Viel Kritik am geplanten Patientendaten-Schutzgesetz

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    • Viel Kritik am geplanten Patientendaten-Schutzgesetz

      Der Entwurf eines Patientendaten-Schutzgesetzes stößt auf Kritik. Ärzte, Apotheker und Krankenkassen, aber auch Datenschützer haben Änderungswünsche.

      In Deutschland soll 2021 nach dem Digitalen Versorgungsgesetz (DGV) eine elektronische Patientenakte (ePA) eingeführt werden, aber nach dessen Verabschiedung wurden Fehler beim Datenschutzkonzept gefunden. Mit dem Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) soll deshalb nun geregelt werden, wer wie wann und wo auf die Daten der Patientenakte und des elektronischen Rezeptes zugreifen kann.

      Der 141 Seiten starke Entwurf des PDSG wurde nun in einer geschlossenen Anhörung von den Verbänden kritisiert. Besonders die Datenschützer schlagen Alarm, weil die sogenannte "Datenspende" schlecht geregelt ist. Wer einwilligt, die Daten der Patientenakte zu Forschungszwecken freizugeben, kann diese Einwilligung nicht rückgängig machen. Das widerspreche klar der DSGVO.

      Änderungswünsche aus der Wirtschaft
      Doch nicht allein die Datenschützer haben Änderungswünsche. Der Bundesverband Gesundheits-IT bvitg spricht in seiner Stellungnahme zwar von einem erreichten Etappenziel, stört sich aber daran, dass nach dem Gesetzentwurf allein die Projektgesellschaft Gematik die App für das elektronische Rezept entwickeln soll. Das sei eine Marktverzerrung. Der Bundesverband der Apotheker wiederum möchte gemäß seiner Ausführungen, dass Patienten in der App für das e-Rezept die ihn versorgende Apotheke auswählen können und wünscht sich ein weitgehendes Makelverbot, damit Dritte die Wahl der Apotheke nicht beeinflussen können.

      Aufseiten der Krankenkassen hat der AOK-Bundesverband seine Änderungswünsche veröffentlicht. Er möchte, dass das e-Rezept auch in der Patientenakte und nicht nur in der App oder auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert wird. In die Akte sollen ferner Impfausweis, Mutterpass und Zahn-Bonusheft kommen. Die AOK begrüßt zwar den Datenschutz, wenn die ePA nur bei Eingabe des Arztschlüssels und Patientenpasswortes (PIN) geöffnet und dann vom Arzt befüllt wird, kritisiert aber die Honorierung dieser ärztlichen Leistung: "Es kann nicht sein, dass die Ärzte für jeden Klick in ihrer Praxis-Software extra bezahlt werden. Und mehr wird es für die automatisierten Prozesse zur Aktualisierung der Patientendaten künftig nicht brauchen", erklärte AOK-Vorstand Martin Litsch. Auch von der Gematik wünscht man sich etwas, einen "Software-Konnektor" als Alternative zu den VPN-Routern, die als Hardware den sicheren Anschluss an die telematische Infrastruktur des Gesundheitswesens herstellen.

      Unzufriedene Datenschützer
      Grundsätzliche Kritik am Gesetzentwurf kommt von den Datenschützern, in diesem Fall vertreten durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Stefan Brink. Er kritisiert, dass es nicht widerrufbar sein wird, Daten aus der Patientenakte zu Forschungszwecken freizugeben. Kritisiert wird auch, dass neben der Forschung die Daten zweckentfremdet zu "Steuerungsaufgaben" oder zur "Unterstützung politischer Entscheidungsprozesse" herangezogen werden können. Bedenklich sei ferner die den Krankenkassen erteilte Berechtigung "zusätzliche Daten" ihrer Versicherten zu verarbeiten. "Das bedeutet nichts anderes als einen Freifahrtschein für Krankenkassen, die begehrten Gesundheitsdaten ihrer Kunden z.B. aus Fitnesstrackern oder Wearables zu verarbeiten", so Datenschützer Brink. Er stört sich auch daran, dass die Projektgesellschaft Gematik von jeder datenschutzrechtlichen Haftung freigestellt wird.

