Mitleid mit meinem sehr anhänglichen Vater

  • Frage

  • FeliX_22
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  • Mitleid mit meinem sehr anhänglichen Vater

    Hallo!

    Mein Vater wohnt seit einigen Monaten alleine. Er war zuvor in einem großen Haus mit einer Partnerin, jetzt alleine in einer kleinen Wohnung. Er ist über 65, also Rentner und hat offensichtlich keinerlei Hobbys. Alles was er tut ist sich langweilen, fernsehen und spazieren (vermutlich jeden Tag fast die identische Strecke). Er ist auch körperlich nicht mehr der fiteste. Ich wollte ihm mal ein Fahrrad kaufen, das kann er gerade noch fahren. Auch geistig hat er etwas Probleme, er wäre wohl etwas orientierungslos. Man muss ihm alles 5 Mal erklären, bis er es begriffen hat.

    Mal abgesehen davon, dass die Situation für ihn sehr schwierig ist, habe ich damit auch große Probleme. Er möchte, dass ich ständig bei ihm bin, mir reicht es jedoch wenn ich ihn einmal die Woche sehe, oder auch mal nur alle 2 Wochen. Und wenn ich dann bei ihm bin und dann wieder aufbreche, ist er total traurig, was er anfangs auch deutlich gesagt hat. Wenn wir telefonieren, muss ich immer das Gespräch beenden. Ich habe das einmal bewusst nicht getan und wir schwiegen uns paar Sekunden am Telefon an - da war mein Verdacht bestätigt. Für heute war wieder einmal verabredet, dass ich zum Essen zu ihm fahre, aber eben hab ich mir gesagt "Warum tu ich mir das an?" und habe kurzerhand telefonisch abgesagt. Er wollte dann natürlich, dass ich morgen komme. Ach ich weiß einfach nicht weiter. Ich hab Mitleid. Ich hab ihm gesagt, dass ich nicht so oft kommen kann, was er auch verstanden hat. Er wollte doch mal tatsächlich, dass ich bei ihm übernachte. Sorry, aber da sehe ich keinen Sinn dadrin.

    Vielleicht ist die Situation vergleichbar mit einer Freundin, die ständig an einem hängt/klettet. Es ist ihm total peinlich, wenn er mich immer anruft, weil er sich so fühlt, als würde er mich belästigen. Da hilft es auch nicht, dass ich ihm schon 20 Mal versichert habe, dass er mich jederzeit anrufen kann (siehe oben geistige Probleme).

    Tja und für ihn selbst? Was soll er tun? Ich denke er braucht ein Hobby, einen Sinn im Leben. Werden wir alle (oder viele) mal so werden, wenn wir alt sind? Er ist schließlich mein Vater, wenn ich mich nicht um ihn kümmere, ist da niemand. Ich denke jetzt, betreutes Wohnen ist wirklich eine Alternative, allerdings sieht es finanziell sehr schlecht aus.

    Schreibt mir entweder Tipps oder einfach nur eure Gedanken dazu!

    Gruß

    FeliX_22

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von FeliX_22 ()

  • FeliX_22 schrieb:

    Es ist ihm total peinlich, wenn er mich immer anruft, weil er sich so fühlt, als würde er mich belästigen. Da hilft es auch nicht, dass ich ihm schon 20 Mal versichert habe, dass er mich jederzeit anrufen kann (siehe oben geistige Probleme).



    erstmal, das ist eine ganz blöde situation, und zwar für beide.
    DU hast viel (erwartungs-)druck, von dir selbst und von ihm, und auch er hat viel druck, denn: er hat schon recht. er belästigt dich, und das spürt er.
    Du sagst er kann dich jederzeit anrufen, aber ihr definiert das unterschiedlich, kann ich mir vorstellen.
    Dein "jederzeit" bezieht sich unter Umständen auf: "wenn etwas ist" (und das definierst du auch nicht so wie er), SEIN Wunsch wär durchaus, anzurufen,"wenn etwas ist", zb, wenn er sich einsam fühlt.
    er ist ja nicht blöd, er merkt schon, dass er - in der tat! - lästig fällt. das heißt nicht, dass du ihn nicht magst/lieb hast, wie auch immer ihr das untereinander bezeichnet.

