Teslas müssen draußen bleiben - und nicht nur die: Elektro- und Plug-In-Hybridautos dürfen künftig nicht mehr in einer Tiefgarage in Kulmbach in Oberfranken parken. Das entschied die Stadt in Absprache mit der Feuerwehr für die Tiefgarage unter dem Eku-Platz, wie das Portal InFranken.de zuerst berichtete. Hintergrund ist, dass es vor einigen Monaten zu einem Brand in der Tiefgarage kam. Zwar brannte damals ein Benzinfahrzeug und kein Elektroauto.
Allerdings wäre es im Fall eines brennenden Elektroautos nicht möglich, den Brand zeitnah zu löschen. Eine gewisse Zeit halte ein Stahlboden zwar Hitze aus, doch wenn zuviel Hitze einwirkt, platzt der Beton und das Eisen würde schmelzen. Dann bestünde Einsturzgefahr. So jedenfalls die Begründung der Stadt für den ungewöhnlichen Schritt. Bislang gab es solche Verbote in Deutschland nur vereinzelt für Fahrzeuge mit Gasantrieb, also Erd- oder Autogas-Autos.
Stadt ist wegen Bränden in Sorge
Die Tiefgarage war rund fünf Monate gesperrt. Die Kosten für die Sanierung beliefen sich auf knapp 200.000 Euro. Auf Nachfrage von FOCUS Online gab die Stadt an, dass "die Sicherheit einfach im Vordergrund stehe". Ebenso werde gerade diskutiert, dieses Verbot auch auf andere Parkhäuser der Stadt auszuweiten. Hierzu müsse mit der Feuerwehr besprochen werden, ob es im Falle eines Brands technisch möglich sei, das Fahrzeug mit schwerem Gerät aus dem Parkhaus zu holen. Eventuell könnte es sein, dass E- und Hybridfahrzeuge dann beispielsweise nur im Erdgeschoss des Parkhauses parken dürften.
Das Thema hat offenbar schon weitere Kreise gezogen. Laut Aussage der Stadt Kulmbach überlegen noch andere Städte, derartige Verbote auszusprechen. FOCUS Online sind bislang allerdings noch keine weiteren Städte mit ähnlichen Verboten bekannt.
Die Stadt Kulmbach sei sich zwar bewusst, dass sich Fahrerinnen und Fahrer von elektrischen Autos möglicherweise benachteiligt fühlen könnten, hieß es auf Nachfrage. Allerdings müsse die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund stehen. Mehr präventative Aufklärungsarbeit seitens der Fahrzeughersteller bezüglich dieser Brandgefahren wäre wünschenswert, so ein Sprecher der Stadt.
Brennen E-Autos häufiger?
Experten streiten darüber, wie groß das Brandrisiko bei den Stromern eigentlich ist. Unter anderem Tesla behauptet immer wieder, ihre Autos würden viel seltener brennen als Benzinfahrzeuge. Einige Untersuchungen bestätigen das. Versicherungs-Experten der Allianz allerdings weisen darauf hin, dass das Brandrisiko immer mit dem Alter korreliere und daher bei den noch jungen Elektroautos keine aussagekräftigen Daten vorliegen würden. Daher gehen sie davon aus, dass sich das Risiko im Lauf der Zeit dem von Hybriden und Benzin- oder Dieselautos angleichen wird.
Die Kinderkrankheiten von Stromer und Hybriden
Angesichts des zwar stark wachsenden, aber immer noch überschaubaren Anteils von Elektro- und Hybridautos auf deutschen Straßen deutet allerdings die Fülle der Rückrufe innerhalb kurzer Zeit auf Kinderkrankheiten der Technologie hin. Gegenüber FOCUS Online sagte eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums: "Seit Beginn 2018 gab es im Zuständigkeitsbereich des KBA 20 Rückrufaktionen, die im Zusammenhang mit dem Hochvoltakku, bzw. dem Hochvoltsystem (Kabel, Ladeelektronik etc.) stehen." Nicht immer, aber oft geht es dabei buchstäblich um brandgefährliche Defekte. Einige Beispiele von Rückrufen oder Zwischenfällen der vergangenen Monate:
- VW: Neben Rückrufen beim VW E-Up, von denen allerdings nur wenige Fahrzeuge betroffen waren, machte der nagelneue Plug-In-Hybrid des Golf 8 erst vor wenigen Tagen Schlagzeilen. Während der Fahrt geriet in einem Ort in Hessen offenbar der Akku in Brand. Die Regionalzeitung HNA berichtet: "Der Golf stand innerhalb weniger Sekunden in Flammen. Die beiden Insassen konnten sich gerade noch ins Freie retten. Anwohner, die durch den Knall der Explosion auf den Fahrzeugbrand aufmerksam geworden waren, alarmierten sofort die Feuerwehr." Der Wagen habe erst 300 Kilometer auf dem Tacho gehabt.
- Ford: gleich mehrmals wurden für den Ford Kuga in diesem Jahr Rückrufe ausgesprochen. Davon betroffen: knapp 33.000 Fahrzeuge weltweit. Ford musste schließlich einen Verkaufsstopp für das Auto verhängen. Ursache: Brandgefahr beim Aufladen.
