Bei meinem Vorstellungsgespräch im Juli wurde mir mitgeteilt (versprochen?!),
die Ausbildung beginnt für mich im September. Ihm Rahmen meines Praktikums
soll ich auch im Call-Center telefonieren um Kunden anzuwerben. Ab und
zu muss ich auch zu Kunden herausfahren.
Ich begann mitte Juli ein Praktikum bei der Firma. Dieses besteht ausschlieslich daraus Leute am Telefon anzuwerben, indem ihnen Steuersparmöglichkeiten offeriert werden. Wenn im Telefoniebereich der Firma Termine ausgemacht werden, muss ich zu den potenziellen Kunden mit meinem eigenen Fahrzeug herausfahren und dort ein Informationsgespräch führen. Dabei verfahre ich in der Woche ca. 350 km für die Termine und 400 Kilometer im Monat für den Weg zur Firma. Ich bekomme eine Vergütung von 0,3 € pro Kilometer und für jedes erfolgreiche Informationsgespräch 20 €.
Mitte August sprach ich die Dame mit der ich auch das Vorstellungsgespräch hatte darauf an, wann den nun die Unterlagen für die Ausbildung zu der
IHK geschickt werden. Sie erwiderte; der Chef verlangt mindestens ein
dreimonatiges Praktikum, bevor eine Ausbildung möglich ist. Als ich sie als
Lügnerin hinstellen wollte, meinte sie "du kannst deine Ausbildung auch im Oktober starten, das geht. War wohl ein Missverständniss".
Nach einigen Gesprächen mit dem Geschäftsführer startet meine Ausbildung
nun mit Verzögerung zu dem oben genannten Zeitraum.
Während der Unterzeichnung des Ausbildungsvertrags wurden mir keine
Informationen über den Ablauf der Ausbildung mitgeteilt. Nach dem
Motto "Unterschreib mal, und fertig". Sowieso wird während meines
Praktikums der Arbeitsbeginn (immer spät Abends) immer wieder neu festgelegt, und hängt zum Teil auch damit zusammen wann der
Aussendienst stattfindet. Ich hinterfragte die Arbeitszeiten und die Vergütung, mit dem Hauptargument: Autokosten. Diese wurden schnell ausweichend beantwortet und schnell kaschiert, indem mir Verdienstmöglichkeiten über Abschlussprovisionen und Weihnachtsgeld
offeriert wurden.
Als Ausbildungsgrundvergütung sind 430 € angesetzt => das absolute Minimum, unter dem die IHK keine Ausbildung zum Bürokaufmann zulassen
würde. Obendrauf kommt noch, dass die 20 € Provision pro erfolgreiches Informationsgespräch während der Ausbildung entfallen. Ein Berater der IHK meint, ca. 610 € sind bei meinem Ausbildungsberuf der Durchschnitt. Zuhause verrechnete ich, nach den Angaben des Geschäftsführers über den Verdienst, die Einnahmen und Ausgaben (Benzin, Wertverlust, Verschleiss des Autos durch zusätzliche Kilometer [nur durch die Ausbildung ca. 21600 km] Jahr, Freizeit....]. Mein Ergebniss war eine monatlicher "Gewinn" von +- 20 €.
Dann musste ich noch von den Telefonisten im Call-Center erfahren, wie mit
der vorherigen Auszubildenden umgesprungen wurde. Sie musste die
Toilette, die Böden und Teppiche putzen. Abends machte sie immer das
Telefonmarketing mit wenn kein Aussendiensttermin stattfand.
Für die Aussendiensttermine galt immer absolute Priorität; ob um 10 Uhr vormittags oder Nachmittags wenn sie in der Firma Wissen hätte vermittelt bekommen sollen. Selbst nach einem Berufsschultag musste sie Aussendiensttermine bis 20.00 Uhr wahrnehmen. Die Aussendiensttermine an sich laufen alle nach dem gleichen Schema ab: Erst ein wenig Smalltalk, dann einen auswendig gelernten Text aufsagen und am Ende eine Analyse ausfüllen. Sie brach die Ausbildung nach 10 Monaten ab.
Ich habe live miterlebt wie Bewerber für eine Ausbildung von sich aus, auch noch während des Vorstellungsgesprächs gehen wollten nachdem die Konditionen der Ausbildung vorgestellt wurden:
Mann MUSS ein eigenes Auto besitzen, sonst ist keine Ausbildung möglich!
Der Rest dürfte bekannt sein.
Ich bin zurzeit der einzige Auszubildende im Betrieb. Angeblich kommt nöchste
Woche noch ein Praktikant mit dem Wunsch einer Ausbildung hinzu.
Nun meine Frage: Würdet ihr diese Ausbildung unter den gegebenen Umständen machen, wenn ihr keine Alternative habt?