      Quelle: Viel Kritik am geplanten Patientendaten-Schutzgesetz | heise online
    • E-Patientenakte nimmt weiter Form an: Kritiker befürchten Probleme mit dem Datenschutz

      Die E-Patientenakte wird von der Regierung weiter vorangetrieben. Nun stehen erste Pläne für zusätzliche Funktionen, die die digitale Akte bekommen soll. Doch diese bringen auch kritische Stimmen hervor. Im Video zeigen wir Ihnen, wie ein Start-Up Krankmeldungen revolutionieren will.

      Gerade gilt die volle Konzentration von Ärzten und Pflegekräften dem Kampf gegen das Coronavirus - doch die grundlegende Digitalisierung des Gesundheitswesens soll trotzdem vorankommen. Für das zentrale Vorhaben von Minister Jens Spahn (CDU) läuft auch schon ein Countdown: Ab 1. Januar 2021 soll für alle Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) als freiwilliges Angebot starten - so steht es bereits im Gesetz. Das Kabinett brachte am Mittwoch nun auch Regelungen zu konkreten Funktionen und zum Datenschutz auf den Weg. Dass die teils erst später greifen sollen, stößt auf Protest.

      Spahn sagte mit Blick auf die Corona-Krise: "Wir erleben gerade, wie digitale Angebote helfen, Patienten besser zu versorgen." Das Gesetz solle dafür sorgen, dass solche Angebote schnell im Alltag ankommen. Nach jahrelangem Gezerre um mehr Funktionen für die elektronische Gesundheitskarte will er bei der Digitalisierung Tempo machen. Denn schon der Aufbau einer geschützten Datenautobahn des Gesundheitswesens mit Auf- und Abfahrten zu Praxen und Kliniken kam lange nur mühsam voran.

      Wird die E-Patientenakte zu schnell vorangetrieben?
      Festschreiben soll das Gesetz jetzt einen Anspruch für Patienten, dass E-Akten auch mit Inhalten gefüllt werden - und schrittweise mit mehr und mehr Funktionen. So sollen neben Befunden, Arztbriefen und Röntgenbildern ab 2022 auch der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe Untersuchungsheft für Kinder und das Zahn-Bonusheft gespeichert werden können. Versicherte sollen bei einem Krankenkassenwechsel dann ihre digitalen Daten mitnehmen können. In Kraft treten soll das Gesetz voraussichtlich im Herbst, der Bundesrat muss nicht zustimmen.

      Beim Datenschutz gilt: Die Versicherten entscheiden, was in ihrer E-Akte gespeichert wird und was sie wieder löschen wollen. Und sie bestimmen, wer auf Daten zugreifen darf - allerdings trotz Kritik von Datenschützern noch nicht sofort zum Start in einer verfeinerten Variante. Erst ab 2022 ist die Möglichkeit vorgesehen, auch für jedes Dokument einzeln festzulegen, welcher Arzt es sehen kann. Dann soll es möglich sein, dass ein Mediziner zwar generell auf die ePA zugreifen darf, aber bestimmte Befunde nicht angezeigt bekommt.

      Die Opposition beklagte ein "Hau-Ruck-Verfahren". Dass Patienten im ersten Jahr nur entweder alle oder keine Daten freigeben könnten, sei skandalös, sagte Linke-Gesundheitsexperte Achim Kessler. "Weder muss ein Zahnarzt Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch haben, noch eine Orthopädin über eine Psychotherapie." Auch Spahns Koalitionspartner SPD signalisierte, im parlamentarischen Verfahren genau zu prüfen, ob der Datenschutz ausreichend gesichert ist. Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass Versicherte ab 2023 einwilligen können, in der ePA gespeicherte Daten freiwillig pseudonymisiert und verschlüsselt der medizinischen Forschung bereitzustellen.

      Patienten sollen geschützt werden
      Spahn betonte, jeder Versicherte bekomme die Möglichkeit, seine Daten in der E-Akte sicher zu speichern. "Dieses Gesetz nutzt und schützt Patienten gleichermaßen." Für den Schutz der verarbeiteten Daten soll demnach jeder Beteiligte vom Arzt über Kliniken bis zu Apotheken direkt verantwortlich sein. Betreiber innerhalb der Datenautobahn müssen Störungen und Sicherheitsmängel unverzüglich melden - bei Versäumnissen sollen bis zu 300 000 Euro Bußgeld drohen.