- General Motors: Mitte November wurden weltweit 66.000 Fahrzeuge vom Typ Chevrolet Bolt zurückgerufen und vor dem Aufladen gewarnt. Auch das deutsche Schwestermodell Opel Ampera-e ist betroffen. Ursache des Rückrufs: Brandgfahr.
- Audi: Beim Modell "E-tron" kam es schon im Jahr 2019 zu Rückrufen, kurz nach der Auslieferung des Autos. Auslöser ist eine möglicherweise fehlerhafte Dichtung, durch die Feuchtigkeit in das Batteriesystem gelangen könnte - Kurzschluss- und Brandgefahr auch hier. Vor einigen Monaten verbrannte eine junge Frau in einem Elektro-Audi nach einem Unfall, allerdings ist noch unklar, was genau dabei die Brandursache war; mit dem Rückruf dürfte es nichts zu tun haben.
- BMW: Wegen technischer Probleme mussten die Münchner tausende Plug-In-Hybride zurückrufen. Ursache: Brandgefahr.
- Tesla: Die Amerikaner haben im vergangenen Jahr nach mehreren tödlichen Brand-Unfällen und einzelnen Fällen von Selbstentzündungen der Akkus bei parkenden Autos die Software des Model S angepasst. Das hatte auch Einfluss auf Leistung und Reichweite. Einen Austausch der Batterien selbst hält Tesla nicht für nötig.
- Streetscooter: Die Post hat nach Recherchen von FOCUS Online diverse Probleme mit der Technik des E-Transporters, die ebenfalls zu Rückrufen führten.
Experten sind sich uneins über das Brandrisiko
Batterie- und Unfallexperten halten moderne Stromer mit Lithium-Ionen-Akkus grundsätzlich für sicher. So sieht auch die AXA-Versicherung beim Thema Feuergefahr kein größeres Risiko. Falls es aber doch zum Brand kommt, laufe dieser dramatischer ab. "E-Autos brennen zwar nicht häufiger als andere Fahrzeuge, doch wenn sich eine Batterie entzündet, brennt sie sehr schnell und kann kaum mehr gelöscht werden", sagt Unfallforscherin Bettina Zahnd. In solch einem Fall gehe es nur noch darum, die Insassen möglichst schnell aus dem Auto zu befreien und in sichere Distanz zu bringen, um sie vor Verbrennungen und giftigen Dämpfen zu schützen.
"Thermal Runaway": befürchtete Unfallfolge
Eine befürchtete Unfallfolge bei Elektroautos ist der sogenannte "Thermal Runaway": Ein elektrischer Kurzschluss in einem Lithium-Ionen-Akku durch Defekt oder mechanische Beschädigung kann einen Brand auslösen. Die Gefahr ist nicht die einzelne Zelle, sondern eine Kettenreaktion, bei der sich der flüssige Elektrolyt entzündet und sich das Feuer rasant auf andere Zellen ausbreitet. Batterie-Experten bezeichnen das als "thermisches Durchgehen" oder eben Thermal Runaway.
Für die Feuerwehr sind Brände von Elektrofahrzeugen in jedem Fall extrem schwer zu löschen. Es werden enorme Mengen Wasser benötigt. Und das nicht nur für den Erstangriff. Nach dem Ersticken der Flammen können selbst Stunden nach dem Unfall immer wieder Brände aufflackern. Wahrscheinlich hilft den Rettungskräften nur eine Radikallösung, wie sie in den Niederlanden demonstriert wurde: Nach einem Crash oder anderen Zwischenfällen werden die Stromer in geschlossene Container mit Wasser getaucht.
Tunnelbrände: Die Sorge vor chemischen Gefahren
Bei technischen Defekten - die nicht immer im Akku liegen müssen, sondern auch in simplen Kurzschlüssen oder Problemen mit der Stromleitung im Haus - bereiten vor allem geschlossene Räume wie Tiefgaragen oder Tunnel Probleme, die man so von Benzinern bisher nicht kannte.
Eine Studie des Schweizer Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, die FOCUS Online vorliegt und im Sommer 2018 erschien, beschreibt die möglichen Risiken: "Wegen der reaktiven und teils hochgiftigen Materialen bestehen bei Batteriebränden in abgeschlossenen Räumen oder unterirdischen Infrastrukturen vor allem chemische Gefahren. Die freigesetzten Schadstoffe können sich aufgrund von eingeschränkten Belüftungsmöglichkeiten in der Luft konzentrieren und überschreiten für Menschen kritische Schwellenwerte schneller als im Freien, wo die Rauchgase eher verdünnt werden. Die in solchen Räumen oftmals nicht optimalen Flucht- oder Rettungsmöglichkeiten erschweren die Situation zusätzlich und tragen zur besonderen Gefährdung bei", heißt es in der Studie.
Auch die Schweizer Brand-Experten betonen, dass es bei Elektroautos grundsätzlich nach bisherigen Erkenntnissen kein erhöhtes Brandrisiko im Vergleich zu anderen Antriebsarten gebe. Der Vorschlag: Um Brände etwa in Tunneln oder Garagen zu verhindern, könnten Löschanlagen installiert werden; außerdem Messgeräte, die schon vor der Entstehung eines Brandes austretende Gase oder Gasgemisch erkennen und die Löschsysteme aktivieren.
Quelle: Erste Stadt verbietet E-Autos die Zufahrt in Parkhäuser - CHIP