    Ich versteh dich. (besser als mir lieb ist)
    ich versteh dummerweise auch ihn.

    klar, er braucht dringend inhalt und struktur in seinem leben.
    ich wär nicht so schnell damit, ihn geistig abzuschreiben, himmel, er ist noch keine 70.
    offenbart haben sich lebensumstände geändert? wann?
    er hat also jetzt binnen kürzerer zeit sowohl job als auch partnerin verloren? (geschieden, getrennt, wie auch immer?)

    und er war noch nie in der situation, seine zeit strukturieren zu müssen, er hatte früher seinen job, der hats eine zeit strukturiert, und seine partnerin. partnerinnen sind bei männern oft für das soziale netz zuständig.

    ok, mal eine frage: was kann er? wo sind seine stärken?
    sowohl von seinen fähigkeiten, als auch vom charakter her?

    wenn es um struktur geht, gäbe es zb möglichkeiten in ehrenamtlicher arbeit?
    die vielleicht einer seiner stärken entgegenkommt?
    was hat er denn früher mal gesagt, wofür er immer mal gern zeit hätte?

    seniorenzentren bieten zt auch durchaus beratungen an, da sind dann auch menschen, die seiner generation nahestehen, die durchaus ähnliche probleme haben.

    was ist eigentlich so schlimm daran, sich ein paar sekunden anzuschweigen?

    eigentlich gehört schweigen zu einem gespräch dazu....

    wie ist eure kommunikationsstruktur?
    was kannst du dir vorstellen, an präsenz, an gespräch, sei es telefonisch oder live, was du GERN gibst, ohne das gefühl (wie es jetzt da ist), dass es dir zuviel ist?
    oder lieber gar nicht?
    ich fürchte, in dem maß, wie du denkst, du müßtest IMMER präsent sein oder denkst, dein vater denkt das), willst du gar nicht mehr.

    er bemüht sich ja schon um sowas wie struktur. spaziergänge, tv.
    egal ob das dinge sind, die du gut findest, auch wenn er denselben weg täglich geht: es ist sein versuch, aktiv etwas zu gestalten.

    ich kann mir denken, dass es jetzt wirklich schwierig wird, denn jetzt geht es um das, wovon du irgendwo in dir denkst, du müsstest es tun, oder ein teil von dir denkt, dein vater erwartet es. und unter umständen sind dies dinge, über die man ungern redet, um nicht als arsch dazustehen, und um den anderen nicht zu verletzen.

    also auch eine frage für DICH ganz allein: bist du eigentlich gern mit ihm zusammen?
    und was würdest du mal gern mit ihm machen? wie würdest du deine zeit gern mit ihm verbingen?

    was glaubst du, wär seine wunschvorstellung (zeitmanagement, wieviel zeit will er mit dir verbringen) und was wäre deine?

    ....erstmal :D
    ME/CFS # Ever tried, ever failed, no matter. Try again, fail again, fail better. (Beckett) # You are only given one little spark of madness. You mustn't lose it. (R.Williams) # Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.(Clarke)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von sorei ()

  • Das sind sehr viele Fragen sorei :)

    Er ist schon länger Rentner, nur seit etwa 3 Monaten lebt er alleine. Ich muss nochmal betonen, dass er wirklich geistig etwas verwirrt ist. Und das hat die Beziehung dann irgendwann nicht mehr verkraftet. Daher sehe ich auch keine Chance für eine neue Beziehung. Wer will sich denn schon sowas antun? Jemand der verlernt hat, wie es ist selbständig zu sein, nicht bei jeder Kleinigkeit den Partner mit Fragen über Fragen zu belästigen und alles am besten 5 Mal wiederholt und sich selbst muss er alles aufschreiben, weil er vieles vergisst. Ich fand es früher blöd von seiner Partnerin, wenn sie meinem Vater gegenüber sehr ruppig war. Keine 2 Wochen nach seinem Umzug und dem vielen Kontakt den wir beide dadurch hatten, habe ich mich in ihrer Situation wiedergefunden. Erst mal nur soviel zu seiner geistigen Verfassung. What is that? (Τι είναι αυτό) 2007 - YouTube

    Sich am Telefon anzuschweigen ist kein Problem, es zeigt mir nur wie schlimm es um ihn steht, wenn er so sehr abhängig von mir ist.