      Technisch sollen Patienten ihre E-Akte auf Smartphones oder Tablets einsehen können - wer keins hat, zum Beispiel auch in einer Filiale seiner Krankenkasse. Daneben geplant ist eine App, mit der man sich E-Rezepte aufs Smartphone laden und in Apotheken einlösen kann. Auch Überweisungen zum Facharzt sollen elektronisch übermittelbar werden. Um die Mediziner zum Mitziehen bei der E-Akte zu ermuntern, sollen Anreize kommen: Wenn Ärzte und Krankenhäuser sie erstmals mit Dokumenten füllen, bekommen sie zehn Euro als Vergütung. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, begrüßte, dass die Akte nun auf die Zielgerade komme. Für den Erfolg sei es wichtig, dass man Daten nicht manuell eingeben müsse, sondern von den Ärzten abrufen könne.

      Quelle: E-Patientenakte nimmt weiter Form an: Kritiker befürchten Probleme mit dem Datenschutz - CHIP
    • Datenschützer droht mit Stopp der elektronischen Patientenakte

      Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber kritisiert den Regierungsentwurf für ein Patientendaten-Schutzgesetz scharf.

      Vorigen Mittwoch brachte das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für ein Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) auf den Weg. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber unterstützt den damit geplanten Schritt zur Digitalisierung des Gesundheitswesens sowie die Zielsetzung, die Patientensouveränität zu stärken, ausdrücklich. Gerade mit Blick darauf beklagt er aber auch "gravierende" und "wesentliche datenschutzrechtliche Defizite" bei der Initiative.

      Start für 2021 geplant
      Nach dem Willen der Bundesregierung soll die aus einem früheren Gesetzesvorhaben zunächst ausgeklammerte elektronische Patientenakte (ePA) nun Anfang 2021 mit einem groben Zugriffsmanagement starten. Dabei könnten nur die Inhaber eines geeigneten Endgerätes wie eines Smartphones oder Tablets über die Benutzeroberfläche einer App etwa einzelne Dokumente wie etwa auch den Impfausweis, den Mutterpass oder das Zahn-Bonusheft freigeben. Die einzelnen Funktionen sollen aber erst von Anfang 2022 an zur Verfügung stehen.

      Noch schlechter sieht es mit der "Datensouveränität" bei Nutzern ohne eigenes Mobilgerät aus. Sie könnten von Januar 2021 an für ein Jahr lang nicht einmal die über sie in der ePA gespeicherten Daten einsehen. Erst von 2022 an sollen Krankenkassen verpflichtet werden, diesem Personenkreis in ihren Geschäftsstellen technische Einrichtungen für die ePA-Verwaltung zur Verfügung zu stellen.

      Kelber sieht diesen Ansatz im "Widerspruch zu zentralen datenschutzrechtlichen Vorgaben". "Als Aufsichtsbehörde obliegt es mir gegenüber den meiner Zuständigkeit unterfallenden Stellen" darauf zu achten, dass die Auflagen eingehalten würden, schreibt der Kontrolleur in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf. Er behalte es sich daher vor, – soweit erforderlich – "aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen", also etwa den Krankenkassen gegebenenfalls den Einsatz einer nicht datenschutzkonformen Online-Akte zu untersagen.

      Gematik in Doppelrolle
      Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versicherte bei der Präsentation des Kabinettsbeschlusses, dass die Nutzung der ePA freiwillig sei und der Patient "Herr über seine Daten wird". Für das ebenfalls vorgesehen E-Rezept solle es eine App geben, mit der sich dieses "direkt auf das Smartphone laden lässt". Der Patient könne es dann "in einer Apotheke seiner Wahl einlösen".

