Konzept: Steuer auf Homeoffice könnte Milliarden für Krisenverlierer bringen

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    • Konzept: Steuer auf Homeoffice könnte Milliarden für Krisenverlierer bringen

      Ein Forscher der Deutschen Bank schlägt vor, die Arbeit im Homeoffice zu besteuern. Das Geld könnte an die Ärmsten und jene in systemrelevanten Berufen gehen.

      Mit einer Steuer auf die Arbeit im Homeoffice könnten die drastischen Folgen für jene Millionen von Menschen zumindest finanziell abgefedert werden, denen dies nicht möglich ist. Das schlägt ein Forscher der Deutschen Bank in einem Konzeptpapier vor, dass die Finanzinstitution auf Englisch veröffentlicht hat. Darin erklärt Luke Templeman, dass der durch die Corona-Pandemie deutlich vorangetriebene Wechsel hin zu mehr Arbeitsstunden im Homeoffice dafür sorge, dass immer mehr Menschen mit allen Vorteilen am Wirtschaftsleben teilnehmen können, ohne zu der zugehörigen Infrastruktur beizutragen. Eine Besteuerung könnte dieses Missverhältnis ausgleichen helfen.

      Mehr Vor- als Nachteile
      Während der massenhafte Wechsel ins Homeoffice in der Pandemie vor allem dem Gesundheitsschutz und der Einschränkung der Kontakte diente, hätte er für die Betroffenen auch deutliche finanzielle Vorteile, heißt es in dem Papier "What we must do to rebuild". So würden sie Fahrtkosten einsparen, aber auch Kosten für Kleidung, Nahrung und Reinigung. Während der Arbeitgeber von der Verringerung der sozialen Kontakte profitiere, hätten die Arbeitnehmer eine höhere Jobsicherheit, mehr Flexibilität und mehr Bequemlichkeit. Dem stünden zwar auch Nachteile gegenüber, etwa durch mehr mentalen Stress und Enge im Heim. Im Vergleich wögen die aber deutlich weniger schwer, behauptet der Forscher.

      Um seine These zu untermauern, verweist der Autor unter anderem auf Umfragen, denen zufolge im Verlauf der Pandemie immer mehr Beschäftigte angaben, davon auszugehen, auch nach deren Ende zwei oder drei Tage im Homeoffice zu arbeiten. Außerdem sei der Anteil jener gestiegen, die ihre Arbeit im Homeoffice für produktiver halten. Mindestens zeitweise hätten in Großbritannien 47 Prozent der Arbeitnehmer, in den USA 50 Prozent und in Deutschland sogar 67 Prozent im Homeoffice gearbeitet, heißt es noch. Ein Drittel der neuen Heimarbeiter gehen demnach davon aus, auch nach Corona zwei Tage pro Woche zu Hause zu bleiben.

      Steuereinnahmen in Milliardenhöhe
      Zentraler Bestandteil der Studie sind dann Berechnungen zur Höhe der vorgeschlagenen Homeoffice-Steuer. Ein Tag Heimarbeit würde demnach mit 5 Prozent (des Tageslohns) besteuert. Unternehmen die ihren Mitarbeitern keinen Büroplatz stellen, müssten diesen Betrag übernehmen, andernfalls würde er den Beschäftigten abgezogen. In Deutschland könnten so jährlich fast 16 Milliarden Euro zusammenkommen, die an die unteren 12 Prozent verteilt werden sollten. Viele von denen hätten in der Pandemie Gesundheitsrisiken auf sich genommen und seien viel systemrelevanter, als es ihr Lohn nahelege. In Deutschland könnten ihnen jährlich 1500 Euro ausgezahlt werden.

      Durch eine solche Umverteilung würden nicht einfach nur Unternehmen subventioniert, die in der veränderten Arbeitswelt gar nicht mehr nötig seien, argumentiert der Autor noch. Das könnten etwa Bäckereien seien, die an Kundschaft verlieren. Stattdessen ginge das Geld an jene Menschen, die durch Kräfte ihren Platz in der Gesellschaft verloren hätten, durch Kräfte, auf die sie keinen Einfluss haben: "Diejenigen, die das Glück haben, sich von der 'Angesicht-zu-Angesicht-Wirtschaft' abkapseln zu können, schulden es ihnen."

      Quelle: Konzept: Steuer auf Homeoffice könnte Milliarden für Krisenverlierer bringen | heise online
    • Forscher kritisieren Vorschlag für Besteuerung des Homeoffice

      Ein Analyst der Deutschen Bank hat Steuern für Arbeitnehmer im Homeoffice ins Spiel gebracht – und sich damit Kritik auch von Ökonomen eingehandelt.