    Es kann mir doch egal sein, wenn er täglich den selben Weg entlang spaziert. Ich sage das seinetwegen, weil das doch sehr langweilig sein muss. Wenn es aber gut für ihn ist, weil er dadurch Routine/Wiederholung hat (alte Menschen mögen keine Veränderungen), dann wunderbar.

    Soziales Netz? Er hat glaub ich keine Freunde. Nein, da fällt mir wirklich grad niemand ein. Dadran ist er auch selbst schuld, weil er sich früher als so überlegen/perfekt sah, und die Schwächen anderer Menschen (Unpünktlichkeit/Unehrlichkeit/über andere herziehen) für ihn immer Grund genug waren den Kontakt abzubrechen. Du kannst mir das ruhig genau so glauben, wie ich das schreibe, egal wie komisch das klingt.

    Die Idee mit der ehrenamtlichen Tätigkeit klingt wirklich gut. Jeden Morgen früh aufstehen, anderen helfen (etwas was ihm immer schon wichtig war), dass würde er noch hinkriegen. Man muss nur aufpassen, dass es ihn körperlich nicht noch mehr fertig macht, als seine Arbeit früher und dass es nicht so kompliziert ist, dass er etwas vergisst. Er kann aber nicht mit behinderten Menschen arbeiten, das macht ihn fertig, da würde er von der Arbeit nicht abschalten können.

    Ja, natürlich sehe ich mich in der Verantwortung. Er ist mein Vater. Früher war er für mich da, jetzt haben wir die Plätze getauscht. Und ich schrieb auch schon, dass es mir reicht ihn alle 2 Wochen zu sehen. Bloß gebe ich immer meinem Verantwortungsgefühl nach und sehe ihn tatsächlich etwa 2 mal die Woche. Heute werde ich wieder zum Mittagessen zu ihm gehen. Ich hab keine Lust drauf. :(

    Gruß

    FeliX_22
  • ich hab gleich einen Arbeitssamstag vor mir.

    Ich kanns gut verstehen, mit dem "Verantwortungsgefühl". Denk dran, auch bei geistiger Verwirrung, er kriegt es mit, wenn da wenig Neigung bei Dir ist.

    Wenn er verwirrt ist, ist Training und Struktur besonders wichtig.
    Struktur gibt Sicherheit.
    Training wirkt der Verwirrung entgegen.

    Alle möglichen Rituale spielen mit eine Rolle, auch, ob zb genug trinkt, zuwenig trinken kann Verwirrung stark unterstützen.

    Auch die Frage der Partnerschaft ist nicht automatisch abgehakt: es kommt auch immer aufs Umfeld an.
    Betreutes Wohnen kann eine gute Idee sein. Will aber vorbereitet sein, denk ich...

    Hab jetzt keine Zeit für mehr, ich melde mich später nochmal, so oder so, bei dir.
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    Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von sorei ()

  • Ehrlich?
    Wenn er wirklich verwirrt ist, kommst du nicht lange um die Frage herum ob er nicht doch in betreutes Wohnen geht.
    Dort sind viele Leute und um die Finanzierung musst du nicht soviel Sorge haben, da gibt es genug Links im Internet u.a. Elternunterhalt, die dir da weiterhelfen können.
    Aber wenn er das jetzt noch gesellschaftlich akzeptieren lernt dort unter Leuten zu sein, versorgt zu sein, ist es allemal besser als im Sessel vor dem Fernseher immer mehr abzubauen.