      Im Gegensatz zur ePA sehe die Regierung hier eine Pflichtanwendung vor, konstatiert Kelber: "Die Übermittlung ärztlicher Verordnungen soll elektronisch erfolgen." Bei dieser Anwendung finde "ein Paradigmenwechsel statt", da die Projektgesellschaft Gematik eine entsprechende App entwickeln und verfügbar machen solle. Dies habe zur Folge, dass die eigentlich über Spezifikationen und Sicherheitsanforderungen für Dritte wachende Institution "ihre eigenen Entwicklungen zu prüfen und zuzulassen hat". Insoweit bestehe zumindest die Gefahr einer potenziellen Befangenheit.

      "Ab 2023 haben Versicherte die Möglichkeit, die in der ePA abgelegten Daten im Rahmen einer Datenspende freiwillig der Forschung zur Verfügung zu stellen", hob Spahn zudem vorige Woche hervor. Auch die Umstände dieses Vorhabens findet Kelber bemängelnswert. Er begrüßt zwar, dass das Kabinett im Entwurf selbst auf den "irreführenden Begriff der Datenspende" verzichte. Auch das Konzept des umstrittenen Forschungsdatenzentrums könne er grundsätzlich mittragen. Die "datenschutzgerechte Umsetzung" bedürfe aber noch weiterer Anstrengungen.

      Die Regierung strich beispielsweise die Präzisierung "wissenschaftlich" vor dem Wort "Forschungszwecke" aus dem Referentenentwurf. Damit dürfte das Zentrum künftig wohl etwa auch Interessen von Pharmakonzernen verfolgen, wenn es die von Patienten freigegebenen, in pseudonymisierter Form weitergegebenen sensiblen Gesundheitsdaten entlang der Vorgaben nutzt.

      Zu viele mögliche Nutzungsszenarien
      Der Datenschutzbeauftragte empfindet es hier als besonders bedenklich, dass es "durch den Verweis auf das Verfahren bei der Datentransparenz viele verschiedene Berechtigte" wie Institutionen der Gesundheitsberichterstattung, Hochschulen, Interessensverbände, Gesundheitsministerin und nachgeordnete Behörden sowie "verschiedene zu berücksichtigende Zwecke" gebe. So könnten die Patienteninformationen etwa verwendet werden, um die Versorgungsqualität zu verbessern, Leistungsressourcen zu planen oder politische Entscheidungen vorzubereiten.

      Diese "weit gefächerten Möglichkeiten" ließen es fraglich erscheinen, "ob den Anforderungen an eine informierte Einwilligung" nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprochen werde. Ferner sei auch das vorgesehene Authentifizierungsverfahren für die Telematik-Infrastruktur (TI) noch nicht ausgereift und berge "weitergehende Risiken für die Versicherten". Sicherheitsexperten hatten Ende 2019 auf massive Lücken beim Schutz von Zugangskarten für die TI aufmerksam gemacht. Auf der technischen Seite soll es auch nicht gut aussehen. Der vorausgegangene PDSG-Referentenentwurf hatte bereits massive Kritik von vielen Seiten auf sich gezogen. Das Papier aus dem Kabinett geht nun an Bundesrat und Bundestag.

      Quelle: Datenschützer droht mit Stopp der elektronischen Patientenakte | heise online
    • E-Rezept kommt ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

      Die Einführung des E-Rezepts ist für 2022 geplant, allerdings ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Auf Seiten der Telematik-Infrastruktur kann mitgelesen werden.

      Obwohl der Deutsche Apotheker Verband (DAV) sich für eine durchgehende Verschlüsselung bei elektronischen Rezepten ausgesprochen hat, wird diese anscheinend nicht kommen. Andere Gesellschafter hätten sich laut eines Berichts gegen die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ausgeprochen. Dadurch werden die Rezeptinformationen auf den Servern der Telematik-Infrastruktur zu lesen seien.

      "Die technische Basis für eine Auswertung jeglicher Art bestehen – im Rahmen der Spezifikation der Gematik – bereits jetzt", heißt es beim Medical Tribune. So könne etwa das Verordnungsverhalten der Ärzte ausgewertet werden, wird Sören Friedrich von der Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände zitiert. Offen bleibt dabei, welche Formen und Zwecke der Auswertung gemeint sind.

