage mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Bisher haben Bundespräsidenten acht Mal Bundesgesetze nicht unterschrieben, sodass diese nicht zustande kamen. Neu am Vorgehen Steinmeiers ist, dem Gesetzgeber noch eine Chance zu geben, das eigentlich schon abgeschlossene Verfahren wieder aufzumachen und quasi während des hinausgezögerten Ausfertigungsprozesses verfassungskonform zu gestalten.

      Einschnitt in die Grundrechte
      Stein des Anstoßes ist die vom Bundestag mit dem Entwurf verabschiedete weitgehende und tief in die Grundrechte einschneidende Pflicht für Betreiber sozialer Netzwerke, strafrechtlich relevante Inhalte wie Hassbeiträge, Terrorismuspropaganda oder Bedrohungen sowie Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs zu löschen. Außerdem sollen sie diese parallel unaufgefordert zusammen etwa mit IP-Adressen und Portnummern ans Bundeskriminalamt (BKA) melden. Aktuell nicht zur Debatte steht die ebenfalls heikle Auflage für sämtliche Anbieter von Telemediendiensten, sensible Internetkennungen von Verdächtigen sowie sogar Passwörter künftig an Sicherheitsbehörden herausgeben zu müssen.

      Neben Rechtswissenschaftlern hält auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags den Entwurf teils für verfassungswidrig. Er bezieht sich dabei auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Bestandsdatenauskunft. Auskünfte über Daten, deren Aussagekraft und Verwendungsmöglichkeiten eng begrenzt sind, dürften demnach "nicht ins Blaue hinein zugelassen werden".

      Verfassungswidrig
      Steinmeier hat seit einigen Wochen offenbar ähnliche Einwände. In dem Schreiben, das sein Amtschef Stephan Steinlein verfasst hat, heißt es laut dem Bericht, der führende Beamte habe am Rande einer Kabinettssitzung mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) über das von dieser ursprünglich vorangetriebene Gesetz gesprochen. Dabei sei "die Verfassungswidrigkeit der betreffenden Normen nicht streitig" gewesen.

      Dieser Befund gilt der Zeitung zufolge auf für den Entwurf für ein Zollfahndungsdienstgesetz, den der Bundestag bereits im Dezember beschlossen hatte. Der Bundespräsident habe diesen ebenfalls noch nicht unterzeichnet. Laut der Initiative soll das Zollkriminalamt künftig unter anderem auch ohne Wissen der Betroffenen Bestands-, Verbindungs-, Standort- und Nutzungsdaten bei Telekommunikationsanbietern abfragen dürfen.

      Die Bundestagsfraktion der Grünen brachte jüngst einen Antrag ins Parlament ein, wonach die Bundesregierung den Gesetzentwurf gegen Hass überarbeiten soll und "unverzüglich verfassungskonform auszugestalten" habe. Der Datentransfer von Facebook & Co. ans BKA müsse in zwei Stufen erfolgen, lautet der Vorschlag aus der Opposition. Der Rechtsausschuss vertagte eine Debatte darüber am Mittwoch aber mit den Stimmen der großen Koalition. Lambrecht wollte am Donnerstag einen weiteren Gesetzentwurf "zur strafrechtlichen Erfassung der sogenannten verhetzenden Beleidigung" vorstellen, sagte den Termin kurzfristig aber wieder ab.

      Quelle: Gesetz gegen Hass: Steinmeier drängt auf rasche Korrektur | heise online
    • Gesetz gegen Hass im Netz: "Morddrohungen sind keine Meinungsäußerungen"

      Vor vier Tagen hatte der Bundesrat den neuen Entwurf abgelehnt – Bundesjustizministerin Lambrecht dringt darauf, das Gesetz gegen Hass im Netz zu verabschieden.

      Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat darauf gedrungen, das von ihr eingebrachte Gesetz gegen Hass und Hetze im Internet endlich zu verabschieden. Es sei erschütternd, dass zum Beispiel Menschen, die über Frauenhass berichten, noch mehr Frauenhass auf sich zögen. Auch "wer mit Fakten dazu beiträgt, dass wir die Pandemie besser bekämpfen können, wird mit Drohungen überzogen", sagte Lambrecht dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am heutigen Dienstag.