    Aber Gesprächstechnisch kannst du das nur langsam anfangen.
    Willst du fliegen, lass hinter dir, was dich nach unten zieht!
  • generell ein komplexes und auch schwieriges thema.

    nur weil wir vom kopf her wissen, dass bestimmte themen irgendwann auf uns zukommen, heißt das ja noch lang nicht, dass wir damit "umgehen" können...

    und es ist sehr schwer, zu akzeptieren, dass sich ein elternteil so beginnt zu verändern.
    das alles hat ja leider so viel mehr als nur organisatorische aspekte...

    andererseits kann zb depression, strukturverlust, auch vorübergehend zu vergleichbaren symptomen führen.
    und bei behandlung stablisiert werden...
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  • Hallo Felix,
    ich weiß ja nicht wo Du wohnst. Aber bei uns im Dorf mit ca. 4000 Einwohnern gibt es eine sehr rührige Szene. Sind beide von unseren Kirchen betreut.
    Ist aber bei beiden nicht sehr frömmelnd. Alten- Treffpunkt mit Kaffee-Kränzchen usw. Haben vor 4 Wochen ein Reparatur Caffe gegründet.
    Hat sehr guten Zulauf gehabt. Da lernt man andere Menschen im gleichem Alter kennen. Und es gibt auch eine ganze menge Witwen :D die oft ein Helfersyndrom haben. Und auch zT. bereit sind solche Leute etwas zu betreuen.
    Schau doch mal in Eure Tageszeitung. Da werden diese Treffs mit Zeiten aufgeführt. Kannst ja mit Deinem Vater mal hingehen und anschauen.
    Gruß
    Hans-Dietr
  • Nun, so ganz desolat scheint der Zustand Deines Vaters (noch) nicht zu sein: Er geht aus eigenem Antrieb spazieren, findet den Weg auch wieder zurück.

    Ich habe gestern Abend in einem Restaurant meiner Frau (sie ist so alt wie Du, ich bin ein bisschen älter) Deine Geschichte erzählt. Ihre spontane Idee: „Warum schenkt sie ihm kein Haustier? Da hätte er etwas (‚jemanden'), um das er sich kümmern und das er umsorgen kann. Es muss ja kein Hund oder ähnliches Tier sein (Zustimmung des Vermieters?), auch ein paar Wellensittiche brauchen ‚Zuneigung' und Pflege“

    Wäre dies eine Möglichkeit?
  • @Stary:

    auch eine Super-Idee, hat schon oft geholfen!
    ...und stimmt, deshalb schwanke ich ja auch.
    Das Spazierengehen ist ein relativ "neues" Ritual, und doch behält er die Orientierung.
    Deshalb betone ich immer wieder, manche Verwirrung kann auch andere Ursachen haben...
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  • StaryWojownik schrieb:

    „Warum schenkt sie ihm kein Haustier? Da hätte er etwas (‚jemanden'), um das er sich kümmern und das er umsorgen kann. Es muss ja kein Hund oder ähnliches Tier sein (Zustimmung des Vermieters?), auch ein paar Wellensittiche brauchen ‚Zuneigung' und Pflege“

    Das muss aber kontrolliert werden. Da die meisten Tiere mehrere Jahre leben, sich der Zustand der Person aber höchstwahrscheinlich weiter verschlechtern wird, muss jemand da sein der sich auch regelmäßig um das Tier/die Tiere kümmert. Es kann durchaus passieren dass vergessen wird, das Tier zu versorgen. Man sollte auch daran denken, das Tiere in Pflegeeinrichtungen kaum mitgenommen werden dürfen. Was wird dann aus dem Tier?
    Ich weiß wovon ich spreche, ich kümmere mich seit längerer Zeit um eine Demenzkranke Person.
    Weil die Klugen immer nachgeben, wird die Welt von den Dummen regiert!
  • @henry:

    wenn er wirklich demenzkrank ist, hast du recht. Dann muß jemand ein auge drauf haben.
    auf der anderen seite kann soetwas stabilisieren und helfen, wieder weniger verwirrt zu sein, wenn er jetzt nur eine verwirrte phase hat.
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  • Hallo. Bei uns hat die Stadtverwaltung eine Seniorenberatung, die auch viele Angebote für Demenzkranke bereit hält. Reisen, ein "Demenzcafe" und viele andere Angebote. Vor allem beraten sie einen dort, wie es mal weiter geht und was man beachten sollte.
    Vielleicht gibt es so was ja woanders auch?
  • Vielen Dank liebe Leute, das sind gute Tipps :) Und überhaupt, schön so viele Antworten zu bekommen :) Ich wollte jetzt nicht im Detail die ganze Krankheitsgeschichte meines Vater hier aufschreiben. Aber ja, Demenz wird in den nächsten Jahren ein größeres Thema werden. Als ich gestern bei ihm war, habe ich erzählt, dass ich eine ehrenamtliche Tätigkeit für ihn suche. Er war weder abgeneigt noch besonders interessiert.