      Kritik an E-Rezept sowie TI
      Krankenkassenrezepte (Muster 16) müssen ab 2022 elektronisch erfasst werden. Für Privatrezepte soll bis dahin ebenfalls alles in die Wege geleitet werden. In der Folge geht es dann um die Übertragung von Betäubungsmittel-Verordnungen, T-Rezepten mit speziellen Wirkstoffen und etwa Grünen Rezepte für frei verkäufliche Medikamente, die jedoch von einem Arzt empfohlen werden. Ärzte signieren das in einem Verwaltungssystem erstellte Rezept und leiten es an den "Fachdienst E-Rezept" in der Telematik-Infrastruktur (TI) weiter.

      Patienten bekommen dann in einer entsprechenden App den passenden QR-Code. Wahlweise können Ärzte diesen auch ausdrucken. Innerhalb der App lässt sich das Rezept an eine Wunschapotheke übermitteln, die wiederum über die Verfügbarkeit informieren kann. Kritiker sehen darin vor allem einen Vorteil für online-Apotheken. Und auch Amazon plant, in den Medikamentenmarkt einzusteigen.

      Für die Telematik-Infrastruktur ist die Gematik zuständig. Sie wird bereits genutzt, um Stammdaten von patienten mit den Krankenkassen abzugleichen. Allerdings hat es zuletzt eine Pannenserie gegeben, die sogar dazu führte, dass die TI abgeschaltet werden musste. Die Konnektoren konnten keine sicheren Verbindungen zu den Servern herstellen.

      Quelle: E-Rezept kommt ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung | heise online
    • Bundesdatenschützer: Offene Warnung zur elektronischen Patientenakte

      Ulrich Kelber hat eine offene Warnung an die gesetzlichen Krankenkassen verschickt, dass Version 1.1. der elektronischen Patientenakte nicht DSGVO-konform ist.

      Nach einer Stellungnahme zum Patientendaten-Schutzgesetz im September, in der der Bundesdatenschutzbeauftragte Bedenken zur elektronischen Patientenakte (ePA) geäußert hat, hat er nun ein Schreiben mit einer offenen Warnung zur geplanten Einführung der ePA verschickt. Diese soll ab dem 1. Januar 2021 den 44 Millionen gesetzlich Versicherten von ihren Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden.

      In seiner Warnung weist der Bundesdatenschützer darauf hin, dass die Versicherten die volle Hoheit über ihre Daten haben müssen. Unter anderem sollen sie zum Start der ePA eigentlich Daten verbergen und an Terminals einsehen können. Das ist jedoch erst mit der ePA 2.0 möglich, die zum Januar 2022 kommen soll.

      Zwischen Bundesdatenschützer und Gesundheitsministerium
      Wie die Medical Tribune berichtet, diskutieren die gesetzlichen Krankenkassen mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten und dem Bundesamt für soziale Sicherung als Aufsichtsbehörde das Problem. Führen sie die ePA 1.1 nicht zum 1. Januar ein, drohen ihnen Sanktionen durch das Bundesgesundheitsministerium. Es kann Strafzahlungen verhängen, wenn die von der Projektgesellschaft Gematik spezifizierte ePA 1.1 nicht eingeführt wird.

      Selbst die enthusiastischen Verfechter der ePA-Einführung wissen um das Datenschutz-Problem. So heißt es auf ePA-Fakten.de klipp und klar: "Potentiell stigmatisierende Dokumente gehören noch nicht in die ePA." Als Beispiel werden dort Informationen über Schwangerschaftsabbrüche und psychologische Gutachten genannt. Diese sollten erst dann in einer ePA gespeichert werden, wenn der Versicherte die Möglichkeit hat, sie vor einem Arztbesuch zu verbergen.

      "Diese Dokumente sollten erst in der ePA gespeichert werden, wenn die feingranularen Berechtigungsmöglichkeiten in einer nächsten Version der ePA folgen. Bis dahin kann die ePA für alle "normal vertraulichen" medizinischen Informationen verwendet werden. Ärzte und Versicherte müssen entsprechend sensibilisiert werden und sollten entsprechend handeln", so die ePA-Information.