      Der Vorschlag, die Arbeit im Homeoffice zu besteuern hat nicht nur in sozialen Netzen Kritik und Spott geerntet. Auch Wirtschaftsforscher halten die Vorschläge für wenig zielführend. Mit dem Geld sollten Finanzschwache und Verlierer der Corona-Krise unterstützt werden. Das Konzept aus der Forschungsabteilung der Deutschen Bank fällt in eine Zeit, in der die Politik über Wege zur Förderung von Arbeit aus dem Homeoffice streitet.

      Wider das Gerechtigkeitsempfinden
      "Das geht aus meiner Sicht dem intuitiven Gerechtigkeitsempfinden von vielen gegen den Strich, weil viele Arbeitnehmer im Homeoffice eher das Gefühl haben, finanziell bestraft zu werden", sagt Jan Schnellenbach, Wirtschaftsprofessor an der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus. Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung, nannte die Vorschläge auf Twitter "schon schräg".

      Der Analyst hatte in einem kurzen Aufsatz für die Analyse- und Forschungsabteilung der Deutschen Bank, DB Research, Steuern für Arbeitnehmer im Homeoffice ins Spiel gebracht. Der Autor geht davon aus, dass auch nach der Corona-Krise viele Menschen weiter von zu Hause aus arbeiten wollen.

      "Die Arbeit von zu Hause ermöglicht direkte Einsparungen etwa bei der Anreise, dem Mittagessen, Kleidung und Reinigung", schreibt er. Kosten entstünden den Beschäftigten vor allem indirekt in Form von "zusätzlichem mentalen Stress" etwa durch die Kinderbetreuung während der Arbeit oder der schlechteren Ausstattung am Heimarbeitsplatz. "Diese Kosten dürfen nicht unterschätzt werden, sie verblassen aber für gewöhnlich im Vergleich mit den Vorteilen", heißt es weiter.

      Für die Wirtschaft hingegen sei die Arbeit Tausender Menschen im Homeoffice ein schwerer Verlust. Über lange Zeit hätten sich Wirtschaftszweige wie der Einzelhandel sowie Infrastrukturen rund um die Arbeit im Büro entwickelt. Falle diese weg, verschärften sich die ökonomischen Probleme weiter. Vom Mittagessen oder dem Pausenkaffee hingen eben auch Arbeitsplätze und Unternehmen ab, lautet das Argument.

      Der Autor schlägt deshalb eine Steuer in Höhe von fünf Prozent auf das Bruttoeinkommen vor. Sie soll nur an den Tagen erhoben werden, an denen auch zu Hause gearbeitet wird. Bei einem Bruttoverdienst von rund 40 000 Euro im Jahr seien dies rund 7,50 Euro pro Homeoffice-Tag. Der Staat könnte auf diese Weise rund 15,9 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen, rechnet der Analyst vor. Mit dem Geld könnten dann diejenigen unterstützt werden, die ein geringes Einkommen haben oder ihre Arbeit in der Corona-Krise verloren haben.

      Schließlich hätten hauptsächlich besser Verdienende die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. In vielen systemrelevanten Berufen mit niedrigeren Einkommen gebe es diese Wahl hingegen häufig nicht.

      Homeoffice kein Indikator für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
      Dieser Umverteilungsvorschlag ist nicht neu und wird grundsätzlich von vielen Ökonomen geteilt. Dennoch stößt die Art und Weise auf Kritik. "Ich finde das unter Gerechtigkeitspunkten nicht wirklich nachvollziehbar", sagt BTU-Wirtschaftsprofessor Schnellenbach. "Wenn man umverteilen will, dann kann man das am Einkommen festmachen. Ob jemand im Homeoffice arbeitet, ist kein Indikator für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit."

      So sieht es auch Stefan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): "Das Argument der gerechten Verteilung der Krisenkosten ist gut, aber das soll man am Einkommen messen und nicht daran, ob Menschen im Homeoffice sitzen." Zudem gehe die politische Diskussion derzeit in die entgegengesetzte Richtung.

      In der großen Koalition wird derzeit darüber debattiert, die Arbeit zu Hause auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen. Neue Steuern sind da nicht vorgesehen, dafür aber Steuererleichterungen. Mobiles Arbeiten spare einerseits Zeit, Verkehr und CO2, heißt es etwa in einem Papier der Unionsfraktion. Andererseits entstünden Kosten etwa für Breitbandzugänge oder Materialien. Hinzu kommen höhere Kosten für Wasser und Energieversorgung. Diese Kosten werden im Aufsatz nicht genannt.

      Dafür gebe es schon heute die Regelungen zur Anerkennung eines Arbeitszimmers bis zur Höchstsumme von 1250 Euro, schreibt die CDU/CSU-Fraktion. Künftig solle der Arbeitgeber mobil Arbeitenden Kosten steuerfrei ersetzen dürfen, selbst wenn einzelne Elemente wie ein Breitbandanschluss auch privat mitgenutzt werden.

      Quelle: Forscher kritisieren Vorschlag für Besteuerung des Homeoffice | heise online