Eines, der wohl am rechtesten hängenden Staaten dieser Welt war zugleich ein armes Opfer des NS-Regimes. Zumindest wurde das immer betont.
"Österreich ist frei!" Hörte man 1955 von der Hofburg aus. Da fragt man sich: Durch Arbeit?!
Zur zweiten Zeit der Vollbeschäftigung in Österreich (1. Mal unter Hitler, 2. Mal unter Kreisky) gab es so viele Arbeitsplätze, dass es zu wenig Ösis gab, die sie belegen konnten. So holte man Arbeitskräfte durch aktive Zuwanderungspolitik nach Österreich. Viele Tausende Menschen strömten aus dem damaligen Jugoslavien in die Heimat der Österreicher. Viele ausgerechnet von da, wo "unser" Thronfolger 1914 erschossen wurde: Serbien. Zwar nicht aus diesem, aber aus einem folgenden Serbien kommt Marko. Ein Innsbrucker, wie ich. Aber nicht ganz:
Marko Miloradovic schrieb:
Meine Heimat
Ich muss das loswerden. Weil ich ansonsten das Gefühl habe, dass mich dieser Brand, der sich beim Lesen der Zeitungen in mir entzündet hat, verbrennen könnte. Und deswegen muss ich dieses Gefühl wegschreiben, weil ich es leid bin zu schweigen.
Barbara Rosenkranz kandidiert für das Bundespräsidentenamt und hat Potential. Nicht für den Wahlsieg, aber verschiedenste Polit-Institute geben ihr eine Aussicht auf über zwanzig Prozent der WählerInnenstimmen. Ich glaube ich muss nicht viel über die niederösterreichische Landesrätin schreiben; wir reden von einer Frau, die sich nie von den Positionen ihres Ehemannes Horst Rosenkranz, ein Faktor der rechtsextremen – Pseudointellektuellen, distanzieren wollte und die Existenz von Gaskammern als Teil der freien Meinungsäußerung abtut. Ich glaube, dass diese zwei Fakten (unter vielen Weiteren), ohnehin als konkrete Wahlempfehlung für Heinz Fischer zu verstehen sind, aber ich möchte auf etwas eingehen, was Barbara Rosenkranz und ihre Partei immer wieder für sich einnehmen wollen und auch bei dieser Wahl als “Trumpf” ausspielen werden: Die Heimat.
Ich heiße Marko Miloradovic. Ich wurde in einem Land geboren, das es nicht mehr gibt, weil es in einem brutalen Krieg auseinander gerissen wurde. Heute heißt das Land wieder Serbien. Ich bin 22 Jahre alt und lebe seitdem ich denken kann in meiner Stadt, in meinem Innsbruck. Ich bin Österreicher und Serbe. Für mich ist das kein Widerspruch, kein Integrationsunwille, sondern mein Leben. Ich liebe dieses Land, genauso wie ich mein Serbien liebe. Ich unterscheide mich von meinen FreundInnen, weil ich eine andere Religion habe, mit einer anderen Sprache aufgewachsen bin und weil nicht in jede Disko reinkomme. Auf die Frage, was ich werden wolle, sagte mir man in der Volksschule im vorauseilenden Gehorsam, dass “wir auch gute Arbeiter bräuchten”. Ich wollte Arzt werden. Meine Mutter erklärte mir damals, dass ich mir immer bewusst sein solle, dass “man uns” als AusländerInnen sehe und ich zwei – , ja dreimal besser sein müsse, um die gleiche Ernte einfahren zu können. Heute studiere ich Jus. Arbeite. Zahle Steuern und rege mich auf, wenn das alpine Herrenteam keine Medaille nach Hause bringt. Und wenn ich mal wieder der Einzige bin, der sich im Zug ausweisen muss, meine Identität einer Kontrolle unterziehen lassen muss (wie bildhaft), frage ich mich trotzdem “Was soll ich hier?”.
Das geht an Rosenkranz & Co.: Ich werde den Teufel tun. Mein Nachname endet mit -ic, ich spreche und schreibe besseres Deutsch, als der Großteil der nationalen Gfraster. Ich habe das gleiche Recht die Berge um Innsbruck zu lieben, genauso wie ich weiter über die österreichische Fußballnationalmannschaft motzen werde. Ihr seid nicht jene, die die Heimat gepachtet haben. Die anderen sind auch noch da. Mit dem gleichen Recht nehmen wir uns die Landschaft, den Kafka, die Mentalität und nennen es “unser”. Wir nehmen uns auch das Recht dieses Land und seine weit verbreitete braune Kruste zu hassen, weil wir es lieben – ohne Flagge, ohne falschen Stolz, ohne Nostalgie und ohne Rassismus. Der ehemalige deutsche Bundespräsident Gustav Heinemann sagte einmal: “Es gibt schwierige Vaterländer. Eines von ihnen Deutschland. Aber es ist unser Vaterland.”
Ich für meinen Teil, werde mich nie dem starken Gefühl der Ohnmacht beugen, fremd im eigenen Land zu sein. Ich werde dieses Land mit seinen Menschen nicht aufgeben. Da können noch so viele Hausfrauen daherkommen.
Quelle: profil blog Blog-Archiv Brief aus der Heimat
Videocast von Robert Misik - Folge 120:
Migranten? Aber geh, das sind doch unsere Landsleute!
Wem gehört nun also das Nationalgefühl? Dem Deutschen? Dem Österreicher? Dem Arier? Oder doch dem Türken? Darf ein Serbe sowas sagen? Darf ich jetzt den Kosovo lieben?
Für mich steht ganz klar fest, dass an Markos Meinung nichts auszusetzen ist. Im Gegenteil. Hier werden Dinge angesprochen, die so noch nie in Österreich gesagt worden sind. Und sogar die Vierte Macht im Staate hilft bei der Verbreitung dieser Wahrheit. Zumindest ein renomiertes Magazin und ein Videoblog...
Ich bitte um Eure Gedanken zu dem Brief, dem Thema, der Überschrift und zu eurem Patriotismus.
Lg
RamsesV
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