      Klärung möglicherweise erst vor Gericht
      Aus Sicht der Datenschützer ist das freilich ungenügend und ein klarer Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung DSGVO. Die offizielle Warnung ist eine Ankündigung dieser Position. Im nächsten Schritt ist eine Anweisung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz an die Krankenkassen denkbar, die ePA 1.1 nicht einzuführen. Die Kassen hätten dann die Möglichkeit, gegen diese Anweisung vor Gericht zu ziehen.

      In Deutschland arbeiten derzeit fünf Firmen beziehungsweise Konsortien an elektronischen Patientenakten-Systemen, die die Kassenkassen wiederum ihren Versicherten kostenfrei zur Verfügung stellen müssen. Dies sind IBM, X-tention/ICW, Cisco/Team Spirit, Rise und Compugroup Medical. Neben dem Datenschutz-Problem hat die ePA 1.1. daher noch ein anderes Manko aufzuweisen: Wer die Krankenkasse wechselt und damit womöglich den technischen Anbieter der ePA, kann seine Akte nicht mitnehmen. Das wird erst mit der ePA 2.0 möglich sein.

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    • Elektronische Patientenakte: Datenschutz durch Überwachung?

      Die Debatte um die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) in Deutschland und den sie begleitenden Datenschutz geht weiter.

      Während einer Diskussionsrunde zur Patientenakte auf der virtuellen Medizinmesse Medica sprach Thomas Ballast, stellvertretender Vorsitzender der Techniker Krankenkasse, von einer "unglücklichen Kontroverse" mit dem Bundesdatenschützer Ulrich Kelber.

      Datenhoheit
      Nach Ansicht von Kelber muss die zum 1. Januar 2021 antretende elektronische Patientenakte (ePA 1.1) der gesetzlichen Krankenkassen über eine Funktion verfügen, bestimmte Behandlungsdaten und Befunde in der Akte vor einem Arztbesuch zu verbergen. Wenn diese "feingranulare" Akteneinsicht bzw. -Sperre nicht funktioniere, habe der Versicherte nicht die volle Datenhoheit über seine medizinischen Daten. Kelber hatte bereits eine "Offene Warnung" an die Krankenkassen verschickt.

      Die Möglichkeit zum Verbergen von Daten kommt nach den Plänen der Projektgesellschaft Gematik mit der ePA 2.0, die allerdings erst ab 2022 angeboten werden soll. In der Diskussion auf der virtuellen Medica wies Gematik-Geschäftsführer Markus Leyk Dieken als Arzt auf einen verwandten Aspekt zum Verbergen der Daten hin: "Ärzte, die sich Befunde auf der #ePA ansehen, die sie nichts angehen, gefährden ihre Approbation."

      Zugriffsprotokoll
      Er verwies auf die umfangreichen Protokollfunktionen der Patientenakte, die festhalten, wer wann auf welche Daten und Befunde eines Versicherten zugegriffen hat. Das Zugriffsprotokoll würde in dieser Lesart den Versicherten eine Art Datenschutz bringen, weil Ärzte wissen müssen, dass ihr Umgang mit der Akte geprüft werden kann. Ob dies den Bundesdatenschutzbeauftragten überzeugen kann, seine Vorbehalte gegen die Einführung der Patientenakte aufzugeben, ist nicht bekannt.

      Markus Leyk Dieken zeigte sich überzeugt davon, dass alle 105 gesetzlichen deutschen Krankenkassen ihren 44 Millionen Versicherten eine kostenlose Patientenakte anbieten können und die rund 300 Software-Systeme, mit denen Ärzte, Zahnärzte, Apotheken und Krankenhäuser die Daten der ePA auslesen können.

      Thomas Ballast verwies auf die guten Erfahrungen, die seine Kasse mit der Akte TK-Safe gemacht hat. Das von IBM entwickelte System wird von der Kasse als "Gesundheitsakte" angeboten und nach Angaben von Ballast von 300.000 Versicherten genutzt. Täglich kämen "Hunderte" hinzu. Mit der generellen Einführung der elektronischen Patientenakte sieht Ballast einen gesunden Wettbewerb unter den gesetzlichen Krankenkassen kommen, "ähnlich wie mit den Apps im Bankenwesen".