      Morddrohungen als gezielte Einschüchterung
      Hetze im Netz müsse ein Ende haben und Täter wie Täterinnen müssten konsequent von der Justiz verfolgt werden, sagte die Justizministerin gegenüber dem RND. "Morddrohungen sind keine Meinungsäußerung, sondern Straftaten", so Lambrecht weiter. Zuletzt hatte zum Beispiel SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach laut eigener Aussage Morddrohungen erhalten.

      "Erneut rollt eine Hasswelle über mich im Internet, mit Morddrohungen und Beleidigungen, die schwer zu ertragen sind. Immer wieder Aufrufe zur Gewalt", twitterte er. Die Hassbotschaften zielten darauf ab, ihn und andere einzuschüchtern – auf seinem Schreibtisch türmten sich ihm zufolge die Ermittlungsverfahren.

      Bundesrat stimmte gegen "Reparaturgesetz"
      Am 12. Februar 2021 hatte der Bundesrat die Reform der Bestandsdatenauskunft abgelehnt und damit einhergehend auch ein "Reparaturgesetz" zum Gesetzesvorhaben gegen Hass und Hetze im Netz. Mit dem Gesetz hätten Behörden bereits im Verdachtsfall weitreichende Befugnisse zum Zugriff auf Nutzerdaten sozialer Netzwerke erhalten. Kritiker hatten den Bundesrat im Vorfeld gewarnt, dass die geplante Bestandsdatenauskunft die Privatsphäre beschneide, da die Herausgabe von Passwörtern Zugriff auf Online-Konten und die digitale Identität aller ermögliche.

      Das sah der Bundesrat offenbar ähnlich. Bereits im Frühjahr 2020 hatte er sich als Kammer der Länder kritisch zum Gesetzesentwurf geäußert und Korrekturbedarf angemahnt: Eine "Filterfunktion" sei geboten, um die Länderhaushalte nicht zu überlasten. Auch der deutsche Richterbund hatte Bedenken geäußert, da bei der vorgesehenen Meldepflicht für Hass und Hetze in sozialen Netzen die Strafjustiz vorab personelle Verstärkung und "mehr Digitalkompetenz" bräuchte, um den zusätzlichen Verfahren gewachsen zu sein.

      Gesetzesentwurf liegt auf Eis
      Lambrecht hatte den Gesetzesentwurf nach dem Mord an dem hessischen CDU-Politiker Walter Lübcke vorgelegt: Lübcke war 2019 vor seinem Haus von einem Rechtsextremen erschossen worden – zuvor hatte es im Internet eine Hasskampagne und Mordaufrufe gegen ihn gegeben. Der Fall hatte eine tiefgreifende Debatte ausgelöst mit anschließenden Reformvorschlägen für die Justiz im Umgang mit Cybermobbing.

      Der Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität liegt seit Juni 2020 vor und trotz zahlreicher Änderungen weiterhin auf Eis. Künftig würde durch das geplante Gesetz bereits eine Straftat begehen, wer anderen Körperverletzung oder sexuelle Übergriffe androht – zuvor galt das erst bei Morddrohungen. "Alle, die für einen entschiedenen Kampf gegen Rechtsextremismus, Hass und Hetze eintreten, müssen jetzt den Worten Taten folgen lassen und hier konstruktiv an einer Lösung mitarbeiten", betonte Lambrecht.

      Ein Fall für den Vermittlungsausschuss?
      Das Gesetzespaket gegen Hass im Netz war bereits im Bundestag verabschiedet worden. Es kann aber erst in Kraft treten, wenn die nötigen Änderungen zur Nutzung von Bestandsdaten die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat finden. Zu den Bestandsdaten gehören neben Name und Adresse der Nutzer unter anderem auch Passwörter und die Bankverbindung sowie die IP-Adresse des Computers. Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung könnten nun den Vermittlungsausschuss anrufen, um dort eine Lösung zu finden.

      Quelle: Gesetz gegen Hass im Netz: "Morddrohungen sind keine Meinungsäußerungen" | heise online