    Ein Hund ist zu teuer, einen Wellensichtich kann man nicht so streicheln wie eine Katze, da ist der Begriff der Zuneigung doch sehr abstrakt. Außerdem hätte ich große Probleme damit, einen Vogel in einen kleinen Käfig einzusperren, nur damit sich ein Mensch etwas besser fühlt.

    Ich werde die Woche bei der Stadt herumfragen, was es alles an Möglichkeiten gibt.

    Gruß

    FeliX_22
  • Nabend FeliX_22

    habe jetzt erst die Zeit gefunden Dir auch noch ein paar Tips zugeben. Da Du erwähnt hast dein Vater wäre demenzkrank, ist das den schon von einem Arzt festgestellt worden? Wenn nicht, dann lass es erstmal von ärztlicher Seite untersuchen. Ist meist erstmal ein Aufwand, wenn es leider wirklich so ist, stehen Dir dann noch mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Außer den ehrenamtlichen Diensten kannst Du dann z. B. bei der Kasse Betreungsgeld beantragen, oder in einer Alzheimer Therapiegruppe Unterstützung finden, auch gibt es Pflegedienste die Betreuung anbieten.

    Und für Dich, es gibt Selbsthilfegruppen für demenzkranke Angehörige. Da bekommst Du auch viel Unterstützung.
  • Hallo Felix,

    wenn festgestellt werden sollte, dass dein Vater dement ist, würde ich persönlich nach einem Pflegeheim suchen.
    Du schreibst von peinlichen Situationen, sie sind aber am peinlichsten für den Vater. Wenn Demente wieder "normal" reagieren, sind sie voller Selbstzweifel und die Situation, speziell zu Hause ist für Sie, wie auch Dich extrem peinlich, sprich belastend.
    Wenn Du fair zu deinem Vater sein willst und unbeschwerten Umgang haben möchtest ist ein Pflegeplatz besser. Du hast neben einem Berufsalltag gar nicht die nötigen Kapazitäten frei dafür.
    Deine Vater daheim zu haben nur um dein Gewissen zu beruhigen, wäre schade für Euch.
    Gruß
    Mganga
  • Solange eine Person noch in der Lage ist, den Alltag alleine zu meistern, bzw. ohne Gefahr, für sich und andere alleine zu leben, sollte man diesen Menschen auch nicht in ein Pflegeheim abschieben. Oder denkt hier einer, nur weil jemand Dement ist, bekommt er das nicht mehr mit? Über die Zustände, in vielen solcher "Pflegeeinrichtungen", wollen wir hier gar nicht erst reden.
    Ich hatte hier schon dreimal angesetzt etwas zu schreiben, hab es dann vor dem Absenden aber immer wieder gelöscht. Diesmal werde ich das nicht tun.
    Ich weiß das es schwer ist und ich weiß, das man gewisse persönliche Opfer bringen muss, wenn es um die Pflege von Angehörigen geht. Aber Herrgott noch mal, es sind Angehörige, in diesem Fall der Vater und da platzt mir der Kragen wenn ich dann so Dinge lesen muss wie "ich habe keine Lust vorbei zu fahren", "mir reicht das wenn ich den alle paar Wochen mal sehe", "hat offensichtlich keine Hobbys", "wollte doch mal tatsächlich, dass ich bei ihm übernachte .... sehe aber keinen Sinn da drin" ...........