      Quelle: Elektronische Patientenakte: Datenschutz durch Überwachung? | heise online
    • Elektronische Patientenakte startet 2021 – zunächst mit Testphase

      Daten für den nächsten Praxisbesuch sollen Patienten bald auch digital parat haben können. Zum neuen Jahr kommt die E-Akte – am Anfang noch mit Einschränkungen.

      Die allen Versicherten ab 1. Januar 2021 freiwillig zustehende elektronische Patientenakte (ePA) soll zunächst mit einer Testphase starten. Als bislang größtes IT-Projekt im deutschen Gesundheitswesen mit der Vernetzung von 200.000 Leistungserbringern und potenziell 73 Millionen Versicherten sei die Einführung "ein herausfordernder Gesamtprozess für alle Beteiligten", antwortete das Bundesgesundheitsministerium auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Daher sei ein Stufenprozess vorgesehen.

      E-Akten der Krankenkassen sollen Versicherten zum 1. Januar 2021 zum Download zur Verfügung stehen, wie das Ministerium erläuterte. Dies sei die Grundlage, um persönliche Gesundheitsinformationen einstellen und verwalten zu können. Zugleich solle damit eine "umfangreiche Test- und Einführungsphase mit ausgewählten Arztpraxen und Krankenhäusern" beginnen. Ziel sei, dass sich schon währenddessen mehr Einrichtungen beteiligen. Nach der Testphase und einer finalen Zulassung solle dann die flächendeckende Vernetzung beginnen. Wie gesetzlich festgelegt, müssten Praxen dafür bis zum 1. Juli 2021 über die für den Zugriff auf die ePA nötigen Komponenten und Dienste verfügen.

      "ePA nicht mehr als eine persönliche Cloud"
      Nach jahrelangem Gezerre soll die E-Akte nach Plänen von Minister Jens Spahn (CDU) die Digitalisierung deutlich voranbringen. Sie soll – als freiwilliges Angebot – als App zu haben sein und schrittweise mehr Funktionen bekommen. Neben Arztbefunden und Röntgenbildern sollen ab 2022 der Impfausweis, der Mutterpass, das Untersuchungsheft für Kinder und das Zahn-Bonusheft digital abrufbar sein. Die Patienten entscheiden, was gespeichert wird. Sie bestimmen auch, wer auf die ePA zugreifen darf – im ersten Jahr allerdings noch nicht in verfeinerter Form. Erst ab 1. Januar 2022 soll für jedes Dokument einzeln festzulegen sein, welcher Arzt es sehen kann.

      Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die E-Akte nicht gleich perfekt sein würde, sei lange bekannt. Aber dass wesentliche Funktionen nicht schon zum Start verfügbar seien, sei "schon ein starkes Stück". Ohne baldige technische Updates für Praxen gebe es für Ärzte keine Möglichkeit, Daten einzustellen. "Damit bleibt der Mehrwert der Akte zu Beginn doch recht überschaubar, für Versicherte wird die ePA monatelang nicht mehr sein als eine persönliche Cloud."

      Potenzial für echten Mehrwert
      Zusätzlich drohe durch Streit beim Datenschutz große Verunsicherung, warnte Klein-Schmeink. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber beanstandet die "abgespeckten" Zugriffsmöglichkeiten zum Start und hat Warnungen und Anweisungen an 65 Krankenkassen mit insgesamt 44,5 Millionen Versicherten angekündigt, über die er die Aufsicht hat. Das Gesundheitsministerium weist die Bedenken zurück.

      Klein-Schmeink sagte, es sei klar, dass bei einem umfangreichen Digitalprojekt nicht alles nach Plan laufen könne. "Darüber sollte aber transparent und ehrlich gesprochen werden, um keine falsche Erwartungshaltung aufzubauen. Ansonsten steht zu befürchten, dass Versicherte die ePA ausprobieren, keinen Nutzen für sich erkennen und die Akte dann links liegen lassen." Dabei habe sie das Potenzial, einen echten Mehrwert für Patientinnen und Patienten zu bringen.

      Quelle: Elektronische Patientenakte startet 2021 – zunächst mit Testphase | heise online