Geplante Pflicht zu Fahrzeugdaten-Teilung weckt Begehren und Befürchtungen

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  • Geplante Pflicht zu Fahrzeugdaten-Teilung weckt Begehren und Befürchtungen

    Die EU sieht vor, Fahrzeugdaten besser zugänglich zu machen. VDA, Versicherungen, unabhängige Werkstätten und VdTÜV beziehen vorsorglich schon ihre Positionen.

    Die EU plant, in diesem Jahr ihren "Data Governance Act" vorzulegen. Das Bundesforschungsministerium will im November den Ideenwettbewerb für künftige Datentreuhänder starten. Versicherer, freie Werkstätten, TÜV und Teilehändler erhoffen durch die geplanten Regelungen zu Datenteilung und -management einen umfassenderen Zugriff auf Autodaten. Milliardengeschäfte mit Reparaturen und Dienstleistungen im Auge bringen sie sich bereits lautstark in Position.

    Fahrzeugdaten sollen Ursachenforschung ermöglichen
    Deutschlands größter Versicherer Allianz betont, dass er beim Datenzugriff für seine Unfallursachenforschung nicht vom Hersteller abhängig sein wolle. Einen wichtigen Anwendungsbereich für Datentreuhänder sieht die Allianz im Rahmen der Aufklärung von Unfällen mit hoch- und vollautomatisiert fahrenden Fahrzeugen, wie Jochen Haug, Vorstandsmitglied der Allianz Deutschland sagt.

    "Die Aufklärung der Unfallursache ist für die Allianz von erheblicher Bedeutung, da wir im Schadenfall feststellen können müssen, ob unser Kunde für den Unfall verantwortlich ist." Das Argument der Allianz: Wenn nicht geklärt ist, wer oder was einen Unfall verursacht hat, kann der Schaden auch nicht reguliert werden.

    Der TÜV fürchtet indirekten Missbrauch durch Hersteller
    Der Ideenwettbewerb des Forschungsministeriums soll zunächst nur klären, wie Treuhänder arbeiten könnten. Das ist dem TÜV zu langsam. "Eine schnellere Regulierung wäre essenziell", sagt Richard Goebelt, Leiter des Geschäftsbereichs Mobilität beim Verband VdTÜV. "Da spielt ein Datentreuhänder natürlich eine riesengroße Rolle, bei dem Daten hochsicher abgelegt werden könnten, um Unfälle aufzuklären. Es würde Missbrauch Tür und Tor öffnen, wenn die Hersteller bestimmen, welche Daten Aufklärung von Unfällen freigegeben werden oder nicht."

    Dabei geht es um die Frage, ob Hersteller versucht sein könnten, technische Mängel der Autos zu verschleiern. Allianz-Mann Haug sieht das aus Versicherungsperspektive so: "Wenn ein Fehler am Fahrzeugsystem für den Unfall verantwortlich ist, zahlen wir zwar an den Geschädigten, nehmen dann aber beim Hersteller Regress, und der Schadenfreiheitsrabatt unseres Kunden wird nicht belastet".

    Freie Werkstätten sehen ihr Recht auf Reparatur gefährdet
    Autoteilehandel und Werkstätten geht es um Reparaturaufträge. Hersteller hätten früh "begonnen, die von ihnen produzierten Fahrzeuge mit Telematiksystemen auszustatten, mit denen sie exklusiv kommunizieren", sagt ein Sprecher des Gesamtverbands Autoteile-Handel (GVA). "Damit besteht die Gefahr, dass unabhängige Marktakteure ihre Diagnose-, Reparatur- und Wartungsleistungen für ein Fahrzeug nicht gleichberechtigt, das heißt, zu fairen Wettbewerbsbedingungen durchführen können und so vom Markt verdrängt werden."

    Eine Hauptfrage ist dabei, wer Autobesitzer in welche Werkstätten lenken darf und kann. Die Hersteller haben Vertragswerkstätten, ebenso die Versicherer, daneben gibt es ungebundene Werkstätten ebenso wie Reparaturketten, die mit Autoteilehändlern kooperieren.

    Der Digitalverband Bitkom warnt vor Zwang
    Die Autoindustrie sieht die Lage naturgemäß anders. Die Hersteller fürchten eine Situation, in der sie Autos und Software zuerst für viel Geld entwickeln, um anschließend die Früchte ihrer Arbeit mit unwillkommenen Nutznießern teilen zu müssen. Diese Sorge treibt nicht nur die Autobranche um, auch der Digitalverband Bitkom hat vor exzessivem Zwang zur Datenteilung gewarnt. Wer seine Innovationen mit Wettbewerbern teilen muss, hat wenig von seiner Erfindung – und damit sinkt die Motivation, überhaupt noch etwas zu erfinden.

    Der Verband der Autoindustrie befürchtet Manipulation
    Wie Allianz und VdTÜV argumentiert der Verband der Autoindustrie (VDA) mit öffentlichem Interesse: der Sicherheit. "Dabei gilt es, sowohl die Fahrzeug- und Nutzerdaten gegen unautorisierte Zugriffe als auch jegliche Fahrzeugfunktionen gegen Manipulation zu schützen", heißt es beim VDA. Das bezieht sich darauf, dass die Sicherheit leiden könnte, wenn Fahrzeugdaten auf externen Servern liegen, die für viele Interessenten zugänglich sind.

    Autoteilehändler und Werkstätten fürchten um große Teile ihres Geschäfts. "Wenn sensor-/fahrzeuggenerierte Daten dem Fahrzeughersteller übermittelt werden, der mögliche Wartungs- und Reparaturarbeiten in seinem Vertragsnetz halten will, wird er diese Informationen zuerst auswerten", heißt es beim GVA. Letztlich hat die Auswahl der Werkstatt Auswirkungen auf die Frage, welche Teile verbaut werden – Originalersatzteile oder günstigere Fremdfabrikate.

    Quelle: Geplante Pflicht zu Fahrzeugdaten-Teilung weckt Begehren und Befürchtungen | heise Autos
  • Sicher ein hochkomplexes Thema bzgl. der Datensicherheit, allerdings hätte so ein "Register" sicher auch Vorteile.

    Soweit mir das bekannt ist, gibt es etwas ähnliches ja in den USA seit einigen Jahren schon.
    Dort werden wohl Inspektionen, Reparaturen und Unfallschäden samt Instandsetzungen durch die Werkstätten an eine zentrale Stelle gemeldet.
    Bei dieser Institution kann man gegen Zahlung einer Gebühren dann über Angabe der Fahrzeugdaten die Historie des Fahrzeugs erfahren.
    Ob es jedoch gesetzlich geregelt ist, dass Werkstätten das alles melden müssen, ist mir leider nicht bekannt. Allerdings wird in den USA häufig bei Verkaufsanzeigen auf die Möglichkeit verwiesen, sich auf diese Weise über die Historie des Fahrzeugs informieren zu können.

    Im Prinzip würde so ein Register so manchen verschwiegenen Unfallschaden und manipulierten Tachostand usw. "sichtbar" machen.
    Auch die Fälle, in denen die Fahrzeugpapiere hochpreisiger Fahrzeuge nach Totalschäden (im In- oder Ausland) durch "umfrisieren" gestohlener Fahrzeuge gleichen Typs genutzt werden, um die gestohlenen Fahrzeuge wieder verkaufen zu können, dürften damit erschwert werden.