    Du wolltest Tipps. Man kneif den Arsch zusammen und kümmere dich um deinen Vater. Der braucht nicht dein Mitleid. Der braucht deine Hilfe und Zuneigung!
    Kümmere dich um einen Termin bei einem Facharzt (Neurologen). Es muss festgestellt werden, ob es sich überhaupt um eine Demenz handelt. Es kann sich auch um eine Depression handeln, die mit Medikamenten behandelt werden kann. Sollte eine Demenz festgestellt werden, und es ist außer dir niemand weiter da, dann brauchst du über kurz oder lang eine Vorsorgeverfügung, Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht. Es kann sonst passieren das vom Gericht eine Betreuer eingesetzt wird. Des weiteren muss kontrolliert werden, ob dein Vater seinen finanziellen Verpflichtungen pünktlich nachkommt. Soll heißen kümmere dich darum das Miete, Strom, Gas und dergleichen pünktlich bezahlt werden. Hier ist eine Bankvollmacht erforderlich (nicht um das Konto leer zu räumen) damit du eingreifen kannst um z.B. Rückbuchungen zu veranlassen. Kümmere dich auch darum das Termine eingehalten werden. Auch wird dein Vater zu diesen Terminen eine Begleitung brauchen. Beantrage Leistungen wie z.B. einen Grad der Behinderung beim Versorgungsamt und Pflegeleistungen bei der Krankenkasse. Veranlasse beim Vermieter, der Bank, dem Arzt, der Krankenkasse usw. das du benachrichtigt wirst, wenn irgendwas ist.
    Ich denke das reicht erst mal für den Anfang. Bevor du nun aber sagt, das tue ich mir nicht an, organisiere den Facharzt Besuch, damit festgestellt wird, ob das überhaupt alles nötig ist. Und begleite deinen Vater zu diesem Termin, du musst mit dem Arzt sprechen. Das ist wichtig!
    Weil die Klugen immer nachgeben, wird die Welt von den Dummen regiert!

    Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von Henry277 ()

  • @Henry

    je nachdem - völlig abgehoben jetzt von Felix - wie die Beziehung ist, kann es besser sein, wenn sich nicht das "Kind" kümmert.
    Je nach dem, kann das durchaus eher schädlich sein.

    Was nichts an der Tatsache ändert, dass er Zuneigung braucht, Verständnis und Hilfe.
    Ob das zwangsläufig von Verwandten sein muß oder kann, ist eine 2.Frage.
    (wie gesagt, abgehoben von Felix)

    Eine diagnostische Abklärung wäre wirklich wichtig, klar.
    Wobei auch hier die Frage ist, ob der Vater das WILL, ob er da freiwillig mit hin geht.
    Gerade bei uneindeutigen Situationen steht man unter Umständen auch plötzlich als Kind in einer eigenwilligen Situation, als "wolle" man dem Elternteil etwas...aus Sicht des Elternteils und des Arztes, gerade wenn es sich um Reaktionen handelt, die eben "Schmerz laß nach, der Arzt kommt" in der Überprüfungs-Situation plötzlich weg sind.
    Hab ich selbst auch erlebt.

    Von daher wärs schon hilfreich, wenn der Betroffene selbst tatsächlich kooperiert und eigenes Interesse an der Diagnose hat.
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  • Lieber Henry und auch sorei, ich habe geschrieben

    Ich wollte jetzt nicht im Detail die ganze Krankheitsgeschichte meines Vater hier aufschreiben. Aber ja, Demenz wird in den nächsten Jahren ein größeres Thema werden.


    Da ist also einiges, was du nicht weißt und ich sehe nach wie vor keinen Sinn darin, hier alles detailliert aufzuschreiben, wohlwissend, dass mir dann entsprechende Ratschläge verwehrt bleiben. Und mal abgesehen davon, dass du geschickt dass "Sorry" in den Zitatfetzen weggelassen hast, begrüße ich, dass du dein Zögern überwunden hast und nun auch sagst was du wirklich denkst :)

    Mir ist völlig klar, dass sich Angehörige nur bis zu einem bestimmten Grad um kranke Familienmitglieder kümmern können. Ich bin nun mal kein Arzt und ab einem Punkt geht es ohne professionelle Hilfe nicht weiter.

    Wenn ich mir nochmal eure letzten Posts anschaue, scheint es hauptsächlich um die Demenz zu gehen. Na gut, dann eben ein Satz hierzu: Mein Vater ist bereits in ärztlicher Behandlung wegen Depressionen und Demenz. Und deshalb habe ich hier nicht das Bedürfnis nach medizinischem Rat. Das wird deutlich, wenn ihr den Startpost liest, und nicht die vielen Posts, wo es um Demenz geht.

    Aber um zurück zum Thema zu kommen: Es geht darum, dass mein Vater kein Hobby hat. Er bestreitet seinen Haushalt völlig selbständig. Wenn ich mich so ausgedrückt habe, dass er kränker ist als das, dann habe ich von der Zukunft gesprochen (hoffentlich sehr sehr spät).

    Das beste, was ich bisher gefunden habe sind Altentagesstätten. Ich wusste nicht, dass es sowas gibt, das scheint ideal für meinen Vater zu sein. :) Leider hatte ich noch keine Zeit mich darum und um eine ehrenamtliche Tätigkeit zu kümmern.

    Und bitte Henry, deine Kritik in Ehren, aber lies nochmal wie oft ich tu was ich will, und wie oft ich meinem Verantwortungsgefühl nachgebe ;) Ach und erklär mir mal warum dir der Kragen platzt, weil ich andere Vorstellungen von "gemeinsamer Zeit" habe als mein Vater. Das hast du praktisch in jeder Beziehung zwischen 2 Menschen. Die meisten deiner restlichen Punkte hab ich schon längst abgehakt (erledigt). Du scheinst Erfahrung in dem Bereich zu haben, ich komme gerne nochmal auf dich zurück, wenn ich Fragen dazu habe (auch hier hoffe ich, dass das noch lange dauern wird).

    Gruß

    FeliX_22
  • Hallo FeliX_22,

    ich kann deine schwierige Situation gut nachvollziehen.
    Vor einigen Jahren habe ich ähnliches mit meiner Mutter erlebt.
    Solange noch beide Eltern lebten waren die Kinder deutlich weniger gefordert - wenn nur noch einer übrig bleibt, wächst wohl das familiäre Anlehnungsbedürfnis.
    Grundsätzlich ist das der Lauf der Dinge - Kinder brauchen Eltern und irgendwann drehen sich die Verhältnisse; das kann sich, je nach hierarchichem Gefälle in einer Familie, besonders schwierig gestalten, ganz abgesehen davon, dass man schließlich auch das eigene Leben zu bewältigen hat.
    Mir war beim Kümmern um meine Mutter eine große Hilfe, dass wir 3 Kinder sind, so dass wir uns bei allen anfallenden Aufgaben immer abwechseln konnten.
    Glücklicherweise hatte meine Mutter auch noch einen großen Freundeskreis, der einiges aufgefangen hat.
    Vielleicht habt ihr auch noch verwandtschaftliche Verflechtungen, die hier einplanbar sind.
    Ansonsten wäre mein Credo: Besuch beim Vater so oft wie nötig, so wenig wie möglich.
    Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit! (Erich Kästner)
  • Da muss ich doch stark protestieren littleprof!

    Besuch beim Vater so oft wie nötig, so wenig wie möglich.


    Ich kann schlecht in Zahlen ausdrücken, wie viel oder wenig ich ihn sehen will, zumal er mir keine Chance gibt, ihn zu vermissen. Es ist aber auch nicht so, dass jeder Besuch eine Qual ist. Dein "so wenig wie möglich" finde ich unangebracht!

    Gruß

    FeliX_22
  • ich glaub ich versteh lp hier schon, evtl könnte man einen begriff in den satz mit einbeziehen:

    so viel wie nötig, so wenig belastend wie möglich...

    er meinte glaub ich nicht:
    so viel wie nötig, so selten wie möglich...
    ME/CFS # Ever tried, ever failed, no matter. Try again, fail again, fail better. (Beckett) # You are only given one little spark of madness. You mustn't lose it. (R.Williams) # Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.(Clarke)